TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Vormittagssitzung

Dr. Montgomery, Referent:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen herzlichen Dank dafür, dass Sie hier zusammengekommen sind, um einmal über das schwierige Thema dieses Tagesordnungspunkts zu diskutieren. Der vorige Deutsche Ärztetag hatte beschlossen, sich im Rahmen eines eigenen Tagesordnungspunkts mit dem Thema der Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte zu beschäftigen. Bei der Organisation im Zusammenhang mit diesem Tagesordnungspunkt ging es uns darum, Ihnen nicht viele, viele Beispiele von erschreckenden Erfahrungen vorzutragen, sondern zum Schluss ein paar Signale auszusenden, wie wir die schwierige Situation vor allem der jungen Ärztinnen und Ärzte verbessern können. Wir wollen uns heute nicht in die Jammerecke begeben, sondern gemeinsam mit Ihnen Wege aufzeigen, wie man aus dieser Problematik herauskommen kann.

Wir haben zwei Gastreferenten eingeladen. Die erste Gastreferentin ist Frau Claudia Röhl, Wissenschaftliche Assistentin an der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Wir sind auf Frau Röhl nach einem Artikel im "Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatt" aufmerksam geworden, der von ihrem damaligen Chef mit den folgenden Sätzen eingeleitet wurde:

Für mich ist die Vorstellung unerträglich, dass überall in unseren Krankenhäusern Ärzte im Praktikum mit großem Eifer und großer Begeisterung ihre Arbeit leisten, sich aufgrund der anfallenden Arbeit dazu gezwungen sehen, Überstunden zu machen, und dann um die rechtmäßig zustehende Entschädigung für diese übermäßige Leistung in Form von Freizeit und zusätzlichen Geldbeträgen betrogen werden. Dieser Betrug wäre vielleicht noch zu verkraften, wenn die älteren Kollegen sich zu diesem Betrug bekennen und sich vor die junge Ärzteschaft stellen würden. Dies ist leider nicht der Fall, sondern der Betrug wird sogar noch verschlimmert durch die Tatsache, dass sich die ältere Kollegenschar, die besoldungsmäßig im festen Sattel sitzt oder sogar noch private Zuwendungen abschöpft, bemüßigt fühlt, die Ärzte im Praktikum mit der ärztlichen Ethik zu bemühen oder sie durch persönliche Angriffe sogar in ihrem Selbstverständnis, das sich gerade mühsam auszubilden versucht, zu erschüttern.

(Beifall)

Dieses Zitat war Anlass für uns, uns mit Frau Röhl darüber zu unterhalten, wie wir erfahrenen, älteren Kollegen in gefestigten Positionen gemeinsam mit den jungen Kolleginnen und Kollegen eine Plattform bilden können, um das Problem zu lösen.

Damit bin ich bei unserem zweiten Gastreferenten, Herrn Dr. Wolfhart Priesack, Oberarzt der Chirurgischen Klinik des Städtischen Krankenhauses Kiel. Ich sage ganz ehrlich: Er ist nicht gerade der junge Arzt, den wir in der Einladung zur Bearbeitung dieses Tagesordnungspunkts aufgeführt haben, aber er ist einer von denen, die in ihrem Krankenhaus eine solche Plattform organisiert haben, die sich vor ihre Kolleginnen und Kollegen gestellt haben. Sie haben es geschafft - Sie haben in den letzten Tagen darüber in den Medien etwas erfahren -, gemeinsame Veranstaltungen zu organisieren, sich zu solidarisieren und damit, wie ich glaube, erheblich Pluspunkte gegenüber den Arbeitgebern und den uns drangsalierenden Momenten zu erzielen.

Ich freue mich auf die Behandlung dieses Tagesordnungspunkts. Vor allem freue ich mich darüber, dass wir auch Nichtdelegierten des Deutschen Ärztetages, jungen Ärztinnen und Ärzten, die betroffen sind, die Chance geben, sich und ihre Schwierigkeiten darzustellen.

Ich bitte den Präsidenten, jetzt Frau Dr. Röhl das Wort zu erteilen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Montgomery. Zuvor aber möchte ich Herrn Jachertz und seiner ganzen Mannschaft vom Deutschen Ärzte-Verlag für die schnelle Herstellung des Hefts 21 des "Deutschen Ärzteblatts", das auf Ihren Plätzen liegt, danken.

(Beifall)

Frau Röhl, bitte.

© 2001, Bundesärztekammer.