TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir setzen unsere Beratungen fort. Wir befinden uns in der Diskussion zu Tagesordnungspunkt II. Am Vormittag haben wir bereits zwei Wortmeldungen dazu abgehandelt. Die dritte Wortmeldung kommt von Herrn Professor Adam aus Bayern. Bitte schön, Herr Adam.

Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. mult. Adam, Bayern:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diesen Tagesordnungspunkt, den wir jetzt diskutieren, kann man nur begrüßen. Man muss dem Vorstand der Bundesärztekammer dankbar dafür sein, dass er ihn zu einem Topic gemacht hat. Man fragt sich natürlich, warum das erst jetzt geschieht. Eigentlich hätte dieser Tagesordnungspunkt schon vor zehn Jahren zur Diskussion gestellt werden müssen; denn die Misere kennen wir seit langem.

(Beifall)

Dennoch: Es ist nicht zu spät. Wir müssen jetzt handeln. Deshalb bitte ich Sie, den Antrag II-8 zur Hand zu nehmen. Sie ersehen daraus, dass die Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte dem Wucherparagraphen des Strafgesetzbuchs entspricht. Der Antrag lautet:

Der Deutsche Ärztetag fordert die Staatsanwaltschaften auf, gemäß § 291 des Strafgesetzbuches (sog. "Wucherparagraph") bei offensichtlicher Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte in den Kliniken gegen die Krankenhausträger bzw. Arbeitgeber vorzugehen.

Wenn heutzutage ein Bauer polnische Arbeiter für das Spargelstechen unterbezahlt, sind diese ausgebeutet, dann wird gegen diesen Bauern vorgegangen. Natürlich sind Ärzte etwas anderes, aber das Prinzip ist dasselbe: Der Arbeitgeber darf nicht ausbeuten. In einem Strafverfahren hat der Bundesgerichtshof 1997 entschieden, dass die Beschäftigung eines Arbeitnehmers zu unangemessen niedrigem Lohn Wucher sein kann.

Nach § 291 des Strafgesetzbuchs wird, wer die Zwangslage oder die Unerfahrenheit eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem Dritten für seine sonstigen Leistungen Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Stimmen Sie diesem Antrag bitte zu. Wir wollen einmal sehen, was passiert, ob die Krankenhausträger und die anderen Arbeitgeber genauso verfolgt werden wie beispielsweise die Kassenärzte, die falsch abgerechnet haben! Das hat Herr Montgomery bereits angesprochen. Das, was in den Krankenhäusern geschieht, ist doch auch nichts anderes als Betrug!

(Beifall)

Insofern bin ich der Meinung: Es ist höchste Zeit, dass wir handeln. Alle Anträge, die vorgelegt wurden, sind zustimmungsfähig. Wir müssen ihnen mit großer Mehrheit zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Adam. - Als nächster Redner Herr Bicker, Nordrhein.

© 2001, Bundesärztekammer.