TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Nachmittagssitzung

Bicker, Nordrhein:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich Herrn Professor Hoppe dafür danken, dass er sich gestern im Rahmen seines Eröffnungsreferats so deutlich zu den permanenten Rechtsverstößen in den deutschen Krankenhäusern geäußert hat.

(Beifall)

Erlauben Sie mir im Anschluss an die Ausführungen von Herrn Professor Adam eine kurze Bemerkung. Man liest immer wieder einmal etwas von Razzien der staatlichen Behörden auf Baustellen gegen Schwarzarbeiter, gegen Sozialdumping, gegen Lohndumping. Von Razzien in den Krankenhäusern habe ich leider Gottes noch nichts gehört. Aber vielleicht verändert der Ärztetag in dieser Richtung etwas.

(Beifall)

Ich möchte ein bisschen auf die Historie des Arbeitszeitgesetzes eingehen. Hier sind einigen offensichtlich die Fakten nicht so ganz gut bekannt. Es gibt nicht nur die europäische Richtlinie, welche die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, sondern es gibt auch gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse hinsichtlich der Ermüdung, der Pausenzeiten usw.

Ich kann nur noch einmal betonen: Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt acht Stunden; sie darf maximal auf zehn Stunden ausgedehnt werden. Das Maximum pro Woche beträgt 48 Stunden. Das beruht auf arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen. Wir erleben immer wieder Chefärzte, die das nicht wahrnehmen. Ich kann ja verstehen, dass sie sich nicht mit Arbeitswissenschaften beschäftigen, sondern mehr mit der wissenschaftlichen Literatur ihres eigenen Faches.

Ich habe allerdings kein Verständnis dafür, dass gesetzliche Bestimmungen nicht berücksichtigt werden. Ich frage mich, woher dies kommt. Wir wissen: Nach 24 Stunden Arbeit hat man ähnliche Ausfälle oder Verhaltensmuster wie bei einem Alkoholgehalt im Blut von 1 Promille.

Ich frage mich, ob diese Nichtwahrnehmung an der Arbeitsüberlastung dieser Kollegen liegt, dass sie eben nicht nur eine selektive Wahrnehmung haben, sondern dass es aufgrund des Tunnelblicks, den man auch bei einem höheren Alkoholkonsum hat, dazu kommt, dass sie die Realität nicht wahrnehmen wollen oder nicht wahrnehmen können. Ich glaube, diesen Kolleginnen und Kollegen muss man von hier aus einmal helfen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank, Herr Bicker. - Jetzt hat Frau Dr. Wahl das Wort, die Vizepräsidentin der Landesärztekammer Baden-Württemberg.

© 2001, Bundesärztekammer.