TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Nachmittagssitzung

PD Dr. Benninger, Baden-Württemberg:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eindrucksvolle Beispiele für die Situation in den Krankenhäusern gehört. Wir haben gehört, wie dort gearbeitet werden muss und was man dagegen im Einzelfall zu tun versucht, bis hin zu den eindrucksvollen Beispielen an Zivilcourage und Appellen an die Solidarität. Wir sollten überlegen, welche weiteren Möglichkeiten es gibt. Ich denke, eine Möglichkeit, die noch nicht ausreichend ausgeschöpft ist, ist - das ist im Antrag II-4 kurz erwähnt - der Appell an die Aufsichtsämter. Hiermit sind prinzipiell die Gewerbeaufsichtsämter gemeint. Es ist jedem unbenommen, beim Gewerbeaufsichtsamt eine Anzeige - auch anonym - zu erstatten, weil die Bedingungen, die beispielsweise das Arbeitszeitgesetz vorschreibt, nicht eingehalten werden. Die Gewerbeaufsichtsämter sind prinzipiell verpflichtet, dem nachzugehen. Allerdings sind sie häufig personell nicht ausreichend ausgestattet. Deshalb geht man eher zögerlich bis schleppend vor.

Wir haben Beispiele dafür, dass es dabei nicht nur um formale Überprüfungen beispielsweise auf der Grundlage von Dienstplänen geht, sondern dass Überprüfungen an Ort und Stelle durchgeführt werden. Die Gewerbeaufsichtsämter müssen Mitarbeiter in die Kliniken schicken. Diese werden feststellen, welche Missstände dort herrschen.

In Heidelberg beispielsweise sind zwei Kliniken abgemahnt worden; man hat ihnen eine Strafe in Höhe von 20 000 DM angedroht. Das hat Wirkung gezeigt. Wir sollten also alle legalen Möglichkeiten voll ausschöpfen.

Ich kann Ihnen nur raten: Wenden Sie sich an die Gewerbeaufsichtsämter. Wir werden einen Antrag vorbereiten, in dem gefordert wird, dass die Gewerbeaufsichtsämter personell entsprechend ausgestattet werden.

Was passiert eigentlich, wenn es nach Überschreitung der regulären Arbeitszeit oder auch innerhalb der durch das Arbeitszeitgesetz gedeckten Arbeitszeit zu einem haftungsrechtlich relevanten Fall kommt? Hier sind die Kollegen sozusagen doppelt betroffen: nicht nur, dass sie die Arbeitszeit nicht vergütet bekommen, sondern sie können auch noch haftungsrechtlich in Anspruch genommen werden. Hier besteht die Möglichkeit der doppelten Bestrafung. Darauf möchte ich hingewiesen haben.

Ein letzter Punkt: Wir haben die Möglichkeit, auf der Basis von Qualitätsmerkmalen die Krankenhäuser daraufhin zu untersuchen, ob die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen möglich ist, ob genügend Stellen vorhanden sind, wie die Vertragssituation aussieht. Warum nehmen wir das nicht in den Kriterienkatalog hinsichtlich der Qualität von gut geführten Krankenhäusern auf?

Danke.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank, Herr Benninger. - Jetzt kommt unser erster Gast zu Wort, Herr Dr. Schaps. Bitte schön, Herr Kollege.

© 2001, Bundesärztekammer.