TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Nachmittagssitzung

Schubert (als geladener Gast):

Ich bin sehr erfreut darüber, dass ich heute hier sprechen darf. Auch ich komme vom Arbeitskreis "Junge Ärztinnen und Ärzte" der Ärztekammer Berlin. Auch ich spreche zum Antrag II-20, wobei anzumerken ist, dass in diesem Antrag ein Satz gestrichen werden soll, wonach der AiP auf juristischem Wege abgeschafft werden soll. Es wurde uns von höherer Stelle gesagt, dass dies gar nicht möglich ist. Vielleicht kann die Rechtsabteilung Auskunft darüber geben, ob es vielleicht doch möglich ist.

Wir lernen: Vor der Therapie kommt die Diagnose. Ich bin sehr dankbar dafür, dass hier die Diagnose so einhellig gestellt wird und so homogen ist. Die Arbeitszeiten sind katastrophal. Auch die Bezahlung ist für junge AiPler katastrophal. Die Weiterbildung, wie sie momentan durchgeführt wird, ist ebenfalls katastrophal.

Die Diagnose ist also klar. Nun müssen wir uns um die Therapie kümmern. Ich möchte mich jetzt direkt an die Kollegen von der Presse wenden, damit das nicht verpufft, sondern darüber berichtet wird, unter welchen Bedingungen die jungen Ärzte arbeiten. Niemand glaubt uns, wenn wir unseren Freunden erzählen, wie wir arbeiten.

(Beifall)

Ein weiterer Appell richtet sich an die Oberärzte und die Chefärzte, dass die hier geäußerte Solidarität auch nach diesem Ärztetag fortbesteht. Es geht nicht um Lippenbekenntnisse, sondern um ein kontinuierliches Arbeiten.

(Beifall)

Der zweite Punkt im Antrag 20 betrifft die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes. Ich habe bei der Gewerbeaufsicht in Berlin angerufen und habe mich dort mit einer Dame unterhalten. Ich habe sofort herausbekommen, dass sie die einzige Dame ist, die sich in Berlin um die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes kümmert. Ich wusste wirklich nicht, ob ich weinen oder lachen sollte. Wir haben uns beide auf lachen geeinigt: In ganz Berlin kümmert sich eine einzige Dame um diese Frage!

Ich plädiere dafür, dass das Gesetz, das vorhin in den Müll geworfen wurde, hervorgeholt wird und, vielleicht noch mit einem Bonbon aus Brüssel versehen, durchgesetzt wird. Die Durchsetzung kann über die Ombudsmänner erfolgen. Wenn diese nicht den erforderlichen Druck ausüben, muss vielleicht auch die Staatsanwaltschaft einbezogen werden, wie dies hier schon verschiedentlich gefordert wurde.

Zum Schluss möchte ich noch ein paar Worte dazu sagen, wie die Situation, die wir momentan zu verzeichnen haben, zustande gekommen ist. Das Studium ist rein konsumorientiert. Es werden weder Kreativität noch irgendwelche Lösungsansätze gefördert.

(Vereinzelt Beifall)

Wir werden nicht gerade kritikfreudiger dadurch, dass wir Arbeitsverträge haben, die nur ein halbes Jahr laufen. Ich habe auch schon davon gehört, dass es Verträge gibt, die nur für vier Wochen gelten. Wenn man da Kritik übt, steht man schnell auf der Straße.

Ich hoffe, dass Sie, obwohl Sie vielleicht nicht mehr ganz so jung sind, junge Gedanken hegen und die Anträge positiv bescheiden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Vielen Dank, Herr Schubert. Sie haben ja schon gehört, dass einige von uns Kinder haben, die in dieser Situation sind. Das hat ja auch geholfen.

(Beifall)

Ebenfalls aus dem Arbeitskreis "Junge Ärztinnen und Ärzte" der Ärztekammer Berlin hat Frau Claudia Brendler das Wort. Bitte schön.

© 2001, Bundesärztekammer.