TOP II: Ausbeutung junger Ärztinnen und Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 23. Mai 2001 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Kossow, Niedersachsen:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu diesem Tagesordnungspunkt noch einmal zu Wort gemeldet, weil eine meiner Töchter im Stationsdienst der Universität Frankfurt und eine andere in einer Funktionsabteilung eines Krankenhauses der Stadt Hannover arbeitet. Ich weiß deshalb, was den jungen Leuten heute zugemutet wird.

Wir haben heute eine Reihe von Analysen gehört, woran es liegt, dass wir die jetzige Situation zu verzeichnen haben. Ein wesentlicher Punkt war: Die Ärzte sind sich zwar darüber einig, dass ihre materielle Basis von der Situation in allen Bereichen abhängt, aber ansonsten sind sie nicht bereit, in Einigkeit die Konsequenzen vorzutragen. Welches die Konsequenzen sein könnten, werde ich nachher noch sagen.

Ein wesentlicher Punkt ist sicher, dass wir uns in der Tat unter dem Druck von Budgets mit zu vielen gegenseitigen Interessen haben auseinander setzen müssen. Nun hat es hoffnungsvolle Neuanfänge bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gegeben. Ich könnte mir denken, wenn die Weiterbildungsordnung so gelingt, wie wir das in den letzten Tagen diskutieren konnten, wird es auch in der Bundesärztekammer hoffnungsvolle Neuanfänge geben. Dann können wir wieder das tun, was wir, als uns vor 31 Jahren das Wasser bis zum Halse stand, schon einmal getan haben: Wir können diese Gesellschaft durch geeignete Kampfmaßnahmen davon überzeugen, dass sie mit uns so nicht umspringen kann.

(Beifall)

Nun rede ich nicht dem Ärztestreik das Wort. Sie wissen, als ich vor 31 Jahren als junger Funktionär des Marburger Bunds für die Kampfmaßnahmen in Berlin verantwortlich war, wurde auch ein Streik vermieden. Ich möchte Ihnen aufgrund der Analyse, die heute gegeben wurde, eine sehr zuverlässige Methode verraten, wie man es machen kann. Wir haben heute Computer und Schreibgeräte, die uns mit übermäßiger Bürokratie drangsalieren. Diese können wir stilllegen, um einmal vorübergehend die Patientenversorgung zu perfektionieren, und zwar so zu perfektionieren, dass die innerärztliche Kommunikation vielleicht sogar noch verbessert, aber die Kommunikation der Verwaltungen gestört wird.

Dies kann man natürlich nicht krankenhausintern durchführen; dieses muss ärzteintern geschehen. Dazu müssen sich alle an der Versorgung beteiligten Arztgruppen zusammensetzen, auch die dazugehörigen Institutionen und Verbände, um das zu organisieren. Der Verband, dessen Vorsitz ich zurzeit innehabe, ist zur Zusammenarbeit bereit.

Wir haben immer gesagt: In den Hausarztpraxen soll nach Tarif bezahlt werden, wenn es mit den eigenen Finanzen vereinbart werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident:

Schönen Dank, Herr Kossow. Damals hieß das "Bleistiftstreik". Die Teilnahme an diesem "Bleistiftstreik" hat mich 1970/71 in die Berufspolitik geführt. Wie würde man das heute nennen? Vielleicht Tastaturstreik?

Als nächster Redner bitte Herr Henke.

© 2001, Bundesärztekammer.