Anhang A
Beschlüsse und Entschließungen

TOP V: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer - DRG-Fallpauschalensystem

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG V - 42

Auf Antrag von Dr. Everz (Drucksache V-42) fasst der 104. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:

Der Deutsche Ärztetag als höchstes Gremium der verfassten Ärzteschaft fordert das Bundesgesundheitsministerium auf, den Zeitpunkt zur Einführung des neuen Preissystems auf der Basis diagnosebezogener Fallpauschalen in den deutschen Krankenhäusern zu verschieben.

Das neue Preissystem (diagnosis related groups, DRG's) soll flächendeckend zum 01.01.2003 eingeführt werden. Der Deutsche Ärztetag appelliert jedoch an die Regierung, die Einführungsphase zu verschieben. In Deutschland soll in nur drei Jahren ein komplettes, einheitliches DRG-System für alle Diagnosen und Krankenhäuser auf die Beine gestellt werden. Deutschland soll in kürzester Zeit etwas leisten, wofür andere Länder mindesten dreimal soviel Vorbereitungszeit hatten, es aber trotzdem bis heute keine DRGs für alle Diagnosen gibt, und dies bei einer durchaus zumindest bislang unsicheren und nicht verwertbaren Datenlage.

So sind beispielsweise bundesweit die Vorarbeiten - wie einheitliche Richtlinien - für die Kodierung der unterschiedlichen Diagnosen, Systempflege, Qualitätssicherung und Schutz vor Missbrauch noch längst nicht abgeschlossen. Die Dokumentation der Leistungsmengen und die Kalkulation der Kosten ist daher in diesem Jahr nicht mehr zu schaffen. Auch müssen die zahlreichen Überstunden der Beschäftigten im Krankenhaus in die Kalkulation der neuen Vergütung einbezogen werden, ebenso wie die Auswirkungen der Entscheidung des EuGH zur Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit.

Die Einführung der DRGs wird weitreichende Folgen haben. Und zwar nicht nur im stationären Bereich, sondern auch im ambulanten und vor allem im Reha-Bereich. Es wird zu einer enormen Leistungsverdichtung und somit wahrscheinlich zu einer deutlich kürzeren Verweildauer in den Kliniken kommen. Bisher sind daraus resultierende Konsequenzen für Reha und ambulante Versorgung zuwenig bedacht - geschweige denn konkrete Planungen auf den Weg gebracht. Der ambulante und der Reha-Bereich sind noch nicht dafür gerüstet; da auch das Geld der Leistung folgen muss. Es besteht die große Gefahr, dass als Folge der DRGs medizinische Qualitätsstands bei der Behandlung nicht mehr ausreichend berücksichtigt werden und das billigste Behandlungsverfahren an die Stelle der besten treten.

Die Ärzteschaft gibt auch zu bedenken, dass eine hohe Leistungsverdichtung in den Krankenhäusern eine Gefahr für die Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses (Weiterbildung) darstellt. Krankenhäuser werden zunehmend unter diesem wirtschaftlichem Zwang auf höchst qualifiziertes ärztliches und pflegerisches Personal angewiesen sein. So dass die Gefahr besteht, dass für Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung zunehmend weniger Verwendung gefunden wird. Dies betrachtet die rheinland-pfälzische Ärzteschaft als äußerst kritisch und als Weg in die falsche Richtung.

Mit großer Sorge sieht die Ärzteschaft auch die möglichen Versorgungsauswirkungen auf die Patientinnen und Patienten, wenn bei extremer Leistungsverdichtung immer weniger Zeit für menschliche Zuwendung bleibt und wenn sie sozusagen nicht "austherapiert" aus der Klinik zu früh entlassen werden.

© 2001, Bundesärztekammer.