Anhang A
Beschlüsse und Entschließungen

TOP V: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer - Allgemeinmedizin

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG V - 7

Auf Antrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (Drucksache V-7) fasst der 104. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:

I.

1. Gesundheitspolitik, ärztliche Selbstverwaltung, die gesetzliche Krankenversicherung, aber auch Sachverständigengutachten fordern seit Jahren, dass der Facharzt für Allgemeinmedizin Träger der hausärztlichen Versorgung sein soll. Der Deutsche Ärztetag hat dies mit Beschlüssen im Jahre 1993 und 1994 bekräftigt. Die ärztliche Selbstverwaltung hat durch Verlängerung der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin von drei auf fünf Jahre die notwendigen Voraussetzungen zur Qualifizierung entsprechender Ärzte geschaffen.

2. Durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 sind in Entsprechung zu der allgemeinen Tendenz in der Gesundheitspolitik die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Strukturierung der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung in einem hausärztlichen System, welches von Fachärzten für Allgemeinmedizin getragen werden soll, nachhaltig verstärkt worden. So sollen ab 1. Januar 2006 Fachärzte für Allgemeinmedizin nur noch zulassungsfähig sein, wenn sie eine fünfjährige Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen haben. Ebenfalls von diesem Zeitpunkt an sollen freiwerdende Hausarztsitze in dem durch Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen geregelten System der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich nur durch Fachärzte für Allgemeinmedizin besetzt werden. Weitere Änderungen liegen in der strikten Einführung eines Zulassungsbeschränkungssystems auf der Basis von Hausärzten sowie einer durchgängigen Trennung der Vergütungen in der vertragsärztlichen Versorgung in solche des hausärztlichen und solche des fachärztlichen Versorgungssystems.

3. In Diskrepanz zu diesen Zielsetzungen und bereits festgelegten Versorgungsstrukturen für die vertragsärztliche Versorgung stehen die fehlenden Möglichkeiten, die Weiterbildung von Fachärzten für Allgemeinmedizin in der für die künftige bedarfsgerechte Versorgung in der hausärztlichen Versorgung notwendigen Anzahl und Qualität zu gewährleisten.

Wie die Ärztestatistik zum 31.12.2000 auf der Basis des Bundesarztregisters belegt, sind in der hausärztlichen Versorgung derzeit 44.107 Allgemeinärzte/Praktische Ärzte und 18.962 Internisten tätig. Die zahlenmäßige Entwicklung der Bruttozugänge in der Allgemeinmedizin ist - trotz anhaltender Umschreibungen Praktischer Ärzte in Ärzte für Allgemeinmedizin (Übergangsregelung im Weiterbildungsrecht 1992) - rückläufig, was bedeutet, dass sich zunehmend weniger junge Ärzte in diesem Gebiet niederlassen. Es besteht die Gefahr, dass die gesetzliche Regelung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000, wonach frei werdende Hausarztsitze ab 2006 nur noch mit Fachärzten für Allgemeinmedizin besetzt werden sollen, nicht erfüllt werden kann. Wie Berichte insbesondere aus den neuen Bundesländern belegen, sind Praxissitze in der hausärztlichen Versorgung nicht mit Allgemeinärzten zu besetzen.

Das in gemeinsamer Initiative von Bund, Bundesländern, Krankenkassen, Krankenhäusern, Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen ins Leben gerufene Förderprogramm, welches durch Art. 8 GKV-SolG zu einer gesetzlichen Förderungspflicht seitens der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen gewandelt worden ist, ist zwar ein wichtiger und unverzichtbarer Beitrag, stellt aber allein keine ausreichende Maßnahme dar. Es bedarf flankierender Maßnahmen.

II.

Der 104. Deutsche Ärztetag fordert daher die verantwortlich Beteiligten im Gesundheitswesen auf, alle in ihrem Verantwortungsbereich möglichen Maßnahmen zu ergreifen, die die Grundlage für eine Weiterbildungsoffensive in der Allgemeinmedizin mit dem Ziel bilden, zeitnah eine ausreichende Zahl Fachärzte für Allgemeinmedizin weiterzubilden.

Nach Meinung des 104. Deutschen Ärztetages gehören dazu unter anderem vorrangig folgende Maßnahmen:

1. Unmittelbare Förderung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin

Die in Art. 8 GKV-SolG niedergelegte öffentlich-rechtliche Förderungspflicht der Krankenkassen über finanzielle Beiträge zur Schaffung von Weiterbildungsstellen in Krankenhäusern und die Förderungspflicht der Kassenärztlichen Vereinigungen zur Schaffung von Weiterbildungsplätzen bei niedergelassenen Vertragsärzten sollten auch hinsichtlich der im Gesetz vorgesehenen Beträge über das Jahr 2001 fortgesetzt werden. Die Einbeziehung von geeigneten Rehabilitationseinrichtungen in die förderungsfähigen Einrichtungen, welche zur Schaffung von Weiterbildungsplätzen beitragen können, ist anzustreben. Wegen der Parallelität von dreijährigen und fünfjährigen Weiterbildungsgängen für eine geraume Übergangszeit - dies ist weiterbildungsrechtlich nicht anders gestaltbar - ist auch die dreijährige Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin in das Förderprogramm für eine begrenzte Übergangszeit einzubeziehen.

Die Information des ärztlichen Nachwuchses über Berufsaussichten, das Förderprogramm und die gesetzlichen Rahmenbedingungen, sollte vermehrt wahrgenommen werden.

Eine Verbreiterung des Weiterbildungsangebotes durch Verbundweiterbildung unter Krankenhäusern (vgl. z.B. § 45 Heilberufe-Kammergesetz Nordrhein-Westfalen), aber auch in der Erprobung von Möglichkeiten der Verbundweiterbildung zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern ist auszubauen.

Einige Kammern haben eine Anlaufstelle für die Information, Vermittlung von Weiterbildungsstellen und Koordinierung errichtet, die interessierte junge Ärzte sowohl über Möglichkeiten der Weiterbildung und über das Förderprogramm in der Allgemeinmedizin unterrichtet als auch bei der Vermittlung von Stellen behilflich ist; eine derartige Anlaufstelle könnte auch bei der Durchführung von Verbund-/ Weiterbildungslösungen oder Rotationen behilflich sein, um beim schwierigen Übergang von einem Weiterbildungsabschnitt zum anderen - als besonderem Kennzeichen der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin - unterstützend tätig zu sein.

Zum Ausgleich von Kapazitätsengpässen einerseits und Überangebot andererseits bei geförderten Weiterbildungsstellen im stationären und ambulanten Bereich, ist die Einrichtung einer "Clearingstelle" bei der Bundesärztekammer zu prüfen, deren Ziel ist, Nachfrage und Angebot von Weiterbildungsmöglichkeiten zusammenzuführen.

2. Mittelbare Förderung

Der Deutsche Ärztetag fordert die Bundesregierung als Verordnungsgeber für die Approbationsordnung für Ärzte auf, bei der bevorstehenden Novellierung bereits in der Ausbildung der Ärzte dem Stellenwert der Allgemeinmedizin ausreichend Rechnung zu tragen.

In der Ausbildung zum Arzt, werden wichtige Weichenstellungen bzgl. der späteren beruflichen Tätigkeit vorgenommen. Eine bessere Verankerung der Allgemeinmedizin in der Lehre - auch durch Schaffung von Lehrstühlen in der Allgemeinmedizin - und durch Etablierung der Allgemeinmedizin als eigenständiges Lehr- und Forschungsfach mit dem Ziel der Vermittlung des ganzheitlichen Ansatzes der Allgemeinmedizin ist eine Möglichkeit, die Motivation des ärztlichen Nachwuchses in Richtung Allgemeinmedizin zu verbessern.

Der Zielsetzung der Konzentration der hausärztlichen Versorgung auf Fachärzte für Allgemeinmedizin entsprechend ist zu prüfen, ob die Regelungen zur Bedarfsplanung dahingehend zu ändern sind, dass es Fachärzten für Allgemeinmedizin für eine längere Übergangszeit ermöglicht wird, sich ohne Zulassungsbeschränkungen als Vertragsärzte niederzulassen.

Schließlich sind tragfähige Lösungen für ein Zusammenwirken der Allgemeinmedizin mit der Inneren Medizin der hausärztlichen Versorgung zu finden.

Der Vorstand der Bundesärztekammer soll im Zusammenhang mit dem Konzept für die inhaltliche Ausgestaltung der (Muster-) Weiterbildungsordnung die vorgesehenen Lösungsmöglichkeiten zur inhaltlichen Ausfüllung des Gliederungsauftrages - soweit es die hausärztliche Versorgung betrifft - konkretisieren.

© 2001, Bundesärztekammer.