Dienstag, 28. Mai
2002, 10.00 Uhr
Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Auf Beschluss des Vorstandes
der Bundesärztekammer, der auf dem Deutschen Ärztetag
zu verkünden ist, werden jährlich mit der Paracelsus-Medaille
Ärztinnen und Ärzte ausgezeichnet, die sich durch erfolgreiche
berufsständische Arbeit, vorbildliche ärztliche Haltung
oder hervorragende wissenschaftliche Leistungen besondere Verdienste
um das Ansehen der Ärzteschaft erworben haben.
Der Vorstand der Bundesärztekammer beschloss im Dezember 2001,
auf dem 105. Deutschen Ärztetag mit der Paracelsus-Medaille
auszuzeichnen: Herrn Dr. med. Georg Holfelder, Herrn Professor Dr.
med. Dr. med. h. c. Wildor Hollmann, Herrn Professor Dr. med. Dr.
h. c. mult. Hanns Gotthard Lasch und Herrn Privatdozent Dr. med.
Ruprecht Zwirner. Ich bitte die vier auszuzeichnenden Persönlichkeiten
auf die Bühne.
(Beifall)
Die Verleihungsurkunden haben folgenden Wortlaut:
Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht
kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten
Georg Holfelder in Frankfurt am Main,
Dr. med., Facharzt für Orthopädie, die Paracelsus-Medaille
der deutschen Ärzteschaft.
Georg Holfelder wurde am 27. August 1929 in Frankfurt
am Main geboren. Er verbrachte in seinem Geburtsort seine Kindheitsjahre
und die Schulzeit. Nach Besuch des Lessing-Gymnasiums in Frankfurt
am Main und des Staatlichen Gymnasiums in Posen legte er 1949 das
Abitur in Frankfurt ab. Von 1950 bis 1956 studierte er Physik und
Medizin an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/Main.
Das medizinische Staatsexamen bestand er 1956 an dieser Universität.
Im gleichen Jahr wurde er mit einer Arbeit zum Thema "Körpergewichte
von Säuglingen einer Großstadt" zum Dr. med. promoviert
(Doktorvater: Prof. Dr. med. Erich Graser). Seine Weiterbildung
mit den Schwerpunkten Innere Medizin, Neurologie und Orthopädie
begann er 1956 an der Weserberglandklinik in Höxter/Westfalen
bei den Professoren Dr. med. Friedrich Dittmar und Dr. med. Heinrich
Lampert. 1958 wechselte er an das Spessart-Sanatorium in Bad Orb,
wo er als Assistenzarzt arbeitete und seine Weiterbildung mit dem
Schwerpunkt Innere Medizin bei Prof. Dr. med. Hans Liebig fortsetzte.
1959 wechselte Georg Holfelder an die Chirurgische Klinik des Städtischen
Krankenhauses Ost in Lübeck, wo er sich mit dem Schwerpunkt
Chirurgie bei Prof. Dr. med. Helmut Remé weiterbildete. 1960
kam er an die Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg,
wo er seine Weiterbildung fortsetzte und bis 1965 Assistent von
Prof. Dr. med. Kurt Lindemann war. Die Anerkennung als Facharzt
für Orthopädie erhielt er 1963. Die Zusatzbezeichnung
"Physikalische Therapie" erwarb Georg Holfelder im Jahr
1978, die Zusatzbezeichnung "Chirotherapie" 1979 und die
Teilgebietsbezeichnung Rheumatologie 1981.
Im Jahr 1965 ließ sich Georg Holfelder in
eigener Praxis mit D-Arzt-Zulassung in Frankfurt/Main nieder. Bereits
zu Beginn seiner freiberuflichen Tätigkeit als Orthopäde
interessierte sich Georg Holfelder für Fragen der ärztlichen
Fort- und Weiterbildung, ein Interessengebiet, das er im Laufe seiner
vielfältigen und berufspolitischen Tätigkeiten vertiefte.
Er hat seinen Sachverstand in die Beratungsgremien der Ärzteschaft
eingebracht.
Georg Holfelder engagierte sich in vorbildlicher
Weise auch in medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften
und in den Berufsverbänden sowie in Körperschaften. So
trat er bereits 1961 als Mitglied der Deutschen Gesellschaft für
Orthopädie und Traumatologie e. V. bei. Erstmals 1963 wurde
er als Delegierter zur Bezirksärztekammer Nordbaden und zur
Landesärztekammer Baden-Württemberg gewählt, ein
Amt, das er bis 1965 innehatte. Zugleich gehörte er während
dieser Zeit dem Landesvorstand Baden-Württemberg des Marburger
Bundes (Verband der angestellten und beamteten Ärzte Deutschlands
e. V.) an. 1965 wurde er Mitglied des Berufsverbandes der Ärzte
für Orthopädie e. V., seiner berufspolitischen Wahlheimat,
der er sich im Laufe seiner beruflichen und berufspolitischen Karriere
zunehmend verschrieb. 1981 wurde er zum 1. Vorsitzenden dieses Verbandes
gewählt, von 1982 bis 1997 hatte er dieses Amt inne.
In seine Amtszeit als Vorsitzender des Berufsverbandes
der Orthopäden fällt eine Stafette von Gesetzen zur Reform
der Gesetzlichen Krankenversicherung und zur Gesundheitsstrukturreform
von wechselnden Bundesregierungen. Georg Holfelder hat die Reforminitiativen
aktiv begleitet und war als hoch angesehener Sachverständiger,
engagierter Streiter für die Interessen der Orthopäden
und Fachärzte viel gefragt. Er hat sich als stiller Diplomat
auch vermittelnd in die Auseinandersetzungen zwischen Allgemein-
und Fachärzten eingeschaltet.
1972 ist Georg Holfelder zum Mitglied der Delegiertenversammlung
der Landesärztekammer Hessen, Frankfurt am Main, gewählt
worden, der er heute noch angehört.
Im Jahr 1984 ist er in das Präsidium dieser
Landesärztekammer berufen worden. Er hatte dieses Mandat bis
zum Jahr 2000 inne. Georg Holfelder war von 1988 bis 1992 Listenführer
der "Fachärzte Hessen" der Delegiertenversammlung.
Von 1988 bis 1994 war er Vorsitzender des so genannten Hotelbeirates
der Landesärztekammer Hessen. Damit verbunden war eine besonders
zeitaufwendige Tätigkeit - gerade auch im Hinblick auf die
Schließung des Hotels am Hochwald der Landesärztekammer
in Bad Nauheim. Von 1985 bis 2001 war er Delegierter bei den Deutschen
Ärztetagen.
Erstmals 1984 ist er zum Abgeordneten der Kassenärztlichen
Vereinigung Hessen, Frankfurt/Main, gewählt worden. Zahlreiche
Initiativen im Parlament der hessischen Kassenärzte gehen auf
ihn zurück. Erst mit Beendigung seiner vertragsärztlichen
Tätigkeit schied er als Abgeordneter dieser Kassenärztlichen
Vereinigung aus.
Auch in Fragen der Amtlichen Gebührenordnung
für Ärzte war der Sachverstand von Georg Holfelder gefragt;
er hat maßgeblich auch bei der Gestaltung und Weiterentwicklung
der fachärztlichen Versorgung mitgewirkt und dazu beigetragen,
konfliktreiche Schnittstellen-Probleme zwischen dem fachärztlichen,
stationären und dem Bereich der ambulanten Versorgung zu bereinigen
und sachbezogen zu lösen. Maßgebliche Memoranden und
Entschließungen gehen auf ihn zurück.
Aufgrund seines Engagements und seines anerkannten
Sachverstandes ist Georg Holfelder 1987 zum Mitglied des Vorstandes
der Akademie der Gebietsärzte, eines Fachausschusses der Bundesärztekammer,
gewählt worden. Ebenfalls 1987 ist Georg Holfelder erstmals
zum Präsidenten der Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände
e. V. (GFB) gewählt worden, einem Zusammenschluss von 26 Facharztverbänden
mit heute mehr als 100 000 ärztlichen Mitgliedern in Krankenhäusern
und Arztpraxen. Die GFB leitete Georg Holfelder bis 1999 souverän
und weithin anerkannt innerhalb der pluralistischen Struktur der
Ärzteverbände und im Zusammenwirken mit den Körperschaften
und Verbänden auf Bundesebene, insbesondere mit der Bundesärztekammer
und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Zu den von Georg Holfelder verteidigten Grundsätzen
zählen die Prinzipien der Freiberuflichkeit der Ärzte,
der Therapiefreiheit, der beruflichen Unabhängigkeit und der
freien Arztwahl sowie die Abwehr jeglicher Budgetierungs- und Rationierungstendenzen.
Georg Holfelder bekämpfte alle Formen und ideologisch geprägten
Vorstöße zur Begünstigung einer Mehrklassenmedizin.
Stattdessen vertrat er engagiert die Meinung, die Gesamtärzteschaft
solle für eine Umgestaltung des Pflichtleistungskatalogs der
Gesetzlichen Krankenversicherung eintreten und sich den Herausforderungen
von Wissenschaft, Gesellschaft und Patienten stellen.
Trotz seiner vielfältigen Mitarbeit in den
Körperschaften, Verbänden und Gremien der Ärzteschaft
fand Georg Holfelder noch Zeit, von 1988 bis Ende 1992 das Amt des
Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen
der Arzthelferinnen (AAA) erfolgreich auszuüben.
Nicht nur die hessische Ärzteschaft, sondern
auch seine Berufskolleginnen und -kollegen in der Orthopädie
verdanken Georg Holfelder zahlreiche Initiativen und fruchtbringende
Anregungen auf Bundesebene, die er erfolgreich durchgesetzt hat.
So blieb es nicht aus, dass er zahlreich und mit höchsten Würdigungen
ausgezeichnet wurde. Für sein lange währendes Engagement
in den Gremien der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und
der Landesärztekammer Hessen zeichnete ihn die Landesärztekammer
Hessen, Frankfurt am Main, 1989 mit der Verleihung der Richard-Hammer-Medaille
und der Ehrenplakette in Silber (1993) aus. 1995 erhielt Georg Holfelder
das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik
Deutschland, Ende November 2001 den Verdienstorden der Bundesrepublik
Deutschland 1. Klasse. Die Gesellschaft Medizinischer Assistenzberufe
für Rheumatologie e. V. ehrte ihn 1995 mit der Ehrenmitgliedschaft,
der Berufsverband der Ärzte für Orthopädie 1999 und
die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische
Chirurgie 2001 mit der gleichen Auszeichnung.
Sein diplomatisches Geschick, sein Sachverstand,
sein Engagement und vor allem seine große Integrationskraft
brachten ihm weitere Ehrenämter und berufspolitische Tätigkeiten
ein. Seit 2000 gehört er dem Ehrenrat des Berufsverbandes der
Ärzte für Orthopädie e. V. an. Er wurde im gleichen
Jahr erneut zum Abgeordneten der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen
Vereinigung Hessen gewählt.
Georg Holfelder hat sich durch seinen engagierten
unermüdlichen Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt,
als gewählter Repräsentant in ärztlichen Organisationen,
Verbänden und Körperschaften, durch sein langjähriges
Mitwirken in der ärztlichen Berufs- und Gesundheitspolitik
und insbesondere seinen Einsatz bei der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens
sowie durch seine Pflichterfüllung als Arzt und als Berufspolitiker
ebenso wie als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung
der Patienten, die Ärzteschaft und die ärztliche Selbstverwaltung
in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient
gemacht.
105. Deutscher Ärztetag in Rostock, 28. Mai
2002, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident
(Beifall)
Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht
kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten
Wildor Hollmann in Brüggen, Prof.
Dr. med. Dr. med. h. c., Facharzt für Innere Medizin, die Paracelsus-Medaille
der deutschen Ärzteschaft.
Wildor Hollmann, am 30. Januar 1925 in Menden/Sauerland
geboren, verbrachte in seinem Geburtsort seine Kindheitsjahre und
die Schulzeit. Nach dem Abitur am 5. März 1943 am Realgymnasium
in Menden wurde er zur Luftwaffe eingezogen und erhielt eine fliegerische
Ausbildung. Im Februar 1945 geriet er in kanadische Kriegsgefangenschaft,
wurde nach England gebracht und im März 1947 entlassen.
Von 1947 bis 1952 studierte Wildor Hollmann Medizin
an der Universität zu Köln; 1953 legte er dort das medizinische
Staatsexamen ab. 1949 hatte er mit seiner experimentell fundierten
Doktorarbeit begonnen und wurde 1954 zum Dr. med. promoviert. Thema
der Dissertation: "Herzleistungsquotient und Wirkungsgrad sowie
die Lungenvolumina bei Sportlern unter 35 Jahren" (Doktorvater:
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. h. c. Hugo Wilhelm Knipping). Von 1953
an arbeitete er in der Medizinischen Universitätsklinik Köln,
erwarb 1961 die Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin
und habilitierte sich im selben Jahr für das Fach Sportmedizin
an der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln
mit der Arbeit: "Höchst- und Dauerleistungsfähigkeit
des Sportlers". 1964 erhielt er einen Ruf für den Lehrstuhl
für Kardiologie und Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule
Köln, den er 1965 übernahm. Trotz mehrerer in- und ausländischer
Forschungsangebote - unter anderem 1970 einen Ruf für den Lehrstuhl
für Sportmedizin der Universität Hamburg - blieb er bis
zu seiner Emeritierung (1990) seiner Kölner Tätigkeit
treu. 1968 wurde ihm eine zweite Professur an der Universität
zu Köln verliehen.
Im Jahr 1958 gründete Wildor Hollmann das Institut
für Kreislaufforschung und Sportmedizin in Köln (Deutsche
Sporthochschule Köln in Zusammenarbeit mit der Medizinischen
Universitätsklinik Köln). Das zunächst private Ein-Mann-Institut
bestritt seine wissenschaftliche Tätigkeit zu Beginn mit Gastärzten
der Medizinischen Universitätsklinik. 1962 wurde das Institut
vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen; 1965 wurde mit der
Eingliederung des Lehrstuhls für Kardiologie und Sportmedizin
diese Entwicklung als akademisches Institut abgeschlossen. Bis heute
gingen 15 Habilitationen, neun C4-Lehrstuhlprofessuren und drei
C3-Professuren aus der Institutsarbeit hervor.
Von 1965 bis 1967 war Wildor Hollmann erster gewählter
Prorektor der Deutschen Sporthochschule Köln, von 1969 bis
1971 Rektor dieser Hochschule. In dieser Zeit erreichte er die Anerkennung
der Deutschen Sporthochschule Köln als selbstständige
wissenschaftliche Hochschule mit eigenem Promotions- und Habilitationsrecht
sowie einen großzügigen Ausbau der Sporthochschule mit
einem Institutsgebäude und der damals technisch modernsten
Leichtathletikhalle. Gleichzeitig richtete er das Institut für
Biochemie ein - heute international für seine Anti-Doping-Forschung
bekannt - und ein Institut für funktionelle Anatomie und Morphologie.
Weitere zehn Jahre lang war er Prorektor und Dekan der Deutschen
Sporthochschule Köln.
Wichtige Station seiner forscherischen Tätigkeit
war 1954 die Einführung der fahrradergometrischen Spiroergometrie
als Routine-Untersuchungsmethode in der Medizinischen Universitätsklinik
Köln - mit anschließend weltweiter Ausbreitung. Es folgte
1955 die Einführung der Ergometrie-Blutdruck-Messung mit der
ersten halbautomatischen Apparatur mit Mikrophon in der Ellenbeuge
sowie optischer und akustischer Blutdruckregistrierung (mit Sander).
Gleichzeitig propagierte er die Blutdruck-Selbstmessung durch den
Patienten; er ließ dazu die Firma ELAG in Köln erste
Geräte für diesen Zweck konstruieren.
Von 1957 bis 1959 arbeitete Wildor Hollmann an der
Entwicklung eines submaximalen spiroergometrischen Untersuchungsverfahrens
zur Ermittlung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit für
Gesunde und Kranke anstelle der bisher registrierten maximalen Sauerstoffaufnahme.
Das Ergebnis war 1959 die Erstbeschreibung eines ventilatorischen,
aerob-anaeroben Übergangs (Laktat), später als "Schwelle"
bezeichnet, heute das meist eingesetzte Kriterium in der internationalen
Leistungsdiagnostik. In der Vorbereitung der Spitzensportler auf
die Olympischen Spiele 1968 in Mexiko City entwickelte er ein Hypoxietraining
im Labor. Es folgte 1967 die Einführung eines Hyperoxietrainings
im Labor, das andere Forscher zu Therapiemaßnahmen inspirierte.
1965 stellte er Minimal-Trainingsprogramme vor, die präventiven
kardiologischen Zwecken dienen sollten, damals wissenschaftlich
sehr umstritten, heute eine selbstverständlich gewordene Methodik
in der Prävention, Bewegungstherapie und Rehabilitation mittels
körperlichen Trainings.
Voraussetzung zur Anwendung von körperlichen
Trainingsmaßnahmen war die Differenzierung der motorischen
Beanspruchungsformen hinsichtlich ihrer unterschiedlichen akuten
und chronischen
Adaptationseffekte im Organismus, die Wildor Hollmann 1967 beschrieb.
1974 wurde zusammen mit Prof. Dr. med. Heinz Liesen, heute Inhaber
eines Lehrstuhls für Sportmedizin an der Universität Paderborn,
das weltweit erste voll elektronisierte und computerisierte Fahrradergometer
vorgestellt ("Dynavit"). In Verbindung mit dem Max-Planck-Institut
für Hirnforschung in Köln (Heiss, Herholz et al.) erfolgte
1987 die Erstbeschreibung der regionalen Gehirndurchblutung bei
dosierter Fahrradergometerarbeit - in Verbindung mit dem Forschungszentrum
Jülich (Feinendegen, Herzog et al.) 1992 die Erstbeschreibung
des regionalen Glukosestoffwechsels des Gehirns bei dosierter Fahrradergometerarbeit.
Die Forschungstätigkeit von Wildor Hollmann
fand ihren Niederschlag in mehreren Hundert Publikationen sowie
als Präsident, Moderator und Referent einer großen Zahl
von Fach- und interdisziplinären Veranstaltungen des In- und
Auslands. Sein wissenschaftliches Lebenswerk ist das mit Theodor
Hettinger verfasste, kürzlich in der vierten Auflage erschienene
Buch "Sportmedizin - Grundlagen für Arbeit, Training und
Präventivmedizin", das oftmals als "Bibel der Sportmedizin"
bezeichnet wird.
Vielseitig war das berufspolitische Engagement von
Wildor Hollmann: Von 1955 bis 1989 war er Mitglied der Wissenschaftlichen
Kommission der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Köln,
von 1969 bis 1994 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer,
Köln, von 1971 bis 1995 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates
des Bundesministeriums der Verteidigung, 1973 bis 1976 Mitglied
der Bundeskommission für medizinische Prüfungsfragen,
von 1959 bis 1998 Chefredakteur der "Deutschen Zeitschrift
für Sportmedizin", von 1969 bis 1991 Mitglied der medizinisch-wissenschaftlichen
Redaktion des Deutschen Ärzteblattes. Präsident des Deutschen
Sportärztebundes e. V. war er von 1984 bis 1998, erster und
einziger deutscher Nachkriegspräsident des Weltverbandes für
Sportmedizin von 1986 bis 1994. Beide Institutionen ernannten ihn
zum Ehrenpräsidenten. Der Deutschen Olympischen Gesellschaft
e. V. stand er von 1994 bis 1997 als Präsident vor.
1967 entwickelte Wildor Hollmann - zusammen mit
dem Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, Prof.
Dr. med. Josef Stockhausen, Köln - die Zusatzbezeichnung "Sportmedizin",
ein erheblicher Fortschritt gegenüber dem bisher nur von der
sportärztlichen Organisation vergebenen Sportarzt-Diplom. 1971
prägte er den akademischen Grad "Doktor der Sportwissenschaften
(Dr. Sportwiss.)", der heute von der Deutschen Sporthochschule
Köln und sportwissenschaftlichen Fakultäten anderer deutscher
Hochschulen vergeben wird. 1994 inaugurierte Wildor Hollmann die
erste offizielle Veranstaltung der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
in Verbindung mit dem Weltverband für Sportmedizin in Deutschland.
Gastvorlesungen und Gastvorträge hielt Wildor
Hollmann in allen fünf Kontinenten, unter anderem in Australien,
USA, Kanada, Mexiko, Venezuela, Argentinien, Uruguay, Brasilien,
Chile, Südafrika, Tunesien, Marokko, Ghana, Senegal, Japan,
China, Hongkong, in der
ehemaligen Sowjetunion und fast allen europäischen Ländern.
Im Auftrag der Bundesregierung war er am Aufbau einer Reihe von
Forschungseinrichtungen in Ghana, Argentinien, Brasilien, Venezuela
und Iran beteiligt.
Wildor Hollmann war von 1958 bis 1978 internistischer
Betreuer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, von 1959
bis 1963 war er Betreuer der deutschen Golf-Nationalmannschaft und
von 1964 bis 1971 der deutschen Hockey-Nationalmannschaft.
Wildor Hollmann wurde in Würdigung seiner wissenschaftlichen
Verdienste mit renommierten Preisen ausgezeichnet: dem Carl-Diem-Preis
für sportwissenschaftliche Forschung (1961), dem Hufeland-Preis
für Präventivmedizin (1964), dem Max-Bürger-Preis
für Gerontologie (1969), dem Sir-Philip-Noel-Baker-Forschungspreis
der UNESCO (1976). Im Jahr 1976 verlieh ihm die Bundesärztekammer
die Ernst-von-Bergmann-Plakette in Würdigung seiner Verdienste
um die ärztliche Fortbildung. Außerdem erhielt er Ehrenplaketten
für sportmedizinische Forschung in Südafrika, China, der
Sportakademie der USA, die Goldmedaille der Gesellschaft für
orthopädische und traumatologische Sportmedizin (1988), den
Reys-Forschungspreis der Niederlande (1990) und die Goldmedaille
des Weltverbandes für Sportmedizin.
Die Freie Universität Brüssel verlieh
ihm 1986 die Ehrendoktorwürde, die Universität von Thessaloniki
1995 eine Ehrenprofessur, und im selben Jahr ernannte ihn die Deutsche
Sporthochschule Köln zu ihrem Ehrenbürger.
Wildor Hollmann, der heute in Brüggen/Niederrhein
lebt und dort Ehrenbürger wurde, erhielt 1990 das Große
Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik
Deutschland, 1993 den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen
und 2000 das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband.
Zahlreiche Fernseh- und Rundfunksendungen vergrößerten
Wildor Hollmanns Bekanntheitsgrad auch außerhalb der Medizin.
Unabhängig von Rang und sozialem Status behandelte er alle
seine Patienten mit gleichem ärztlichen Respekt und menschlicher
Liebenswürdigkeit.
Auch nach seiner Emeritierung (1990) blieb Wildor
Hollmann der Forschung und Lehre treu, sodass sich heute noch eine
beträchtliche Zahl von Doktoranden und Diplomanden um ihn schart.
Sein Hauptinteresse gilt den Fragen von Gehirn, Geist, Psyche und
körperlicher Aktivität. Für dieses medizinische Forschungsfeld
prägte er die Bezeichnung "Bewegungs-Neurowissenschaft
(Exercise Neuroscience)". Zahlreiche Publikationen kennzeichnen
seine fruchtbare Arbeit auch auf diesem Gebiet.
Wildor Hollmann hat sich durch seinen lange währenden
engagierten Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt, Wissenschaftler,
Forscher, Akademischer Lehrer und als Pionier der deutschen Sportmedizin,
als Gesundheits- und Berufspolitiker, als wissenschaftlicher Berater,
als aktiver Mitarbeiter in Gremien der Ärzteschaft sowie als
Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der Patienten,
die Wissenschaft, die Forschung und die ärztliche Selbstverwaltung
in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient
gemacht.
105. Ärztetag in Rostock, 28. Mai 2002, Vorstand
der Bundesärztekammer, Präsident
(Beifall)
Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht
kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten
Hanns Gotthard Lasch in Gießen,
Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Dr. med. vet. h. c., Facharzt für
Innere Medizin, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.
Hanns Gotthard Lasch wurde am 29. September 1925
in Liegnitz/Schlesien als Sohn des Juristen Gotthard Lasch geboren.
Seine Schulzeit verbrachte er in Löwenberg/Schlesien, Osterode/Ostpreußen,
in Augsburg und Breslau, wo er das Abitur ablegte. Sein Medizinstudium
begann er an der Universität Breslau. Dieses wurde durch Arbeitsdienst,
Wehrdienst und Gefangenschaft (Verwundung) unterbrochen. Das Medizinstudium
nahm er erneut an der Universität Erlangen auf, wo er 1951
das medizinische Staatsexamen absolvierte. Nach seiner Medizinalassistentenzeit
in Erlangen ging er zunächst für ein Jahr an das Physiologisch-Chemische
Institut der Universität Frankfurt am Main unter Leitung von
Prof. Dr. med. Kurt Felix, Arbeitsgruppe Prof. Dr. med. Ladislaus
Róka. Danach kehrte er zu seinem akademischen Lehrer Prof.
Dr. med. Karl Matthes an die Ludolf-Krehl-Klinik der Universität
Heidelberg zurück. Dort war Hanns Gotthard Lasch zunächst
Stationsarzt, später Oberarzt. Er wurde mit dem Thema "Acc.
Globulin und Prothrombin als Leberfunktionsprobe" 1951 zum
Dr. med. promoviert (Doktorvater: Prof. Dr. med. Adolf Linke). Er
habilitierte sich 1959 an der Medizinischen Fakultät der Ruprecht-Karl-Universität
in Heidelberg mit dem Thema "Latente Gerinnung in der Blutbahn".
Seine Weiterbildung zum Internisten absolvierte er in Heidelberg;
die Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin erhielt er
im Jahr 1965.
Nach dem frühen Tod von Prof. Dr. med. Karl
Matthes war Hanns Gotthard Lasch kurze Zeit Oberarzt bei dessen
Nachfolger, Prof. Dr. med. Dr. med. mult. Gotthard Schettler, an
der Universität Heidelberg. 1965 ist Hanns Gotthard Lasch im
Alter von 39 Jahren auf einen Lehrstuhl für Innere Medizin
an der Universität Gießen berufen worden. Dort wurde
er 1965 zum Leiter der I. Medizinischen Klinik ernannt. Er blieb
dort bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1993. Ehrenvolle Rufe an
die Universitäten Freiburg (1968) und Bonn (1972) lehnte er
ab.
Zusammen mit den Direktoren der anderen Kliniken
der Gießener Universität, Prof. Dr. med. Hans Adolf Kühn
und Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Thure von Uexküll, baute
er eine moderne medizinische Klinik auf. Als Direktor der Medizinischen
Klinik war Hanns Gotthard Lasch für die Versorgung der Patienten
aus dem gesamten Gebiet der Inneren Medizin verantwortlich.
Die wesentlichen und bevorzugten Forschungs- und
Arbeitsgebiete von Hanns Gotthard Lasch waren: Blutgerinnung, Herz-
und Kreislaufversagen, Sepsis, Multiorganversagen, Intensivmedizin
und Ethische Probleme in der Medizin und im Gesundheitswesen. Bereits
in seiner Heidelberger Tätigkeit gelang es Hanns Gotthard Lasch,
im tierexperimentellen Ansatz den pathophysiologischen Mechanismus
eines bis dahin noch nicht bekannten Krankheitsbildes aufzuklären,
das er "Verbrauchskoagulopathie" nannte. Fast zeitgleich
haben Donald McKay in den USA das gleiche Syndrom mit "Disseminierter
intravasaler Gerinnung" und Hans Selje in Toronto mit "Thrombohaemorrhagischem
Syndrom" beschrieben.
Mit der Übertragung der tierexperimentellen
Ergebnisse in die Klinik ergaben sich neue Aspekte und Aufschlüsse
hinsichtlich der Pathogenese, Diagnose und Therapie von akuten Krankheitszuständen,
wie beispielsweise Schock, Multiorganversagen, Sepsis, die über
die engeren Grenzen der Inneren Medizin hinaus in der Chirurgie
und in der Gynäkologie breite therapeutische Ansätze im
Gefolge hatten. Es ließ sich durch die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten
von Hanns Gotthard Lasch zeigen, dass das Syndrom "Verbrauchskoagulopathie"
ein allgemeiner, pathogenetischer Mechanismus der Blutbahn ist.
Mikrothrombose auf der einen, konsekutive haemorrhagische Diathese
durch Zusammenbruch und Verbrauch der Gerinnungsfaktoren auf der
anderen Seite sind die Folgen. Hanns Gotthard Lasch konnte zeigen,
dass die sich aufgrund der intravasalen Gerinnung und in Abhängigkeit
vom Endothel ergebenden Mikrozirkulationsstörungen eine entscheidende
Rolle in der Endstrecke der Kreislaufregulation spielen, sowohl
in der Physiologie als auch in der Pathophysiologie. Die Verbrauchskoagulopathie,
die Hanns Gotthard Lasch im Laufe seiner beruflich-wissenschaftlichen
Karriere weiterentwickelte, wird heute als eigenes Kapitel in den
Lehrbüchern abgehandelt. Synonym wird häufig für
den erstmals von Hanns Gotthard Lasch beschriebenen Mechanismus
der Ausdruck von McKay "Disseminierte intravaskuläre Gerinnung"
verwendet.
Darüber hinaus galten die Untersuchungen von
Hanns Gotthard Lasch schon frühzeitig der "latenten Gerinnung",
also dem Vorstadium, dem normalen physiologischen Umsatz der Gerinnungsfaktoren
in der Blutbahn.
In der Folgezeit seiner wissenschaftlich-forscherischen
Tätigkeit und mit Einbindung der Hämostase in die Funktion
des Kreislaufs wandte sich das Interesse von Hanns Gotthard Lasch
immer mehr der Intensivmedizin zu - und hier insbesondere der Klinik
und Pathogenese der Schocklunge. Ihm gelang es, ein Wissenschaftler-
und Ärzteteam aufzubauen, das im Verlauf der letzten Jahre
über seine eigenen experimentellen und klinischen Studien hinaus
wesentlich zur Aufklärung des Pathomechanismus der intra- und
extravasalen Gerinnung und des Multiorganversagens in Lunge und
Darm beigetragen hat und darüber hinaus neue therapeutische
Ansätze verwirklichte. Die in Heidelberg durchgeführten
Untersuchungen haben Prof. Dr. med. Dieter-Ludwig Heene, Prof. Dr.
med. Gert Müller-Berghaus und Prof. Dr. med. Werner Seeger
als Schüler von Hanns Gotthard Lasch fortgesetzt. Seeger hat
über die Strombahn hinaus die Bedeutung der Gerinnung im Extravasalraum
der Lunge in den letzten Jahren aufgeklärt.
Hanns Gotthard Lasch und seine von ihm begründete
Wissenschaftlerschule haben nicht allein aus Traditionsbewusstsein
gegenüber dem Fachgebiet sich immer mit vorbildlichem, persönlichem
Engagement für die Ganzheitlichkeit der Inneren Medizin als
Disziplin eingesetzt. Trotz der oft aus organisatorischen Gründen
und strukturellen Vorgaben in der jüngsten Vergangenheit erfolgten
Gewichtung der Teilgebiete der Inneren Medizin hat Hanns Gotthard
Lasch an dem Konzept der Einheit des Fachgebietes gerade unter besonderer
Betonung der interdisziplinären Aufgaben der Inneren Medizin
in Klinik, Krankenversorgung und vor allem in der Forschung unbeirrt
festgehalten und die Notwendigkeit der Etablierung der angewandten
Grundlagenforschung in der Klinik vehement vertreten und verwirklicht.
Die sichtbar gemachten Maßstäbe, erkennbar an der hohen
Forschungsproduktivität seiner Klinik, gelten auch für
die Zukunft. Insbesondere die heute geforderte Validierung der Effizienz
diagnostischer und therapeutischer Verfahren mithilfe der Evaluation
durch klinische Studien kommt nicht ohne die von Hanns Gotthard
Lasch mitgeschaffenen Forschungsgrundlagen und Erkenntnisse der
angewandten Pathophysiologie in der Klinik aus.
Die vielseitigen Interessen und Aktivitäten
von Hanns Gotthard Lasch auch auf dem Gebiet der Intensiv- und Notfallmedizin
anderer Fachrichtungen, wie beispielsweise der operativen Gebiete,
der Anästhesiologie und der Pädiatrie, waren Anlass dazu,
die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv-
und Notfallmedizin e. V. (DIVI) zu gründen. 1977 wurde Hanns
Gotthard Lasch zum Gründungspräsidenten gewählt und
stand dieser wissenschaftlichen Vereinigung bis 1988 vor. Es gelang
ihm, gemeinsam mit seinen Kollegen im Vorstand und den Beiräten,
die Interessen in Klinik und Forschung zu koordinieren und der Intensivmedizin
ein strukturelles Gepräge zu geben. 1985 richtete Hanns Gotthard
Lasch als Präsident den Kongress der Europäischen Gesellschaft
für Intensivmedizin in Hamburg aus. Für seinen intensiven
Einsatz um die Förderung der Intensivmedizin und seine berufspolitischen
Verdienste ist er mit der E. K. Frey-Medaille in Gold geehrt worden.
Lasch ist Ehrenmitglied der DIVI und der Österreichischen und
Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin.
Außerdem ist er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher
Leopoldina zu Halle (seit 1972) und der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften (seit 1979).
Seine besondere wissenschaftliche Wertschätzung
kommt in der Verleihung von zwei Ehrendoktorwürden zum Ausdruck,
und zwar des Dr. med. vet. h. c. der Veterinärmedizinischen
Fakultät der Universität Gießen (1977) und des Dr.
med. h. c. der Technischen Universität München (1986).
Auf dem Boden der fachlichen Verbundenheit und seines
breit gefächerten umfangreichen Erfahrungs- und Wissensschatzes
wurde Hanns Gotthard Lasch vor allem seitens der Chirurgen und Anästhesiologen
und anderer Fachgebiete höchste Anerkennung entgegengebracht.
Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. wählte
Hanns Gotthard Lasch 1982 anlässlich des 100-jährigen
Bestehens dieser Fachgesellschaft zu deren Präsidenten. Seit
1993 bekleidet er das Amt des Generalsekretärs.
Aufgrund seines persönlichen und fachlichen
Engagements und seiner herausragenden Kompetenz war Hanns Gotthard
Lasch gesuchter und bewährter Gutachter in den Forschungsgremien
in Deutschland ebenso wie im Ausland, so im Senat der Deutschen
Forschungsgemeinschaft und des Gesundheitsforschungsrates des Bundesministeriums
für Forschung und Technologie. In seiner überzeugenden
Art, mit seinem ausgeprägten Augenmaß für Struktur
und Originalität sowie der stets konstruktiv geübten Kritik
ist es Hanns Gotthard Lasch gelungen, insbesondere als Gutachter
der Deutschen Forschungsgemeinschaft maßgeblich in der Auslegung
klinisch orientierter Sonderforschungsbereiche und von Schwerpunktprogrammen
klinischer Forschergruppen mitzuwirken und diese zu gestalten.
Über das Engagement in wissenschaftlichen und
berufspolitischen Gesellschaften seines engeren Fachgebietes hinaus
war Hanns Gotthard Lasch unter anderem von 1992 bis 1997 Obmann
für Innere Medizin in der Deutschen Akademie der Naturforscher
Leopoldina zu Halle, er war von 1965 bis 1970 Mitglied des Internationalen
Komitees für Blutgerinnung, Kongresspräsident der Europäischen
Gesellschaft für Intensivmedizin (1985), Präsident der
Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin
(1977 bis 1988), Vizepräsident der Akademie für ärztliche
Fort- und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen in Bad
Nauheim und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der Universität
Erfurt zur Errichtung eines Forschungszentrums für Vaskuläre
Biologie und Medizin in Erfurt.
Hanns Gotthard Lasch wurde in Würdigung seiner
Verdienste in Wissenschaft, Forschung und politischer Beratung wiederholt
geehrt und hoch ausgezeichnet, so mit der Rudolf-Jürgens-Medaille
in Gold, der Ludwig-Heilmeyer-Medaille in Gold (1999), der Gustav-von-Bergmann-Medaille
in Gold (2001), dem Hessischen Verdienstorden und dem Großen
Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Er ist Ehrenmitglied
zahlreicher Fachgesellschaften im In- und Ausland.
Hanns Gotthard Lasch hat sich durch seinen unermüdlichen
engagierten Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt, Wissenschaftler,
Forscher und Hochschullehrer, als Ärztlicher Direktor, als
wissenschaftlicher Autor und als ein Pionier im Gesamtgebiet der
Inneren Medizin, als Politikberater und aktiver Berufspolitiker
sowie als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der
Patienten, die Wissenschaft, die Innere Medizin und die Gesundheitspolitik,
die Ärzteschaft und die Selbstverwaltung in der Bundesrepublik
Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.
105. Deutscher Ärztetag in Rostock, 28. Mai
2002, Vorstand der Bundesärztekammer, Präsident
(Beifall)
Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht
kraft dieser Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hochverdienten
Ruprecht Zwirner in Kirchzarten, Privatdozent
Dr. med., Arzt für Chirurgie, die Paracelsus-Medaille der deutschen
Ärzteschaft.
Ruprecht Zwirner, am 29. November 1929 als Sohn
von Prof. Dr. med. et phil. Eberhard Zwirner und seiner Ehefrau
Irmgard Zwirner, geborene Hammerschmidt, in Berlin geboren, verbrachte
die Jugend in seiner Geburtsstadt, zog später mit seiner Familie
nach Münster/Westfalen und dann nach Braunschweig um, wo er
nach dem Besuch der Volksschule und der Oberschule im Frühjahr
1950 an der Gauss-Schule das Abitur ablegte.
Im Wintersemester 1950/51 nahm Ruprecht Zwirner
sein Medizinstudium an der Medizinischen Fakultät der Universität
Freiburg im Breisgau auf. Nach erfolgreichem Staatsexamen an der
Freiburger Universität erhielt er am 3. Juli 1956 die Bestallung
als Arzt. Seine Medizinalassistentenzeit absolvierte er am Anatomischen
Institut der Universität Freiburg, am Krankenhaus Meßkirch/Baden
und in einer Landarztpraxis in Böhl-Iggelheim in der Vorderpfalz.
Am 30. September 1958 erhielt Ruprecht Zwirner die Vollapprobation
als Arzt. Am 3. März 1958 wurde er zum Dr. med. an der Medizinischen
Fakultät der Universität Freiburg promoviert. Thema seiner
Dissertation: "Beitrag zur Innervation des Kehlkopfes"
bei Prof. Dr. med. Kurt Goerttler an der Freiburger Anatomie. Am
1. Oktober 1958 nahm er seine Tätigkeit als wissenschaftlicher
Assistent am Anatomischen Institut der Universität Freiburg
auf, eine Tätigkeit, die er bis zum 30. September 1962 ausübte.
Nach dieser Zeit begann er seine Weiterbildung mit dem Schwerpunkt
Chirurgie, die er mit der Anerkennung als Arzt für Chirurgie
am 18. Dezember 1969 erfolgreich abschloss. Bereits während
seiner Freiburger Zeit und seiner Tätigkeit am Anatomischen
Institut, die ihn für sein späteres Berufsleben prägten,
erhielt er einen Auftrag des Auswärtigen Amtes, im Rahmen der
Entwicklungshilfe vom 1. September 1959 bis zum 31. März 1960
an der Medizinischen Hochschule Ahwas/Iran an der irakischen Grenze
und vom 1. September 1961 bis zum 31. August 1962 an der Medizinischen
Fakultät der neu gegründeten Universität Hué
in Süd-Vietnam einen Lehrauftrag für Anatomie zu übernehmen.
Während dieser zweijährigen Auslandstätigkeit engagierte
sich Ruprecht Zwirner auch für die Probleme der Bevölkerung
in der Dritten Welt und in Katastrophengebieten. Erst die Eskalation
des Vietnam-Krieges beendete diesen Abschnitt seiner ärztlichen
Tätigkeit.
1962 wieder an die Universität Freiburg zurückgekehrt,
setzte er seine chirurgische Facharztweiterbildung unter Prof. Dr.
med. Hermann Kraus fort. Zum 1. Januar 1967 folgte er seinem Lehrer
und Chef, Prof. Dr. med. Ernst Kern, als Oberarzt an das Städtische
Krankenhaus Lörrach/Südbaden. Zum 1. September 1969 wechselte
er als Oberarzt zusammen mit Prof. Kern an die Chirurgische Universitätsklinik
Würzburg, wo er bis zum 31. Juli 1974 chirurgisch tätig
war und als akademischer Lehrer an der Universität wirkte.
In diesen Abschnitt der beruflichen Tätigkeit fällt die
Habilitation an der Medizinischen Fakultät der Universität
Würzburg für das Fach Chirurgie, wo er 1972 zum Privatdozenten
ernannt wurde. Die unter Anleitung seines Chefs, Prof. Dr. med.
Ernst Kern, verfasste Habilitationsschrift trägt den Titel
"Die druckadaptierte Arterialisierung des intrahepatischen
Pfortadersystems nach portocavaler Anastomose".
Am 1. August 1974 kehrte Ruprecht Zwirner in seine
südbadische Wahlheimat zurück. Er übernahm die Leitung
der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Donaueschingen/Akademisches
Krankenhaus der Universität Freiburg im Breisgau, die er mehr
als 20 Jahre - bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand Ende 1994
- mit großem Erfolg und hoher Anerkennung inne hatte. Als
klinischer und akademischer Lehrer hat er zahlreiche junge Menschen
zu Chirurgen und weithin anerkannten Ärzten geformt. Als "Vollblutchirurg",
geprägt von einem Arztbild, der Tradition einer noch heilen
medizinischen Welt, von Pflichtgefühl, von einer unbändigen
Freude am Beruf und der Hinwendung zu kranken Menschen stellte er
stets hohe Ansprüche an die ethische Verantwortung, an das
Verantwortungsgefühl gegenüber dem Mitmenschen und dem
Kranken sowie dessen Angehörigen. Weithin geachtet war er deshalb
auch bei seinen Patienten, seinen Kolleginnen und Kollegen, den
Mitarbeitern und den Gremien des Krankenhausträgers. Dabei
kamen ihm auch seine hohen menschlichen Qualitäten und sein
Organisationstalent zugute.
Nach Übernahme des Amtes als Chefarzt in Donaueschingen
engagierte sich Ruprecht Zwirner auch in der ärztlichen Berufspolitik
und in der Gesundheitspolitik auf Bezirks-, auf Landes- und auf
Bundesebene. Er war überzeugt davon, dass eine erfolgreiche
berufliche Tätigkeit und vielfältige berufliche Erfahrungen
in die Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung und in die Berufspolitik
eingebracht werden müssen, um die existenziellen und beruflichen
Grundlagen zu sichern und bei der Zukunftsgestaltung des Gesundheitswesens
mitzuwirken.
1978 wurde Ruprecht Zwirner erstmals in die Vertreterversammlung
der Bezirksärztekammer Südbaden, Freiburg im Breisgau,
im Wahlkreis Schwarzwald-Baar-Kreis gewählt; bereits vier Jahre
später, 1982, wurde er zum Vizepräsidenten dieser Bezirksärztekammer
gewählt. In diesem Amt ist er dreimal durch Wiederwahl bestätigt
worden (Amtszeit bis 1999). Zugleich war Ruprecht Zwirner Mitglied
der Vertreterversammlung der Landesärztekammer und wurde als
Vertreter der Bezirksärzte Südbadens zum Deutschen Ärztetag
delegiert und in dieser Funktion mehrfach bestätigt. Als Vorstandsmitglied
der Landesärztekammer leitete er den Weiterbildungs- und Qualitätssicherungsausschuss
in Stuttgart. Sein besonderes Engagement gilt medizin-ethischen
Fragen. Bereits seit seinen ersten Lehrveranstaltungen ab 1977 hat
sich Ruprecht Zwirner an der Freiburger Universität für
dieses Gebiet interessiert und über die Maßen engagiert.
Ihm ging der Ruf eines außergewöhnlich human orientierten
Chirurgen voraus, dessen Umgang mit infausten Patienten beispielhaft
war. Er ist seit 1984 Mitglied und seit 1999 Vorsitzender der Ethik-Kommission
bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg und hat dort
seinen unbestechlichen, auf reicher Erfahrung bestehenden Rat eingebracht.
Im Rahmen der Diskussion theoretischer und rechtlicher Fragen von
Forschungsvorhaben und Studien war sein Beitrag ebenso pragmatisch
wie kenntnisreich. Viele Diskussionen in der Kommission haben von
seinen Diskussionsbeiträgen profitiert und zur Entscheidungsfindung
beigetragen. Mithin gehört Ruprecht Zwirner - nunmehr seit
mehr als einem Vierteljahrhundert - zur ersten Generation einer
praxisorientierten klinischen Ethik in Baden-Württemberg. Sein
kompromissloses und kluges Eintreten für Wahrhaftigkeit und
Gerechtigkeit in der ärztlichen Berufsausübung, in Wissenschaft
und Forschung wurde stets anerkannt und hoch geachtet und ist sein
bleibendes Verdienst.
Auf Bundesebene wirkte Ruprecht Zwirner in den Ausschüssen
und Ständigen Konferenzen der Bundesärztekammer zu Fragen
der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte, im Krankenhausausschuss,
im Ausschuss Weiterbildung und Qualitätssicherung mit. Er hat
die Bundesärztekammer wiederholt bei Sachverständigen-Anhörungsverfahren
und Beratungen im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung,
später dann im Bundesministerium für Gesundheit - insbesondere
zu den neuen Entgeltsystemen im Krankenhaus - vertreten. So war
er sachverständiger Vertreter der Bundesärztekammer im
Forschungsprojektbeirat zur Evaluation der Bundespflegesatzverordnung
1995 mit ihren neuen Finanzierungsinstrumenten, den Sonderentgelten
und Fallpauschalen. Als Vorsitzender des Arbeitskreises "Weiterentwicklung
der GOÄ" hat er die wesentlichen Vorarbeiten für
die Konzepte der Bundesärztekammer zur Aktualisierung der operativen
Kapitel in der GOÄ mit Kompetenz, klinischer und praktischer
Erfahrung geprägt.
Daneben engagierte sich Ruprecht Zwirner auch als
außerordentliches Mitglied in der Vertreterversammlung der
Kassenärztlichen Vereinigung Südbaden. Er vertrat die
Landesärztekammer Baden-Württemberg im Landeskrankenhausausschuss
beim Sozialministerium des Landes. Auch auf kommunalpolitischer
Ebene war er tätig, so als stellvertretender Stadtverbandsvorsitzender
der FDP und Berater dieser Partei.
In Würdigung seiner herausragenden Verdienste verlieh ihm die
Landesärztekammer Baden-Württemberg 1994 die Albert-Schweitzer-Medaille;
die Stadt Donaueschingen ehrte ihn mit dem Silbernen Wappen der
Stadt.
Ruprecht Zwirner hat sich durch seinen unermüdlichen
engagierten Einsatz, durch seine unbeirrbare Geradlinigkeit, seine
Korrektheit und sein unbestechliches Urteil sowie seine vorbildliche
Haltung als Arzt, als akademischer Lehrer und als Chefarzt, als
Politikberater, als aktiver Berufs- und Krankenhauspolitiker sowie
als Staatsbürger um die ärztliche Versorgung der Patienten,
die akademische Lehre, die Gesundheits- und ärztliche Berufspolitik,
die Ärzteschaft und die Selbstverwaltung in der Bundesrepublik
Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.
105. Deutscher Ärztetag in Rostock, 28. Mai 2002, Vorstand
der Bundesärztekammer, Präsident
(Beifall)
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