TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 28. Mai 2002 Nur Nachmittagssitzung

Dr. Wynen:

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Herr Professor Hoppe, dass Sie mir Gelegenheit geben, einige Worte über die Tragödie zu sagen, die sich in Belgien ereignet hat. Ich schäme mich, ein Bürger dieses Landes zu sein. Die Verabschiedung eines Gesetzes, das die Euthanasie regelt, ist das Ergebnis einer Infektion, die sich sehr schnell ausbreitet, die unmoralisch ist, die in den Niederlanden ihren Ursprung nahm und die gesamte Ärzteschaft grenzüberschreitend bedroht.

(Beifall)

Ich werde mich darauf beschränken, Ihnen den offenen Brief zu verlesen, den ich an den Vorsitzenden Richter des Kassationshofes geschickt habe, der in meinem Land der Präsident der nationalen Ärztekammer ist:

Sehr geehrter Herr Präsident!

Die Verabschiedung eines Gesetzes, welches die Euthanasie zulässt, ist ein Ereignis, das die Ärzteschaft meines Landes nicht stillschweigend hinnehmen kann. Dieses Gesetz, welches das Gewissen des Arztes verletzt und kränkt, steht im Gegensatz zu der Erklärung des Weltärztebundes über die ärztliche Ethik sowie der Berufsordnung der Ärztekammer, der Sie vorstehen.

Ich ersuche den Nationalen Rat der Ärztekammer, allen Mitgliedern Folgendes deutlich zu machen: Diejenigen, die sich auf dieses Gesetz berufen, um sich von den Regeln unserer Ethik zu entfernen, unterliegen strafrechtlichen Sanktionen, für deren Einhaltung Sie als Präsident der Ärztekammer Verantwortung tragen.

In diesem Zusammenhang muss ich daran erinnern, dass Ärzte in Nürnberg durch den Strang exekutiert wurden, weil sie sich zur Rechtfertigung ihrer Handlungen auf ein Gesetz berufen haben, das im Widerspruch zu den Regeln ihrer Ethik stand.

Aufgrund des demagogischen Charakters der politischen Debatte zu dieser Straftat habe ich mir die Freiheit genommen, diesen Brief der Presse zu übermitteln. Lassen Sie mich an dieser Stelle für Ihre Unterstützung danken.

(Beifall)

© 2002, Bundesärztekammer.