TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 28. Mai 2002 Nur Nachmittagssitzung

Dr. Lorenzen, Baden-Württemberg:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte über den Verlust der Menschlichkeit in der Medizin sprechen. Ärztliches Handeln wird mehr und mehr durch wirtschaftliche Vorgaben gesteuert und zu einer ökonomischen Ressource reduziert. Herr Präsident Hoppe, Sie haben in diesem Zusammenhang den Sachverhalt angesprochen, aber, wie ich denke, nicht ausreichend präzisiert. Die wichtigste Säule unseres Gesundheitswesens, die Solidarität der Gesunden mit den Kranken, ist in Gefahr. Es geht um eine Verbesserung der Einnahmenseite der GKV. Es geht zum Beispiel nicht an, dass 58 Prozent der Versicherten einer AOK, beispielsweise der AOK Berlin, keine Beiträge leisten und überdurchschnittlich viele HIV-Kranke versorgt werden müssen.

Ein weiteres Beispiel der Fehlfinanzierung ist die Finanzierung des Mutterschaftsgeldes über die gesetzliche Krankenversicherung. Dieses muss über die Steuer finanziert werden.

Ein Vorschlag zur Lösung könnte sein, eine Struktur einzurichten, wie sie die Rentenversicherung der Schweiz hat. Dort zahlen alle von allem für alle. Das heißt, jeder zahlt aus allen Einnahmen, die er hat, einen bestimmten Prozentsatz - ich glaube, er liegt bei 8,5 Prozent - in eine Versicherung ein. Dort können dann alle Leistungen finanziert werden. Leider ist die Schweiz in ihrem Gesundheitswesen nicht so weit gekommen, diesen Satz umzusetzen.
Stellen Sie sich gegen eine Aufteilung in Pflicht- und Wahlleistungen, denn dies führt in ein Gesundheitswesen, wie wir es aus den USA kennen. Dort werden große Teile der Bevölkerung zweit- oder drittklassig behandelt.

Ich danke Ihnen.

(Vereinzelt Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Herr Kollege Lorenzen. - Der nächste Redner ist Herr Dr. Zollner aus Baden-Württemberg.

© 2002, Bundesärztekammer.