Haus, Nordrhein:
Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich für diesen
Punkt die drei Minuten Redezeit benötige. Es geht um etwas,
was Herr Professor Hoppe heute in seiner Rede angesprochen hat,
und zwar - im engsten Sinne - um den Missbrauch des Arzt-Patienten-Verhältnisses,
im engsten Sinne um den Missbrauch des ethischen Selbstverständnisses
des Arztes. Ich spreche von Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung
bei Arzneimitteln.
Wir hatten die Arzneimittelbudgets, die uns sehr gequält haben.
Wir mussten den Patienten verständlich machen, dass wir mit
unserem Honorar am Ende des nächsten oder übernächsten
Jahres vielleicht für Überschreitungen einstehen müssen.
Die Budgets sind beseitigt, nun haben wir die Richtgrößen.
Auch hier besteht weiterhin die Gefahr von Regressen. Auch hier
müssen wir sicherlich im Einvernehmen mit unseren Patienten
weiter sparen.
Was in einzelnen KVen - ich spreche hier insbesondere von meiner
Heimat-KV, nämlich Nordrhein - geschieht, ist im Sinne des
Gesetzes eine begrenzende Maßnahme für die Arzneimittelverordnung
in einem ganz besonderen System. Wie diese Arzneimittelbegrenzungen
ausgestaltet sind, muss von jeder KV mit dem Vertragspartner, den
Krankenkassen, ausgehandelt werden.
Ich bitte Sie, dieses System, das ich Ihnen anschließend kurz
erläutern möchte, mit mir zusammen als unethisch und unärztlich
abzulehnen. Darum bitte ich Sie. Es geht um eine Modifizierung,
dass der Arzt, der am Ende eines bestimmten Zeitraums dem Vertragspartner
gegenüber Einschränkungen seiner Arzneimittelverordnungen
nachweisen kann, hinterher einen Bonus erhält.
Ich möchte Ihnen kurz meine persönlichen Erfahrungen schildern.
Ich habe mich zu Zeiten des Arzneimittelbudgets und der Regressdrohungen
bemüht, mit meinen Patienten bei Verordnungen dann zu Übereinstimmungen
zu kommen, wenn es möglich war. Ich habe versucht, Generika
einzusetzen, ich habe mich bemüht, möglichst überhaupt
keine Medikamente einzusetzen, wenn es nicht unbedingt erforderlich
war. Wie stehe ich in einem solchen System da? Wenn ich nunmehr
meinen Patienten sage, es ist nicht nötig, dass Sie dieses
oder jenes Medikament nehmen, sondern ich empfehle Ihnen dieses
oder jenes viel billigere Präparat - wir können es zusammen
ausprobieren -, dann wird mich der Patient anschauen und sagen:
Frau Doktor, was verdienen Sie denn dabei?
Das ist eine für mich unhaltbare Situation. Das ist der Eintritt
in kombinierte Budgets. Das kann noch weitergehen in Richtung Krankenhauseinweisung,
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung usw. Es kann der Einstieg
sein.
Ich bitte Sie: Wehren Sie den Anfängen! Auf der anderen Seite
gibt es gute Gründe, den Ärzten etwas mehr Geld für
das zu geben, was sie täglich zu erledigen haben, nämlich
um diese Einsparungen zu ringen. Aber das ist der falsche Weg.
Bayern hat einen ähnlichen Weg gewählt, aber auf freiwilliger
Basis. Dort ist der Arzt selbst dafür verantwortlich, auf welche
Weise er sich mit seinen Arzneimittelverordnungen bindet. Ich werde,
ob ich will oder nicht, in meiner KV in dieses System hineinkommen.
Wem will ich dann noch klar machen, dass ich es mit meinen Einsparungen
ehrlich meine, nicht zu meinen Gunsten, sondern zugunsten der Allgemeinheit
und der Patienten? Folgen Sie bitte meinem Antrag.
Danke.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Frau Haus. - Der nächste Redner ist Herr
Dr. Zimmer aus dem Saarland.
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