TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 28. Mai 2002 Nur Nachmittagssitzung

Dr. Zimmer, Saarland:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zur Drucksache I-1 und möchte dem Kollegen Dietrich erwidern, und zwar als Arzt von der Basis und nicht als Jammerlappen. Im "Spiegel" hat ein Kollege geschrieben:

Ärzte sind heutzutage im Verhältnis zu ihrer Verantwortung, Qualifikation und Arbeitsbelastung eine von der gesetzlichen Krankenkasse billig und rücksichtslos verheizte Masse. Konsequenz dieses Sachverhaltes ist heute eine massenhafte Berufsflucht aus der kurativen Medizin.

Herr Kollege Dietrich, über Ihre Äußerungen zur GKV-Reform - sprich: Sicherstellungsauftrag - kann man mit Sicherheit diskutieren. Aber wenn, dann ehrlich und sagen: Okay, ich möchte das Sachleistungsprinzip verlassen und die Kostenerstattung einführen. Nichts anderes nämlich sollte das Verlassen der KVen mit sich bringen. Mir persönlich wären Verhältnisse wie in Frankreich am liebsten: Wir rechnen direkt mit dem Patienten ab. So viel zum Sicherstellungsauftrag hinsichtlich der KVen.

Die DRGs werden mit Sicherheit riesige bürokratische Monster, Ungetüme, die nur Vorteile für die Kassen bringen, nämlich Daten. Unsere Patienten werden davon nicht profitieren. Man kann auch sagen: Die DRGs sind ein anderes Instrument, um Patienten abzuwerben. Dies wird ja auch von einigen Krankenkassen so gesehen, die Angst haben müssen, Patienten zu verlieren.

Zur Fortbildung möchte ich Folgendes sagen: Ich kenne kaum einen Berufsstand, der sich so intensiv fortbildet wie wir Ärzte. Ich sehe das immer bei den Facharztprüfungen, bei denen manchmal die Eltern mitkommen und fragen: Wann hören die vielen Prüfungen für unseren Sohn eigentlich auf? Ich weiß nicht, ob es in Deutschland einen weiteren Berufsstand gibt, der sich so vielfältigen Prüfungen und Examina aussetzen muss wie wir Mediziner. Wenn dann noch eine Rezertifizierung verlangt wird, möglicherweise auch noch unter notarieller Aufsicht, dann frage ich Sie: Wer soll das bezahlen?

Zum medizinischen Fortschritt und dem so genannten medizinisch-industriellen pharmazeutischen Komplex: Da kann ich Ihnen teilweise zustimmen. Ich frage mich aber: Wer hat die Herren Sachverständigen gelenkt, als sie ihre DRGs erfunden haben oder die Leitlinien entwickelt haben? Wenn ich diese kritisch durchlese, frage ich mich manchmal: Hat nicht irgendein Sticks-Fabrikant oder ein Insulinproduzent mit daran gearbeitet? Insofern möchte ich die bereits auf dem Ärztetag 1999 geäußerte Auffassung wiederholen: Wir Mediziner bieten in Deutschland eine qualitativ hochwertige Medizin zu Dumpingpreisen. Dessen müssen wir uns bewusst sein.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank, Herr Kollege Zimmer. - Jetzt hat der erste Medizinstudent das Wort, Herr Daniel Thomas. Bitte schön, Herr Thomas.

© 2002, Bundesärztekammer.