TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 28. Mai 2002 Nur Nachmittagssitzung

Dr. Ottmann, Bayern:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf den Beginn des Ärztemangels lenken, nämlich auf die Studienabbrecher. Es gibt zum Glück jetzt eine hervorragende statistische Arbeit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die verschiedenen Facetten des Versorgungsproblems. In ihr steht, dass 20 Prozent unserer Studienanfänger das Studium vor ihrem Examen beenden. Diese Zahl ist im Steigen begriffen, aber die Ursache ist unbekannt. Ich habe den Antrag gestellt, dass eine Analyse erstellt werden muss. Wir müssen wissen, warum das Studium abgebrochen wird.

Es gibt Studenten, die Numerus-clausus-Fächer studieren, weil sie so gute Abiturnoten haben. Vielleicht sind das die Studienabbrecher. Andere absolvieren ein Parkstudium. Vielleicht sind sie die Studienabbrecher. Niemand kennt die Motive der Studienabbrecher.

Selbst wenn das Studium abgeschlossen wurde, verschwinden 20 Prozent und werden nicht einmal AiP. So kommen wir schon auf insgesamt 40 Prozent. Vorhin hat ein Kollege - er kommt offensichtlich aus den neuen Bundesländern - von 62 Prozent gesprochen. Das ist ja katastrophal; ich kann mir das kaum vorstellen.

Fakt ist, dass wir nicht wissen, warum das Studium abgebrochen wird. Wenn es stimmt, dass ein Medizinstudium bis zu 500 000 DM kostet, kann man sich ausrechnen, wie viele Millionen hier in den Sand gesetzt werden. Wenn es stimmt, dass der Numerus clausus zum Medizinstudium geführt hat, dann hat Herr Professor Lob Recht, wenn er sagt: weg mit dem Numerus clausus! Dann müssen sich die Universitäten ihre Studenten eben selber aussuchen.

Es gibt nach wie vor 12 000 Studienbeginner pro Jahr. Die Bewerbungsquote beläuft sich auf 1,7 : 1. Der große Abgang, der zu diesem Problem beiträgt, findet also in einem sehr frühen Stadium statt. Das hat noch nichts mit Frust im Klinikum zu tun oder mit Hierarchien und dergleichen.

Ich darf Sie herzlich bitten, in die Analyse einzusteigen, sonst kommen wir nicht weiter. Dort müssen wir ansetzen, damit wir wissen, was eigentlich mit unseren Studenten geschieht.
Vielen Dank, Herr Präsident.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Ebenfalls vielen Dank, Herr Ottmann. - Als nächste Rednerin bitte Frau Dr. Trittmacher aus Hessen.

© 2002, Bundesärztekammer.