TOP II : Individualisierung oder Standardisierung in der Medizin?

2. Tag: Mittwoch, 29. Mai 2002 Nachmittagssitzung

Dr. Hansen, Nordrhein:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich blicke ein wenig traurig auf die Jahre zurück, als ich hier als einfacher Delegierter sprechen konnte. Jetzt habe ich die Aufgabe, hin und wieder aus der KBV-Sicht etwas klarer Position beziehen zu müssen. Ich möchte das an dieser Stelle gern tun.

Herr Professor Kolkmann, herzlichen Dank für die klare Positionierung. Ich glaube, wir sind als Vertragsärzteschaft und als KBV an dieser Stelle in gar keiner Weise auseinander. DMP-Leid und DMP mit Datenverrat an den Patienten darf es mit uns nicht geben.

(Beifall)

Wir sollten klar sagen: Die Medizin wird von Ärztinnen und Ärzten definiert und das Arzt-Patienten-Verhältnis ist unantastbar. Ich glaube, da gibt es nichts zu diskutieren, darüber brauchen wir nicht weiter zu philosophieren. Das sei klar vorangestellt.

Sie haben Herrn Taupitz zitiert, der gezeigt hat, dass die Selbstverwaltung auf dem Prüfstand steht. Dazu möchte ich ein paar nachdenkliche Sätze sagen, weil die Selbstverwaltung sicherlich kein Selbstzweck ist.

Ich bin froh, in dieser Selbstverwaltung mitarbeiten zu können; denn sie hat - und hier sollten wir nichts schlechtreden, wie die Expertokraten das tun - 50 Jahre lang ganz entscheidend zum sozialen Frieden in dieser Republik beigetragen.

(Beifall)

Wir sind das einzige Land, in dem die Ärzte auf der Ebene der Selbstverwaltung ihre Interessen auf gleicher Augenhöhe vertreten können. In den anderen Ländern gibt es steuer- und staatsfinanzierte und entsprechend diktierte gesundheitspolitische Rahmenbedingungen. Ich glaube, das sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Alle, die Amt und Verantwortung tragen, leiden darunter, dass die Institution sehr janusköpfig geworden ist. Sie ist bei den Kolleginnen und Kollegen zunehmend unbeliebt, weil sie die Bürokratisierung und die Überreglementierung praktisch als Prellbock gegenüber der Politik aushalten muss. Auf der anderen Seite wissen wir, dass wir eine klare Interessenvertretung für die Kolleginnen und Kollegen, aber auch für die Patientinnen und Patienten betreiben müssen. Die Einzigen, die das mit entsprechender Nachhaltigkeit tun können, sind wir Ärzte.

Ich glaube, dass wir für den Erhalt der Selbstverwaltung kämpfen sollten. Wir sollten dieses System nicht schlechtreden, aber auch nicht starkreden, wenn dies nicht überzeugend ist. Wir sollten durch Sicherstellung der Handlungs- und Arbeitsfähigkeit dafür sorgen, dass unsere Stimme an den Stellen, wo es notwendig ist, weiterhin gehört wird. Es ist in dieser Zeit evident und materiell notwendig, unsere Stimme stark, einheitlich und gemeinsam zu erheben.

Danke schön.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank, Herr Hansen. - Als nächster Redner Herr Zimmer aus Nordrhein.

© 2002, Bundesärztekammer.