Dr. Eberle (als geladener Gast):
Sehr geehrter Herr Professor Hoppe! Liebe Kollegen und Kolleginnen!
Auch ich bedanke mich ganz herzlich für die Einladung. Wie
wir bereits mehrfach gehört und gelesen haben: Der derzeitige
Ärztemangel stellt für uns Ärztinnen eine Chance
dar, unserem prozentualen Anteil entsprechend in allen beruflichen
Bereichen vertreten zu sein. Wir Ärztinnen, heißt es,
stellen ein Potenzial dar, dessen differenzierte Erfahrungen und
vielfältige Qualifikationen sowie die biopsychosoziale Kompetenz
im Gesundheitswesen unverzichtbar sind.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es kann doch nicht sein, dass
dies erst in der Situation des Mangels ins Bewusstsein kommt und
möglicherweise nach Beseitigung des Mangels wieder in Vergessenheit
gerät!
(Beifall)
Erst wenn Sie, meine lieben Kollegen, wirklich dahinterstehen,
dass wir Ärztinnen genauso in der Patientenversorgung, der
Forschung und Lehre gebraucht werden, und zwar in entsprechendem
Anteil, gibt es für uns eine Chance, da Sie ja die Mehrheit
haben, unseren prozentualen Anteil dort zu erhöhen.
Ich glaube, wir müssen zum einen gegenseitig zu einer anderen
Wertschätzung der Arbeit kommen. Eine Familie zu managen ist
gleich schwierig und wertvoll, wie eine Klinik oder eine Praxis
zu managen.
(Beifall)
Das Wort Babypause ist unsinnig; von Pause kann da überhaupt
nicht die Rede sein.
(Beifall)
Wenn wir dies erreichen, werden auch unsere Kollegen, die in Vereinbarkeit
von Familie und Beruf Kindererziehungszeiten zu Hause nutzen, nicht
mehr belächelt, wie wir vorhin gehört haben. Aber wir
wollen auch nicht, dass der Karriereknick die männlichen Kollegen
betrifft; denn wir wollen ja, dass überhaupt niemand einen
Karriereknick erleiden muss, wenn er die Vereinbarkeit von Beruf
und Familie erreicht.
Deshalb stehen wir heute hier, um zu versuchen, die Rahmenbedingungen
zu verbessern, die, wie wir gehört haben, geregelte Arbeitszeit,
gesicherte Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeitmodelle und auch
eine abgeschlossene Weiterbildung beinhalten, die für jede
weitere Karriere Voraussetzung ist.
Die derzeitige Stellensituation gibt uns nicht nur die Chance,
dies zu fordern, sondern unsere Forderungen auch wirklich durchzusetzen.
Wie Sie wissen, bin ich im Bundesvorstand des Marburger Bundes
für die Ärztinnenbelange zuständig. Ich bin froh,
dass der Marburger Bund mit seinen 30 000 Ärztinnen uns den
großen Vorteil bietet, dass wir eingebunden sind mit unseren
männlichen Kollegen. Es gibt gemeinsame spezifische Ziele und
Erfolge. Aber wir müssen natürlich auch, um die Erwartungen
zu erfüllen, an uns selbst arbeiten. Der Marburger Bund bietet
Mentoring-Programme an. Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns
nicht verschließen, dass wir Netze bilden und dass wir unsere
eigenen Qualitäten herauszuarbeiten und zu fördern versuchen.
(Beifall)
Für alle Erfolge brauchen wir aber auch Sie, meine lieben
Kollegen, vor allem diejenigen, die unsere Sichtweise teilen. Sie
haben, wie gesagt, die Mehrheit in den beruflichen Bereichen. Helfen
Sie mit, dass hierarchisches Denken und Mobbing bald der Vergangenheit
angehören, für eine gemeinsame Zukunftsperspektive der
Medizin.
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Frau Eberle. Frau Eberle ist auch stellvertretende
Vorsitzende des Ausschusses "Ärztinnen" der Bundesärztekammer,
also ständige Vertreterin von Frau Dr. Bühren. - Die nächste
Wortmeldung kommt von Frau Dr. Machnik aus Schleswig-Holstein, Vizepräsidentin
der dortigen Ärztekammer.
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