TOP IV : Zukunft der hausärztlichen Versorgung

2. Tag: Mittwoch, 29. Mai 2002 Nachmittagssitzung

Dr. Hoffart, Berlin:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das nennt man Galgenhumor: Kaum hat man die Allgemeinmedizin in Deutschland auf internationales Niveau gehoben, wird sie auch schon wieder begraben. Dazu auch noch lebendig begraben, denn seit der Ärztetag das Initiativprogramm erzwungen hat, ist die Allgemeinmedizin aufgeblüht. In Berlin haben wir die Zahl der Facharztprüfungen innerhalb kürzester Zeit verdreifachen können.

Herr Professor Hoppe hat noch im letzten Jahr zugesichert, dass die Allgemeinmedizin auf diesem Ärztetag nicht zur Disposition steht. Der Herr Präsident ist ein ehrenwerter Mann; er muss schon sehr gute Gründe dafür haben, dass sein Wort heute nicht mehr gilt. Natürlich ist es so, dass die Politik der Selbstverwaltung im Nacken sitzt; denn einen Hausärztemangel kann sich keine Regierung leisten.

Daran, dass es so gekommen ist, sind die Ärztekammern nicht ganz unschuldig. Die Gesellschaft hat die Hoheit der Gestaltung der Berufsstrukturen und die Weiterbildungshoheit der Selbstverwaltung übertragen. Das Resultat war aber, dass wir in Berlin bis vor kurzer Zeit weit mehr Anästhesisten weitergebildet haben als Allgemeinmediziner, dass die Weiterbilder in den Kliniken kaum Hausärzte weiterbilden, weil sie den persönlichen Vorteil über das Gemeinwohl stellen.

In dieser Situation werden nun Modelle entwickelt, die den Allgemeinmediziner abschaffen wollen, denn der Arbeitstitel des Kompromissmodells der Bundesärztekammer lautet: Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sozialrecht, Vorgaben der Gesellschaft und Weiterbildungsrecht müssen schon kompatibel sein. Der Hausarzt der Zukunft ist der Arzt für Allgemeinmedizin. Ich erinnere an Beschlüsse dieses Gremiums und an Beschlüsse der Gesundheitsministerkonferenz.

Auf der anderen Seite gilt: Inhaltlich und strukturell können wir, kann ich dieses Kompromissmodell der Bundesärztekammer mittragen, mit viel Bauchschmerzen, aber der innerärztliche Frieden ist uns sehr viel wert. Schaffen wir das nicht, wird uns die Gesellschaft die Gestaltung des Weiterbildungsrechts entziehen.

(Vereinzelt Beifall)

Die KVen sind bereits sturmreif geschossen. Bewahren Sie die Kammern vor diesem Schicksal!

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank, Herr Hoffart. Ich sehe keine Abschaffung der Allgemeinmedizin, sondern ich sehe eine Weiterführung der Allgemeinmedizin in einer anderen Form.

(Beifall)

Deswegen glaube ich nicht, dass man sagen kann, dass wir hier heute die Allgemeinmedizin abschaffen. Daran würde ich mich nicht beteiligen, nicht einmal an einer Diskussion darüber. Dabei bleibe ich. - Jetzt bitte Herr Zimmer aus Nordrhein.

© 2002, Bundesärztekammer.