Dr. Scherf, Hamburg:
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich
bin traurig, als Internist an dem schlechten Requiem für die
Innere Medizin teilnehmen zu müssen.
(Beifall)
Der Internist soll zerschlagen werden, maritim ausgedrückt:
Kiel geholt werden. Das geschieht aus honorarpolitischen Gründen
in Zeiten des Honorarschwunds und des Konkurrenzneids.
Wo ist die Legitimation dieses Ärztetages zur Zerschlagung
des Internisten, zur Zwangsverpflichtung zu einem nur Schwerpunktinternisten?
(Vereinzelt Beifall)
Zerschlagen werden soll die vormalige Königin der Medizin.
(Widerspruch)
In revolutionären Zeiten, in Zeiten des Neids war es in der
Historie immer beliebt, angeordnet von Personen, die sich persönlich
etwas davon versprachen, zum Bildersturm aufzurufen. Die Revolutionäre,
die Sansculotten, fanden sich, die zuschlugen, stolz mit Bruchstücken
vormals bedeutender Figuren um sich warfen - wir sehen sie heute
wehmütig staunend im Museum - und sich rühmen durften,
dabei gewesen zu sein.
Die Chirurgie wurde so zerschlagen zu Subspezialitäten. Die
Trauerarbeit und die Aufräumarbeit läuft noch.
Ich stelle mir vor, es lägen heute Anträge vor, dass
aus Honorarverteilungserwägungen die Hornhaut von der Ophthalmologie
der Dermatologie übertragen werden soll, der Hoden aus urologischen
Händen zur Endokrinologie, Ohr und Gehör zur Neurologie.
Ich fürchte, es würden sich schnell Mehrheiten dafür
finden, wenn diese Problematik zwischen den streitenden Parteien
- die jeweils 130 000 Internisten und Allgemeinärzte sind vor
der Kammer als im Clinch befindliche Figuren abgebildet; schauen
Sie sich das an - zum Überdruss aller Unbeteiligten nur lange
genug nervend diskutiert worden wäre und sie somit endgültig
vom Tisch müsste.
(Vereinzelt Beifall)
Stimmen Sie nicht dem Kompromiss der Bundesärztekammer zu.
Er ist weniger zukunftsträchtig als das Alternativ-Konvergenz-Modell.
80 Prozent der Erkrankungen im Hausarztbereich betreffen die Innere
Medizin. Diese sollen nun in zwei Jahren Stationsdienst erlernt
werden, wobei hauptsächlich nur Verwaltungsarbeit verrichtet
wird, wo man vom Nachtdienst übermüdet ist, wie uns der
Marburger Bund glaubhaft versichert. Haben Patienten und Öffentlichkeit
nicht Anspruch auf eine Hausarztausbildung, die sich an Qualität
und den tatsächlichen medizinischen Anforderungen orientiert?
(Vereinzelt Beifall)
Das Konvergenzmodell der Deutschen Gesellschaft für Innere
Medizin und des BDI erfüllt das für Praxis und Klinik.
Es ist durchdacht und ungetrübt von der Dialektik der Verteilungskampfes,
ist zukunftsweisend und attraktiv für den Hausarzt der Zukunft.
Leider finden aber nun einmal einfacher gestrickte, nicht ganz zu
Ende gedachte Alternativmodelle ihre Mehrheiten. Nur im Falle seiner
eigenen Erkrankung wünscht sich jeder von Ihnen den internistischen
Generalisten als behandelnden Arzt. Für Sie wird es ihn nicht
mehr geben.
Vielen Dank.
(Beifall)
Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank. - Als nächster Redner bitte Herr Dr. Mayer
aus Bayern.
|