TOP IV : Zukunft der hausärztlichen Versorgung

3. Tag: Donnerstag, 30. Mai 2002 Nachmittagssitzung

Dr. Montgomery, Vorstand der Bundesärztekammer:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Freund Massing hat vorhin einen Vergleich in Bezug auf Jörg Hoppe gebracht, den er der Bibel entlehnt hat. Er hat gesagt: Jörg Hoppe ist vom Saulus zum Paulus geworden. Nun will ich bekennen, dass ich nach der Diktion von Herrn Massing wohl auch zu denen gehöre, die vom Saulus zum Paulus geworden sind.

(Beifall)

- Klatschen Sie nicht zu früh!

Ich sehe das überhaupt nicht so. Wenn sich der Marburger Bund auf seiner Hauptversammlung mit ganz großer Mehrheit für das Kompromissmodell der Bundesärztekammer entschieden hat, hat er das aus denselben Motiven heraus getan, aus denen heraus er in der Vergangenheit überbordende Vorstellungen, wie lang die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin dauern müsste, abgelehnt hat.

Ich will Ihnen die Maximen kurz nennen. Frau Mehlhorn, Sie haben von einem elfjährigen Kampf gesprochen. Sie kennen nur diese elf Jahre des Kampfes; insgesamt gesehen hat der Kampf viel länger gedauert. Im Westen haben wir seit 1979 über dieses Problem gestritten. Der Marburger Bund hatte stets vier Ziele, die er immer durchgehalten hat und auch heute noch durchhält. Die eine Maxime ist die Machbarkeit der Weiterbildung für die jungen Leute. Es muss möglich sein, auf diese Art und Weise Weiterbildung zu machen und hinterher damit etwas anfangen zu können. Die zweite Maxime heißt Flexibilität. Wir können dem jungen Studenten nicht abverlangen, dass er sich am ersten Tag, an dem er in die Klinik und in die Weiterbildung eintritt, für den Rest seines Lebens festlegt. Irrungen und Wirrungen sind mannigfaltig. Ich bin ein verhinderter Neurochirurg und bin heute glücklicher Radiologe. So müssen wir auch vielen anderen die Chancen geben, auf der Strecke ihrer beruflichen Tätigkeit auch andere Wege zu beschreiten.

Die dritte Maxime ist die EU-Kompatibilität. Wir müssen zusehen, dass die Modelle EU-kompatibel und EU-portabel sind. Das Modell der Bundesärztekammer erfüllt diese Voraussetzungen.

Die vierte und entscheidende Maxime des Marburger Bundes lautete immer: Zukunftssicherheit für die jungen Kolleginnen und Kollegen, die diese Form der Weiterbildung betreiben wollen. Auch das Modell der Bundesärztekammer bietet Zukunftssicherheit. Deshalb haben wir uns mit so großer Mehrheit dazu entschlossen und fühlen uns überhaupt nicht vom Saulus zum Paulus gewandelt, sondern in konsequenter Vertretung der Interessen unserer Mitglieder.

Deshalb bitte auch ich Sie, dem Vorstandsantrag IV-1 zuzustimmen, damit wir endlich auf diesem Wege zu einer friedlichen Kompromisslösung kommen, die uns allen am Ende die Chance einer gewissen Diskussionsfreiheit zu diesem Thema erlaubt.

(Beifall)

Lassen Sie mich abschließend noch eine Bitte anschließen. Ich möchte Sie auffordern, die Kurse abzuschaffen. Wir müssen nämlich auch daran denken, dass es heute sehr schwer ist für die jungen Kolleginnen und Kollegen, solche Kurse zu absolvieren. Sie stellen auch eine weitere ökonomische Belastung dar. Sie müssen sie bezahlen. Es muss möglich sein, innerhalb von fünf Jahren diese Weiterbildungsinhalte zu erfüllen, ohne 80 Stunden Kurs, die man bezahlen muss, draufzusatteln. Ich appelliere hier auch an unsere Kolleginnen und Kollegen von der Allgemeinmedizin, dass sie uns in diesem Punkt entgegenkommen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Herr Montgomery. - Der nächste Redner ist Herr Lang aus Hessen.

(Zuruf Dr. Windhorst, Westfalen-Lippe)

- Jetzt bin ich einmal streng: Geschäftsordnungsanträge müssen schriftlich eingereicht werden. Ich hatte Herrn Lang bereits aufgerufen, aber danach sind Sie an der Reihe, Herr Windhorst.

Bitte schön, Herr Lang.

© 2002, Bundesärztekammer.