TOP VI : Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer

4. Tag: Freitag, 31. Mai 2002 Vormittagssitzung

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Wir kommen nunmehr zur Behandlung des Antrags auf Drucksache VI-38. Hier ist bereits eine Vorstandsüberweisung beantragt. Gibt es eine Gegenrede? - Bitte schön, Herr Kollege.

N. N.:

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich bin als Kinderarzt natürlich dafür, die Präventionsmaßnahmen zu verstärken. Ich bin aber dagegen, dass die Aufnahme im Kindergarten zwingend an die Vorschrift gebunden ist, dass alle Impfungen erfüllt sind. Das würde, glaube ich, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe benachteiligen. Ich möchte den Text vorschlagen, dass die Präventionsmaßnahmen dadurch verbessert werden können, dass bei der Aufnahme im Kindergarten alle darauf hingewiesen werden, verstärkt auf die Impfungen zu achten, dass nachgeschaut wird, ob alle Kinder daran teilgenommen haben, dass in Zusammenarbeit mit den Kinderärzten die Impfungen vermehrt durchgeführt werden. Es sollte aber nicht zwingend vorgeschrieben werden, dass alle Impfungen erfolgt sind.

Damit würden einige benachteiligt. Ich finde das Wesentliche dabei, dass während der Zeit im Kindergarten überprüft wird, ob die weiteren Impfungen erfolgen. Der hier vorliegende Text ist für mich zu starr. Ich bitte Sie, diesen Antrag abzulehnen.

(Vereinzelt Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank. - Jetzt bitte Herr Dr. Rudolph aus Hessen als Antragsteller.

Dr. Rudolph, Hessen:

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Bekanntlich ist die Prävention ein wesentlicher Bestandteil des ärztlichen Handelns. Häufig steht jedoch die Therapie im Vordergrund. In diesem Zusammenhang wird oft der Ruf nach mehr finanziellen Mitteln laut. Dabei kann jedoch durch minimale steuernde Anreize das gesundheitsfördernde Verhalten unterstützt werden, ohne dass diese Kosten entstehen. Gerade Impfungen gehören bekanntermaßen zu den wirksamsten Maßnahmen der Prävention.

Trotzdem gibt es nach wie vor Impflücken und erhebliche Abweichungen von den empfohlenen Maßnahmen der STIKO. Vor diesem Hintergrund befürworte ich - nur dann kann der Begriff der Prävention aus seinem Schattendasein herauskommen - durchaus lenkende Maßnahmen, die ohne weiteres möglich sind. Der Antrag beschränkt sich ja auf die Plätze in kommunalen und in staatlichen Händen. Er bezieht sich nicht auf Verbände oder Kirchen. Ich bitte um Zustimmung.

(Vereinzelt Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Danke schön. - Ich frage Frau Rechtsanwältin Wollersheim, ob sie das mit der Verfassung für vereinbar hält, da wir doch alle freie Bürger sind und auch eine freie Meinung haben. Man kann sich auch dazu entschließen, nicht gesund zu sein.

Bitte, Frau Rechtsanwältin.

Wollersheim, Justiziarin der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung:

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus rechtlicher Sicht besteht hinsichtlich der Verknüpfung der Vergabe von Kindergartenplätzen, die aus dem Elternrecht - Art. 6 des Grundgesetzes - abgeleitet werden, mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit eine aus meiner Sicht nicht aufzulösende Kollision, sodass ich erhebliche rechtliche Bedenken habe, dass die Vergabe von Kindergartenplätzen mit der Durchführung von Impfungen verknüpft wird.

(Beifall)

Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank.

(Zuruf: Nichtbefassung!)

- Es wird Nichtbefassung beantragt. Wer möchte sich mit diesem Antrag abstimmungsmäßig nicht befassen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist Nichtbefassung beschlossen. Wir haben über den Antrag nicht abgestimmt. Inhaltlich haben wir ihn natürlich zur Kenntnis genommen.

© 2002, Bundesärztekammer.