TOP I : Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 20. Mai 2003 Nur Nachmittagssitzung

Dr. Mayer, Bayern:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Zusammenbruch des Ostblocks hat zu einer Annäherung der Systeme geführt: Im Osten, insbesondere in der ehemaligen Sowjetunion, darf es etwas mehr Demokratie sein, im Westen macht man Tor und Tür auf, um Merkmale der Diktatur, nämlich Überwachung und Kontrolle, zu etablieren. Blockwartdenken und Denunziantentum werden damit Tor und Tür geöffnet.

Das tangiert nicht nur uns Ärzte, das tangiert alle Bürger dieses Landes. Es wundert mich, dass es in diesem Lande, wenn es um solche Dinge geht, noch immer so ruhig ist, dass insbesondere die Presse hier kein Betätigungsfeld findet, um das den Bürgerinnen und Bürgern dieses Staates offenkundig zu machen.

(Beifall)

Unabhängig davon stellt die Arzt-Patient-Begegnung einen der letzten Freiräume dar, wo sich zwei Individuen unkontrolliert beobachtet begegnen können. Der andere Bereich, nämlich der kirchliche, der religiöse Bereich, ist weit gehend nicht mehr in Funktion. Wir brauchen ja nur die Zahl der Kirchenaustritte und den Mangel an Priestern zu registrieren.

Kein Wunder, dass die Politik daran interessiert ist, auch noch diesen letzten Freiraum auszuräumen, zu vernichten. Am Ende der gestrigen Eröffnungsveranstaltung wurde ich von einem Gast gefragt, ob unser Präsident auch noch Gespräche mit der Ministerin führen würde. Schön wär’s! Das ist leider nicht Usus. Selbst wenn es Usus wäre, müsste man fragen: Wie kann eine Ministerin, die sich in ihren Gesetzen wie in einem Irrgarten bewegt, fachkundige Gespräche führen?

Herr Präsident, Präsidentinnen und Präsidenten der Landesärztekammern, ich appelliere an Sie: Wenn das in diesem Gesundheitsreformgesetz vorgesehene Kontrollsystem so kommen soll, wie es angekündigt ist, müssen wir Ärzte auf die Straße gehen. Das sind wir den Bürgern dieses Landes schuldig.

(Beifall)

Dann müssen wir auch zu dem letzten Mittel, das zur Verfügung steht, greifen, nämlich dem Streik.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Danke sehr, Herr Mayer. Der nächste Redner ist Herr Massing aus Westfalen-Lippe.

© 2003, Bundesärztekammer.