Bodendieck, Sachsen:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich
denke, wenn wir über die 15 Euro Eintrittsgebühr für die fachärztliche
Behandlung sprechen, sind das für den Patienten Peanuts. Es wird ihn sicherlich
aufbringen, das bezahlen zu müssen, aber er wird es tun.
Um Veränderungen in der Struktur zu erreichen, bedarf es
anderer Mechanismen. Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir wieder ein
Verantwortungsbewusstsein auch für unsere Patienten erreichen können. Bei den
in den letzten Monaten unterzeichneten DMP-Verträgen
in der ambulanten Versorgung sehe ich immer nur den Arzt in der Verantwortung:
Er soll die Patienten beraten, er soll die Patienten schulen, er soll mit den
Patienten quasi Verträge aushandeln, er soll Behandlungsziele festlegen. Der
Patient entscheidet, was gemacht werden soll, aber der Arzt ist dafür
verantwortlich.
Ganz pragmatisch gesprochen: Ich kann doch nichts dafür,
wenn der Patient am Ende eine andere Salbe auf seine entzündeten Zehen
schmiert, als ich ihm verordnet habe, und die Zehen dann abgeschnitten werden
müssen! Aber ich soll das verantworten. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf
die Ausführungen von Herrn Professor Englert auf dem außerordentlichen
Deutschen Ärztetag. Dieser Vortrag ist mir - dies als kleine Replik - sehr
aufgestoßen. Ich denke, das ist vielen hier im Raum so gegangen.
Mir fehlt in diesem Gesetzentwurf, dass die
Verantwortlichkeiten geregelt sind. Das unterstützt natürlich die
Misstrauenskultur. Die Patientenhoheit soll durchaus gestärkt und gesichert
werden, aber nicht so, dass der Patient entscheidet und wir dafür die
Verantwortung tragen. Das ist dann so wie im Pflegeheim, wo aus Kostengründen
nur noch Hilfspersonal eingesetzt wird und für 50 Schwerstpflegebedürftige
eine einzige Krankenschwester da ist. Der Doktor möge rennen und springen, weil
die Hilfskräfte nicht einmal mehr entscheiden können, dass die multimorbide
Patientin wegen eines leichten Fiebers ein Paracetamolzäpfchen
bekommen muss. Da wird am Ende der Doktor mitten in der Nacht angerufen und
muss eine Entscheidung treffen. Er muss es auch noch durch seine Unterschrift
dokumentieren, denn eine Anweisung per Telefon reicht nicht aus.
So können wir am Ende kein Geld sparen. So kann das auch
nicht weitergehen.
Dasselbe gilt für den Korruptionsbeauftragten. Ich stelle
nochmals die Frage: Welcher Beauftragte kontrolliert die Krankenkassen? Es
sollte aus meiner Sicht keine Pflichtversicherung, sondern eine
Versicherungspflicht geben. Wir sehen doch, was die so genannten gesetzlichen
Krankenversicherungen mit dem Geld der Versicherten anstellen, solange es eine
Pflichtversicherung gibt. Aus meiner Sicht ist das Problem mit einer
Versicherungspflicht besser gelöst.
Danke schön.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Vielen Dank, Herr Bodendieck. Der nächste Redner ist Herr Dr. Junker aus
Westfalen-Lippe.
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