TOP II : Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung

2. Tag: Mittwoch, 21. Mai 2003 Nachmittagssitzung

Dr. Beyerle, Nordrhein:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Rostocker Ärztetag 2002 hat zwei Beschlüsse gefasst: zum einen, dass der Facharzt für die hausärztliche Versorgung neu zu ordnen ist, zum anderen, dass das Gebiet der Inneren Medizin zu erhalten ist. Beide Beschlüsse liegen vor, und zwar zum einen in der Form des Facharztes für Innere und Allgemeinmedizin (hausärztliche Medizin), aber wir vermissen den zweiten Teil. Dieser ist relativ einfach umzusetzen, würde uns also keine große Mühe kosten.

Der vorliegende Beschluss im fachärztlichen Bereich lässt den Facharzt für Innere Medizin ohne Schwerpunkt entfallen. Wir haben in Zukunft nur noch Ärzte für Innere Medizin/Endokrinologie, Gastroenterologie usw. Denjenigen, den wir heute etwas liebevoll als Generalisten bezeichnen, gibt es nicht mehr. Daran gibt es keinen Zweifel. Die Aussage, aber auch der Schwerpunktler macht natürlich auch Innere Medizin automatisch mit, ist aus unserer Sicht ein nicht ausreichender Ersatz für das, was wir in der Präambel der Weiterbildungsordnung verlangen, nämlich eine umfassende Weiterbildung. Das kann es aus unserer Sicht nicht sein.

Wir sehen also in dem schönen Gebäude, das Sie, Herr Koch, uns gezeigt haben, einige Fenster und Türen in einem Flügel ohne Angel, denn der Dreh- und Angelpunkt unseres Fachs ist der Internist ohne Schwerpunkt. Als Angel gibt es nur noch die einzelnen Teilgebiete oder Schwerpunkte. Da müssen wir vom Architekten etwas Nachbesserung verlangen.

Nun heißt es: Habt euch nicht so, es gibt sowieso hauptsächlich nur noch Schwerpunktler. Wir haben in die Statistik der Bundesärztekammer geschaut - wir sitzen hier ja an der Quelle, falls die Zahlen kritisch hinterfragt werden sollten - und festgestellt, dass von den rund 37 000 berufstätigen Internisten 27 300, also 74 Prozent, ohne Schwerpunkt sind. Das sind die heutigen Generalisten. 18 000 sind ambulant niedergelassen, davon 14 000 ohne Schwerpunkt.

Ich komme zu den Zahlen aus den Kliniken. Stationär im Angestelltenverhältnis sind von 16 245 Internisten 10 000 ohne Schwerpunkt, von 3 119 Chefärzten sind 1 500, also 48 Prozent, ohne Schwerpunkt.

Das ist die heutige Lage entsprechend dem Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer für das Jahr 2002. Wir würden die Mehrzahl bis in die Kliniken hinein, vor allem in den Kliniken, plötzlich von ihrem Nachwuchs in diese Strukturen hinein abschneiden, da wir nur noch Schwerpunktinternisten sozusagen nachliefern würden. Das heißt, den Kliniken bräche letztendlich der Mittelbau weg. Es gibt ja nicht überall eine Maximalversorgung, wo man sich alle Schwerpunkte leisten kann. Auf dem flachen Land, in kleineren Einheiten ist dies einfach nicht darstellbar.

Wir müssen uns auch fragen: Wer versorgt in der Peripherie, wenn der Schwerpunktler die internistische Versorgung mit übernimmt, aber auch die Haftungsprobleme, die ja mit der Einweisung in ein Krankenhaus auf Facharztstandard entstehen, befriedigen soll? Wie soll er das machen? Eine akute Darmblutung löst nicht nur beim Patienten, sondern auch beim Arzt einen Adrenalinstoß aus. Ob das ausreicht, damit der leitende Endokrinologe, der hier gerade tätig ist, dieses auch behandeln kann, möchte ich doch bezweifeln.

Deshalb erbitten wir von Ihnen, den zweiten Teil des Beschlusses so umzusetzen, dass der Internist ohne Schwerpunkt auch in Zukunft erhalten bleibt. Mit dieser Bitte stehen wir nicht allein. Ich stehe hier auch nicht als Vertreter eines Berufsverbands, sondern als Internist und jemand, der mit vielen, die sich mit dem Fach befassen, gesprochen hat. Gegen den Wegfall des Internisten ohne Schwerpunkt ist beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, die 120 Jahre alt ist. 22 Vorsitzende der Kongresse der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin sind dagegen. Dagegen ist auch der BDI mit 27 000 von 37 000 Internisten. Es hat sich auch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften dagegen ausgesprochen, ebenfalls der Ausschuss Medizin des Wissenschaftsrats.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die zwar als Arbeitgeber vielleicht nicht beliebt ist, hier aber nicht Partei ist, erklärt in ihrem Rundschreiben 260/02:

Dieser Entwurf lässt die stationäre Versorgungsrealität in diesen Disziplinen außer Acht und hätte dramatische Auswirkungen auf die Struktur der Krankenhäuser und die Krankenhausplanung der Länder.

Sie sehen also, dass auch Außenstehende nicht nachvollziehen können, dass die Mehrzahl der Internisten sozusagen keinen Nachwuchs hat, bis in die Kliniken hinein.

Wir möchten Sie daher um den zweiten Teil des Beschlusses von Rostock aus dem Jahre 2002 bitten und haben dazu einen entsprechenden Antrag gestellt, der folgendermaßen lautet:

Unberührt von einem Weiterbildungsgang für zukünftige Hausärzte soll die Innere Medizin als einheitliche Facharztkompetenz mit einem Abschluss als Facharzt für Innere Medizin sowie einer hierauf aufbauenden Weiterbildung mit einer abschließenden Schwerpunktqualifikation erhalten bleiben. Selbstverständlich sind die Weiterbildungszeiten in der Inneren Medizin zu überprüfen und gegebenenfalls zu kürzen.

Ich möchte Sie als derjenige, der hier für die Internisten spricht, bitten, Ihr Wort einzulösen. Es ist im Jahre 2002 gegeben worden. Wir haben sozusagen den ersten Teil geliefert bekommen und bitten Sie, diesem vorgelesenen Antrag zuzustimmen, damit auch der zweite Teil realisiert wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

© 2003, Bundesärztekammer.