TOP II : Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung

3. Tag: Donnerstag, 22. Mai 2003 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Wir kommen zum Antrag 71. Danach soll die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin erhalten bleiben. Gibt es dazu eine Gegenrede? - Bitte, Herr Bicker aus Nordrhein.

Dr. Bicker, Nordrhein:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie bitten, diesen Antrag abzulehnen. Lassen Sie vergangene Ärztetage Revue passieren und überlegen Sie bitte: Was war ein Ziel der neuen Weiterbildungsordnung? Ein Ziel war die Deregulierung und die Abschaffung der Doppelbezeichnungen. Das ist der Status quo mit Arbeitsmedizin und Betriebsmedizin. Die bei der Bundesärztekammer angesiedelten Gremien für die Arbeitsmedizin haben sich wiederholt mit diesem Thema befasst, auch mit der Frage der Weiterbildungsstellen. Wir waren der Meinung, dass wir die Zusatzbezeichnung allein aus Bedarfsgründen nicht mehr benötigen, sondern dass wir sie aus Gründen der Qualitätssicherung abschaffen müssen. Diesem Beschluss haben sich auch der Berufsverband und die wissenschaftlichen Fachgesellschaften deutlich angeschlossen. Sie stehen alle dahinter. Von daher darf ich Sie bitten, diesen Antrag abzulehnen.

Die Wahrnehmung, dass es Engpässe geben wird, weil es nicht mehr genug Weiterbildungsstellen gibt, haben wir nicht. Die Weiterbildungsstellen verlagern sich, und zwar von den früheren Weiterbildungsstellen in den klassischen arbeitsmedizinischen Diensten der Großindustrie hin zu den Weiterbildungsstellen in den überbetrieblichen Diensten, die auch die Hauptlast der Kleinbetriebsbetreuung tragen. Von daher bitte ich Sie, den Antrag abzulehnen.

Danke.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Danke schön, Herr Bicker. Jetzt eine Befürwortung durch Herrn Birtel.

Dr. Birtel, Nordrhein:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte fünf Punkte auf das erwidern, was Herr Bicker ausgeführt hat:

Erstens. Die Qualität einer Weiterbildung hängt nicht ausschließlich von der Gesamtweiterbildungszeit, sondern wesentlich auch von der Qualität der pro Zeiteinheit vermittelten Weiterbildungsinhalte ab.

Zweitens. Die bisherige Zusatzweiterbildung konnte dies leisten. Herr Bicker, es gibt eine Prüfung, die Qualitätssicherung erfolgt durch Prüfungen der Ärztekammer des jeweiligen Landes.

(Vereinzelt Beifall)

Drittens. Es besteht ein Bedarf an medizinischer Versorgung der Betriebe. Es heißt doch „Betriebsmedizin“. Schon im Namen haben Sie den entsprechenden Begriff. Jetzt wollen Sie ihn abschaffen! Jeder Kleinbetrieb, auch jede medizinische Praxis, muss betriebsmedizinisch betreut werden.

Viertens. Nach der bisherigen Weiterbildungsordnung besteht die Möglichkeit, dies in freier Berufstätigkeit auszuüben. Es gibt also keine Niederlassungssperre. Sie können dies auch noch nach dem 55. Lebensjahr ausüben.

Fünftens. Die Betriebsmedizin kann bei der derzeit gültigen Regelung auch von Allgemeinmedizinern, von Internisten, auch von Chirurgen ausgeübt werden. Sie eignet sich beispielsweise auch sehr für Frauen, die in der Familienphase oder in der Kinderphase die Möglichkeit haben wollen, beruflich tätig zu sein.

Ich bitte Sie also, hier und heute zu entscheiden und den Antrag nicht an den Vorstand zu überweisen, denn dann wäre er ja in der geänderten Fassung durch. Ich werbe dafür, den Antrag von Frau Nigemeier und mir anzunehmen.

Danke.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank. Wir können jetzt über den Antrag auf Drucksache Nr. II-71 entscheiden. Es gibt keinen Antrag auf Vorstandsüberweisung. Also können wir gleich in der Sache entscheiden. Wer möchte dem Antrag 71, dass die Betriebsmedizin als Zusatzweiterbildung erhalten bleiben soll, zustimmen? - Wer möchte ihn ablehnen? - Das müssen wir auszählen. Ich frage also noch einmal: Wer möchte zustimmen? - Wer möchte den Antrag ablehnen? - Wer enthält sich? - Einige Enthaltungen. Der Antrag ist mit 112 gegen 77 Stimmen angenommen.

(Beifall)

Zur Geschäftsordnung jetzt bitte Herr Benninger.

© 2003, Bundesärztekammer.