Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der
Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Wir haben damit den
Tagesordnungspunkt III - Palliativmedizinische Versorgung in Deutschland -
abgeschlossen. Ich bedanke mich herzlich bei unserer Vizepräsidentin, Frau
Auerswald, Herrn Professor Klaschik und Herrn Dr. Schindler für ihre
Referate und wünsche ihnen alles Gute, besonders Herrn Professor Klaschik, weil
er in der Enquetekommission des Deutschen Bundestages, die sich mit ethischen
Fragen befasst, als Sachverständiger tätig ist.
(Beifall)
Radikaler Themenwechsel - andererseits aber auch nicht
ganz so radikal - zur versprochenen Verlesung des Briefs von Frau Ministerin
Schmidt. Er trägt kein genaues Datum, sondern nur „Mai 2003“. Er ist gestern
Abend über die Presse bekannt geworden und spät auch mir. Er lautet:
Sehr geehrter Herr Professor Hoppe,
in der Nachschau auf den Eröffnungstag
des 106. Deutschen Ärztetages ist mir aufgefallen, dass Sie betont großen Wert
auf die Behauptung legten, die Bundesregierung steuere mit der Gesundheitsreform
auf eine Rationierung medizinischer Leistungen zu.
(Beifall)
Und zwar werde die Rationierung auf
eine so geschickt verdeckte Weise bewirkt, dass sie sich den Menschen nicht
sofort erschließe.
(Lebhafter Beifall)
Sie wissen so gut wie ich,
- das ist kein Antrag, das ist der Brief von Frau Schmidt!
-
(Heiterkeit)
dass es meist vernünftig ist, die Dinge
erst einmal wirken zu lassen und im Zusammenhang zu betrachten, bevor eine rasche
Reaktion erfolgt.
Aber auch nach wiederholtem Nachlesen
kann ich nicht erkennen, dass dieser böse Vorwurf ein Ausrutscher im Eifer der
Debatte war, sondern dass er von Ihnen bewusst und wider besseres Wissen in die
Welt gesetzt wird.
(Buh-Rufe)
Mit der Strukturreform werden die
Voraussetzungen geschaffen, dass die verschiedenen Ärztegruppen künftig besser
miteinander kooperieren und jeder Euro im System nutzbringend verwendet wird.
Das hat mit Rationierung nichts zu tun.
Ich weise Ihren Vorwurf zurück. Wie Sie
wissen, lasse ich nicht zu, dass die Versicherten einer Rationierung
unterworfen werden. Im Gegenteil: Meine Politik steht dafür, den Kranken alle
medizinisch notwendigen Leistungen zukommen zu lassen - unabhängig vom
Geldbeutel und auf der Höhe der medizinischen Wissenschaft.
(Zuruf: Amen!)
Ich bin auch enttäuscht von Ihrem Verhalten, weil Sie in
einem freundlichen Brief an mich vom 15. Mai, der unser letztes Gespräch am
13. Mai bewertet, einen solchen zentralen und bösen Vorwurf nicht erhoben
haben. Im Gegenteil.
Ich bleibe dennoch bei meinem
Kooperationsangebot und wünsche mir, dass Sie den 106. Ärztetag über mein
Schreiben informieren.
Mit freundlichen Grüßen, Ihre Ulla
Schmidt
Das ist jetzt geschehen. Ich gebe zu: Ich freue mich, dass
sie uns geschrieben hat, und bin ein bisschen traurig, dass wir es gestern
Abend erst aus der Presse erfahren haben, bevor es bei uns angekommen ist. Das
weckt immer den Verdacht, dass die Öffentlichkeit der eigentliche Adressat ist
und der Empfänger nicht so wichtig ist.
(Beifall)
Aber ich glaube, wir sollten froh sein, dass sie die Rede
gleich mehrfach gelesen hat.
(Beifall -
Heiterkeit)
Das erzeugt ja irgendwann auch Nachdenklichkeit.
Ich wäre froh, wenn Frau Ministerin Schmidt sich bereit
finden könnte, unseren gestrigen Beschluss dem Deutschen Bundestag vorzutragen.
Das wäre im Gegenzug fair. Wir danken ihr auf jeden Fall für das Angebot des
Austauschs von Argumenten. Ich werde ihr auch schreiben, dass wir wahrnehmen,
die Kooperation fortzuführen und bei dieser Gelegenheit vielleicht in
Gesprächen in einer ruhigen Atmosphäre die Begründung für die Einstellung, die
wir gestern auch beschlossen haben, nachzuliefern.
Ich glaube nach wie vor, dass die Ministerin über die
Überschriften und über alle Einzelheiten Bescheid weiß, dass aber vielleicht
der Kontext der Zusammenschau und das Zusammenwirken aller Einzelheiten in der
politischen Szene noch nicht so gesehen werden, wie man das in der Auswirkung
sehen muss. Daran mitzuwirken bin ich gerne bereit. Ich denke, Sie unterstützen
das auch.
(Beifall)
Ich darf jetzt noch einige Begrüßungen vornehmen. Auch
heute ist der Ehrenpräsident der Bundesärztekammer und des Deutschen
Ärztetages, Herr Professor Vilmar, zugegen,
(Beifall)
ebenso das Ehrenmitglied des Vorstands, Herr Professor
Sewering,
(Beifall)
sowie - das sollten wir besonders würdigen - der
Ehrenpräsident dieses Deutschen Ärztetages, Herr Professor Bachmann.
(Beifall)
Herr Professor Bachmann kommt übrigens aus
Westfalen-Lippe. Dass wir Nordrheiner wieder einen Westfalen-Lipper gebeten
haben, die Ehrenpräsidentschaft zu übernehmen, zeigt die gute Freundschaft der
beiden Kammern.
Ferner begrüße ich Herrn Dr. Odenbach, den ehemaligen
Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, sehr herzlich.
(Beifall)
Meine Damen und Herren, wir kehren zum Tagesordnungspunkt
II zurück, der Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung. Wir waren
gestern bei Antrag 27 stehen geblieben, der mit 87 : 87 Stimmen nicht
angenommen wurde. Ich habe gehört, jemand wolle eine zweite Lesung zu diesem
Antrag beantragen. Ist das der Fall? - Bitte schön, Frau Auerswald.
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