TOP III : Palliativmedizinische Versorgung in Deutschland

3. Tag: Donnerstag, 22. Mai 2003 Vormittagssitzung

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Wir haben damit den Tagesordnungspunkt III - Palliativmedizinische Versorgung in Deutschland - abgeschlossen. Ich bedanke mich herzlich bei unserer Vizepräsidentin, Frau Auerswald, Herrn Professor Klaschik und Herrn Dr. Schindler für ihre Referate und wünsche ihnen alles Gute, besonders Herrn Professor Klaschik, weil er in der Enquetekommission des Deutschen Bundestages, die sich mit ethischen Fragen befasst, als Sachverständiger tätig ist.

(Beifall)

Radikaler Themenwechsel - andererseits aber auch nicht ganz so radikal - zur versprochenen Verlesung des Briefs von Frau Ministerin Schmidt. Er trägt kein genaues Datum, sondern nur „Mai 2003“. Er ist gestern Abend über die Presse bekannt geworden und spät auch mir. Er lautet:

Sehr geehrter Herr Professor Hoppe,

in der Nachschau auf den Eröffnungstag des 106. Deutschen Ärztetages ist mir aufgefallen, dass Sie betont großen Wert auf die Behauptung legten, die Bundesregierung steuere mit der Gesundheitsreform auf eine Rationierung medizinischer Leistungen zu.

(Beifall)

Und zwar werde die Rationierung auf eine so geschickt verdeckte Weise bewirkt, dass sie sich den Menschen nicht sofort erschließe.

(Lebhafter Beifall)

Sie wissen so gut wie ich,

- das ist kein Antrag, das ist der Brief von Frau Schmidt! -

(Heiterkeit)

dass es meist vernünftig ist, die Dinge erst einmal wirken zu lassen und im Zusammenhang zu betrachten, bevor eine rasche Reaktion erfolgt.

Aber auch nach wiederholtem Nachlesen kann ich nicht erkennen, dass dieser böse Vorwurf ein Ausrutscher im Eifer der Debatte war, sondern dass er von Ihnen bewusst und wider besseres Wissen in die Welt gesetzt wird.

(Buh-Rufe)

Mit der Strukturreform werden die Voraussetzungen geschaffen, dass die verschiedenen Ärztegruppen künftig besser miteinander kooperieren und jeder Euro im System nutzbringend verwendet wird. Das hat mit Rationierung nichts zu tun.

Ich weise Ihren Vorwurf zurück. Wie Sie wissen, lasse ich nicht zu, dass die Versicherten einer Rationierung unterworfen werden. Im Gegenteil: Meine Politik steht dafür, den Kranken alle medizinisch notwendigen Leistungen zukommen zu lassen - unabhängig vom Geldbeutel und auf der Höhe der medizinischen Wissenschaft.

(Zuruf: Amen!)

Ich bin auch enttäuscht von Ihrem Verhalten, weil Sie in einem freundlichen Brief an mich vom 15. Mai, der unser letztes Gespräch am 13. Mai bewertet, einen solchen zentralen und bösen Vorwurf nicht erhoben haben. Im Gegenteil.

Ich bleibe dennoch bei meinem Kooperationsangebot und wünsche mir, dass Sie den 106. Ärztetag über mein Schreiben informieren.

Mit freundlichen Grüßen, Ihre Ulla Schmidt

Das ist jetzt geschehen. Ich gebe zu: Ich freue mich, dass sie uns geschrieben hat, und bin ein bisschen traurig, dass wir es gestern Abend erst aus der Presse erfahren haben, bevor es bei uns angekommen ist. Das weckt immer den Verdacht, dass die Öffentlichkeit der eigentliche Adressat ist und der Empfänger nicht so wichtig ist.

(Beifall)

Aber ich glaube, wir sollten froh sein, dass sie die Rede gleich mehrfach gelesen hat.

(Beifall - Heiterkeit)

Das erzeugt ja irgendwann auch Nachdenklichkeit.

Ich wäre froh, wenn Frau Ministerin Schmidt sich bereit finden könnte, unseren gestrigen Beschluss dem Deutschen Bundestag vorzutragen. Das wäre im Gegenzug fair. Wir danken ihr auf jeden Fall für das Angebot des Austauschs von Argumenten. Ich werde ihr auch schreiben, dass wir wahrnehmen, die Kooperation fortzuführen und bei dieser Gelegenheit vielleicht in Gesprächen in einer ruhigen Atmosphäre die Begründung für die Einstellung, die wir gestern auch beschlossen haben, nachzuliefern.

Ich glaube nach wie vor, dass die Ministerin über die Überschriften und über alle Einzelheiten Bescheid weiß, dass aber vielleicht der Kontext der Zusammenschau und das Zusammenwirken aller Einzelheiten in der politischen Szene noch nicht so gesehen werden, wie man das in der Auswirkung sehen muss. Daran mitzuwirken bin ich gerne bereit. Ich denke, Sie unterstützen das auch.

(Beifall)

Ich darf jetzt noch einige Begrüßungen vornehmen. Auch heute ist der Ehrenpräsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages, Herr Professor Vilmar, zugegen,

(Beifall)

ebenso das Ehrenmitglied des Vorstands, Herr Professor Sewering,

(Beifall)

sowie - das sollten wir besonders würdigen - der Ehrenpräsident dieses Deutschen Ärztetages, Herr Professor Bachmann.

(Beifall)

Herr Professor Bachmann kommt übrigens aus Westfalen-Lippe. Dass wir Nordrheiner wieder einen Westfalen-Lipper gebeten haben, die Ehrenpräsidentschaft zu übernehmen, zeigt die gute Freundschaft der beiden Kammern.

Ferner begrüße ich Herrn Dr. Odenbach, den ehemaligen Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, sehr herzlich.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir kehren zum Tagesordnungspunkt II zurück, der Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung. Wir waren gestern bei Antrag 27 stehen geblieben, der mit 87 : 87 Stimmen nicht angenommen wurde. Ich habe gehört, jemand wolle eine zweite Lesung zu diesem Antrag beantragen. Ist das der Fall? - Bitte schön, Frau Auerswald.

© 2003, Bundesärztekammer.