TOP IV : Novellierung einzelner Vorschriften der (Muster-) Berufsordnung

4. Tag: Freitag, 23. Mai 2003 Vormittagssitzung

Dr. Kühn, Baden-Württemberg:

Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zum Antrag IV-4 zur verlängerten Befreiung von Müttern oder Vätern von der Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst. Hier ist eine Klarstellung erforderlich. Nachdem mein Antrag eingegangen ist, haben wir in der Vorlage IV-1            eine textliche Änderung. Ich meine, dass - das betrifft Seite 2 des Vorstandsantrags - die beiden letzten Zeilen des vierten Spiegelstrichs in § 26 Abs. 1 und der gesamte fünfte Spiegelstrich nicht beschlossen werden sollten, obwohl auf dem Ärztetag in Rostock ein entsprechender Antrag seine Mehrheit gefunden hat.

Meine Begründung lautet wie folgt. Erste Möglichkeit: Eine Ärztin, die niedergelassen ist, wird ein Jahr nach der Geburt des Kindes ihre Praxis voll weiterführen. Da gibt es keinen Grund, sie vom Notdienst zu befreien. Zweite Möglichkeit: Sie arbeitet im Jobsharing, volle Praxis. Die beiden Partner können jeweils hälftig den Notdienst übernehmen oder der eine Partner übernimmt etwas mehr, wenn der andere Partner etwas weniger übernimmt. Man vertritt sich also gegenseitig. Dritte Möglichkeit: Die Mutter reduziert ihre Praxis nachweisbar. Dann kann das innerhalb des Notfalldienstbezirks oder der Kreisärzteschaft geregelt werden. Vierte Möglichkeit: Die Ärztin beantragt das Ruhen der Praxis für ein oder zwei Jahre, was ja möglich ist. Dann ist sie selbstverständlich vom Notdienst befreit.

Generell ist das, was hier vorgeschlagen wird, für Großstädte und große Notfalldienstbezirke unnötig, weil die Kolleginnen und Kollegen relativ selten an die Reihe kommen und als Privatunternehmer durchaus jüngere Ärztinnen und Ärzte finden, die bereit sind, die Vertretung im Notfalldienst zu übernehmen. Für ländliche Bezirke ist dies eine Katastrophe, was ich in der Begründung zu meinem Antrag näher ausgeführt habe.

Zum Schluss möchte ich noch auf Folgendes hinweisen. Herr Professor Flenker hat gesagt: Es gibt Ärztinnen und Ärzte, die sich wegen des erforderlichen Notdienstes nicht niederlassen wollen. Kolleginnen und Kollegen, der ärztliche Notdienst ist ein integraler Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit.

(Beifall)

Wenn sich Kolleginnen und Kollegen wegen des Notdienstes nicht niederlassen wollen, dann wollen wir diese Kolleginnen und Kollegen auch nicht in der Praxis haben. Ihr Verhalten ist nicht ärztlich. Das wird in Zukunft wahrscheinlich auch für die Psychotherapeuten gelten, weil es bereits Nachfragen nach einem psychotherapeutischen Notdienst gibt.

Wir sitzen alle in einem Boot. Wir wollen in Deutschland mehr Kinder, wir wollen den Müttern und Vätern die Arbeit erleichtern, aber dieser Weg ist für einen freien Beruf der falsche Weg.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank, Herr Kollege Kühn. Als nächste Rednerin bitte Frau Kollegin Bühren.

© 2003, Bundesärztekammer.