TOP VIII : Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 2003/2004
(01.07.2003 - 30.06.2004)


3. Tag: Donnerstag, 22. Mai 2003 Nachmittagssitzung

Dr. Calles, Bayern:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf gleich auf meinen Vorredner eingehen. Er hat offensichtlich etwas falsch verstanden. Ich möchte lediglich, dass, wenn Gelder von Zwangs- oder Pflichtmitgliedern - je nachdem, wie man das sieht - verwendet werden, dies irgendwo im Haushalt verankert ist, dass es irgendwo eine Stelle gibt, von der aus Gelder abgezogen werden. Ich rede nicht von den vielen Spenden der Kolleginnen und Kollegen im Rahmen der Flutkatastrophe, sondern ich spreche jetzt von dem Geld, das aus der Haushaltskasse der Bundesärztekammer meiner Ansicht nach völlig zu Recht, aber nirgendwo verankert bezahlt worden ist.

Das beantwortet auch die Frage von Herrn Hansen. Wir reden hier nicht von zwei verschiedenen Dingen, sondern wir reden davon, dass völlig berechtigt und sinnvollerweise im letzten Jahr Gelder aus der Kasse der Bundesärztekammer an bedürftige Kollegen im Rahmen der Flutkatastrophe geflossen sind. Ich möchte, dass dies in Form eines Fonds geschieht, einer Haushaltsstelle. Dieser Fonds, diese Kontonummer soll selbstverständlich im Bedarfsfall auch für Spenden von Kollegen für Kollegen geöffnet werden, worüber sinnvollerweise der Vorstand der Bundesärztekammer verfügen kann.

Wir Bayern haben eine ähnliche Einrichtung. Wir haben vor zwei Jahren im Rahmen einer Erbschaft 1 Million DM in diesen Fonds eingezahlt bekommen. Wir in Bayern brauchen infolgedessen bei Bedürftigkeit keine Mittel mehr aus dem Haushalt zu nehmen. Diese fließen in den normalen Haushalt des kommenden Jahres zurück.

Das, was ich erreichen möchte, ist im Prinzip mehr eine formale Angelegenheit, nämlich dass wir im Rahmen des Haushalts klar sagen, und zwar Sie - Sie sind der Souverän ‑: Wir möchten, dass so und so viel Euro eingestellt werden; werden sie verbraucht, ist es gut, werden sie nicht verbraucht, fließen sie schlicht und ergreifend im kommenden Jahr wieder zurück.

Das ist Klarheit und Wahrheit im Umgang mit Finanzen öffentlicher Art, meine Damen und Herren!

(Beifall)

Ich komme zu meinem Antrag 3, der die Finanzierung der Berlinplanung betrifft. Ich war bei diesen Diskussionen und Besprechungen im Rahmen der Finanzkommission anwesend. Ich weiß natürlich, dass wir uns fürchterlich schwer tun. Aber wir müssen irgendwann einmal wissen, wie relevant die Beschlüsse eigentlich sind, die wir auch in diesem Zusammenhang hier auf dem Deutschen Ärztetag ablehnen oder annehmen. Herr Hansen, ich muss Ihnen wegen der Klarheit und Wahrheit auch in Folgendem widersprechen: In den 21,9 Millionen Euro waren eben nicht nur das Gebäude und das Grundstück enthalten, sondern ebenso die Umzugskosten und selbstverständlich auch der Sozialplan. Das haben Sie in dieser Form nicht gesagt.

Ich trage in großem Maße die jetzt vorhandenen Teuerungen mit. Das tun auch die Bayern selbstverständlich, weil sie wissen, dass nicht alles immer so läuft, wie es laufen soll. Aber wir aus Bayern möchten darauf hinweisen, dass mit den Zahlen, die wir hier auf dem Deutschen Ärztetag vorgeben, sehr sorgfältig umgegangen werden muss. Wir erwarten, dass das, was wir vorgeben, eingehalten werden kann. Wenn das nicht der Fall ist, muss es entsprechend erklärt werden. Entsprechende Erklärungen haben wir hier für viele Bereiche gehört.

Meine Damen und Herren, wie verbindlich sind die Beschlüsse, die wir hier fassen? Sie müssen verbindlich sein, sonst können wir im Prinzip zu Hause bleiben und brauchen im Rahmen der Finanzen keine Beschlüsse zu fassen. Der Antrag 3 will nur aussagen: Bundesärztekammer, halte dich an das, was durch den Beschluss des Deutschen Ärztetages vorgegeben wurde.

Ich komme zu Antrag 4. Die Bayern hätten mit Sicherheit nicht gesagt: Da wir bei 3,6 Prozent Steigerung liegen, obwohl 3,5 Prozent vorgegeben waren, stimmen wir nicht zu. Das ist nicht das Problem, meine Damen und Herren. Das Problem, das wir haben, ist auf Seite 1 des Antrags 4 unten dargestellt. Wir hatten in den letzten sechs Jahren eine Steigerung des Haushaltsvolumens von knapp 35 Prozent zu verzeichnen. Was die Bayern ganz stark irritiert, ist auch die Steigerung im Personalsektor. Wir haben in den letzten sechs Jahren eine Steigerung um 16,5 Personalstellen. Sie haben vorhin mitbekommen, dass wir für die Vergangenheit alles mitgetragen haben. Wir haben eben zugestimmt. Es geht jetzt um die Zukunft. Es geht darum, ob wir hier nicht irgendwann einmal bremsen müssen, indem wir sagen: Im Rahmen der Personalmehrungen und der Steigerungen des Haushalts können wir in dieser Form nicht mehr weiter zustimmen. Das wäre ein gutes Zeichen auch für die Kollegen vor Ort, für die jungen Kolleginnen und Kollegen insbesondere bei uns in Bayern, die finanziell nicht auf Rosen gebettet sind, die für eine Steigerung dieser Art nur wenig Verständnis haben. Es wäre ein gutes Zeichen!

Nun noch zum Antrag 5. Es geht darum, ob man den Versuch unternehmen kann, hier etwas auszuprobieren. Wir sagen lediglich: Wir nehmen den Haushalt des Jahres zuvor, prüfen dann, wie viel durch entsprechende Personalmehrungen und Ähnliches, objektiv berechnet, aufgerechnet werden kann, und setzen diese Steigerung fest. Wenn es dann im nächsten Jahr nicht geklappt hat, muss es dafür ganz wichtige Begründungen geben. Meine Damen und Herren, diese Begründungen müssen hier, vor dem Deutschen Ärztetag, detailliert erklärt werden, denn Sie als Delegierte haben dies entsprechend zu akzeptieren.

Was ich Ihnen hier vorgetragen habe, ist das Ergebnis von Besprechungen auf dem Bayerischen Ärztetag, von Diskussionen in unserem Vorstand, von Vorbereitungssitzungen mit den Delegierten für diesen Ärztetag. Erlauben Sie mir nur noch zwei persönliche Bemerkungen, die aber grundsätzlicher Art sind, die sich darauf beziehen, weshalb auch bei uns in Bayern manchmal das Bild auftaucht, wir wären hier wohl immer gern dagegen. So ist es nicht. Im Laufe des letzten Jahres habe ich zwei Bemerkungen mitbekommen, die mich betroffen gemacht haben. Die erste Bemerkung erfolgte im Januar im Rahmen der Finanzkommission. Dort hat eine Mitarbeiterin der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die uns bei unseren Entscheidungen beraten und helfen soll, im Rahmen der Prüfung festgestellt, dass sie nicht nur das wirtschaftliche Verhalten der Bundesärztekammer geprüft hat, sondern auch das sparsame Verhalten der Bundesärztekammer. Ich habe sie daraufhin gefragt, wie sie das wohl geprüft habe. Sie hat mir gesagt: indem sie stichprobenartig Belege überprüft hat.

Meine Damen und Herren, ich kann auch nicht sagen, wie man Sparsamkeit prüfen kann, aber eines kann ich Ihnen sagen: Durch eine stichprobenartige Überprüfung von Belegen kann man das mit Sicherheit nicht tun.

(Vereinzelt Beifall)

Die zweite Bemerkung kam vom Verbindungsmann des Vorstands zur Finanzkommission, von Herrn Kollegen Möhrle. Er sagte vor genau einem Jahr sinngemäß - auch das hat mich betroffen gemacht ‑: Es ist doch gar keine Frage, was die Bundesärztekammer an Finanzmitteln braucht, das müssen die Landesärztekammern zahlen. Meine Damen und Herren, das ist ein fundamentales Missverständnis. Einmal davon abgesehen, dass jeder einzelne Kollege draußen diese Gelder bezahlen muss und nicht die Landesärztekammern, sind Sie es, die im Prinzip diese Entscheidungen zu treffen haben. Sie sind der Souverän. Der Deutsche Ärztetag genehmigt den Haushalt, der Deutsche Ärztetag genehmigt den Haushaltsvoranschlag. Sie sind diejenigen, die im Prinzip dem Vorstand und der Verwaltung die Möglichkeit geben, in dem gezogenen Rahmen zu arbeiten. Sie entlasten ja auch den Vorstand; wir haben es vorhin gesehen. Das ist auch richtig so.

Ich habe in diesem Zusammenhang mit ein paar Kollegen am Randes dieses Ärztetages gesprochen und habe diese Vertreter aus verschiedenen Kammern gefragt: Wie ist es bei Ihnen gewesen, haben Sie in Ihrer Mitgliederversammlung eigentlich darüber abgestimmt, ob der Haushalt genehmigungsfähig ist, ob er genehmigt werden soll, auch der Haushaltsvoranschlag?

Jeder von Ihnen muss sich fragen, wie es bei ihm war. Nach dem, was ich gehört habe, war es mehr oder weniger so, dass die Präsidenten offensichtlich gesagt haben: Das mit dem Haushaltsvoranschlag ist schon in Ordnung, das kann man im Prinzip so hinnehmen. So haben Sie das wohl in irgendeiner Form zur Kenntnis genommen, aber offensichtlich nicht darüber abgestimmt. Heute soll aber jemand mit diesem vielleicht nicht ganz so richtig zustande gekommenen Ergebnis die rote bzw. die grüne Karte hochhalten.

Meine Damen und Herren, das ist nicht das, was ich mir unter dem demokratischen Umgang mit einem hohen Hause wie dem Deutschen Ärztetag vorstelle. Ich meine, man sollte darüber nachdenken, ob man hier nicht ein Zeichen setzen soll. Sie können das noch, Sie sind der Souverän, Sie können noch eine Auszeit nehmen. Sie können sagen: Wer hat mich eigentlich gefragt? Sie entscheiden doch.

In öffentlichen Finanzdingen werden immer wieder Klarheit und Wahrheit eingefordert. Wir sollten uns grundsätzlich und immer wieder daran halten. Seriosität und Solidität im Sagen und Handeln beim Umgang mit den Finanzen führen mittelfristig zu einem fairen Verhalten untereinander und schaffen auf Dauer Vertrauen auf allen Seiten.

Ich spreche einen großen Dank aus an den Vorsitzenden der Finanzkommission, an Herrn Professor Fuchs, und an die Damen und Herren des Podiums.

Ich danke Ihnen.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank
, Herr Calles. Direkt dazu der Herr Hauptgeschäftsführer. Bitte sehr, Herr Fuchs.

© 2003, Bundesärztekammer.