Anhang A
Beschlüsse und Entschließungen

TOP II: Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung

BESCHLUSSANTRAG II – 46

Der Antrag von Dr. Peters, Dr. Zimmermann, PD Dr. Wönne und Prof. Dr. Kunze (Drucksache II-46) wird zur weiteren Beratung an den Vorstand der Bundesärztekammer überwiesen:

Sozialpädiatrie

im Abschnitt C „Zusatzweiterbildungen“ der MWBO aufzunehmen.

Begründung:

In Deutschland gibt es zusätzlich zu 460 Abteilungen für Kinder- und Jugendmedizin und zu 140 Kinder- und Jugendpsychiatrischen Abteilungen 108 Sozialpädiatrische Zentren [SPZ]. In diesen SPZ werden jährlich auf Zuweisung von niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzten 200.000 Kinder und Jugendliche vorsorgt.

Wegen komplexer Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, chronischer Erkrankungen mit zahlreichen Komorbiditäten (Mehrfachbehinderungen) benötigen diese zusätzlich zur kinderheilkundlichen Versorgung durch Niedergelassene die interdisziplinäre Betreuung durch die Teams der ärztlich geleiteten SPZ. Die inhaltliche Vielfalt der multidisziplinär arbeitenden Teams (Entwicklungsneurologie, klinische Psychologie, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Sonderpädagogik, Hilfsmittelversorgung, Sozialmedizin) verlangt von den Ärztinnen und Ärzten Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, die über die der Kinderheilkunde hinausgehen.

Die alters- und entwicklungsspezifischen Gesichtspunkte bei Kindern und Jugendlichen für Fragen der Begutachtung können mit der notwendigen Qualität nur mit Fertigkeiten und Kenntnissen der sozialpädiatrischen Zusatzweiterbildung adäquat berücksichtigt werden. Dies gilt z.B. für Integrationshilfen nach KJHG, Finanzierung von interdisziplinärer Frühförderung, besondere schulischer Förderung, Erziehungshilfe- und Fremdunterbringungsmaßnahmen, Pflegestufeneinschätzung, komplexe Fragen von Heil- und Hilfsmittelsmittelverordnung usw.

Die Deutschen Gesellschaften für Sozialpädiatrie und für Kinderheilkunde und Jugendmedizin sowie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte sehen in dieser Zusatzweiterbildung eine Erfordernis für eine künftig qualitativ gesicherte Versorgung in den Sozialpädiatrischen Zentren.

Im Jahre der Menschen mit Behinderungen stünde es der deutschen Ärzteschaft gut an, den komplexen Besonderheiten von behinderten Kindern und Jugendlichen mit dieser für die Arbeit in den SPZ wichtigen Zusatzweiterbildung Rechnung zu tragen.

Sozialpädiatrie

§         Definition:

Die Zusatzweiterbildung „Sozialpädiatrie“ umfasst im Gebiet Kinder- und Jugendmedizin die nicht organspezifische, alters- und entwicklungsspezifische Behandlung und Bewertung von Art und Umfang der Krankheiten, die zu Entwicklungs- und Verhaltensstörungen oder Behinderungen führen,  und ihren Auswirkungen im familiären, vorschulischen, schulischen und beruflichen Umfeld sowie die Klassifikation von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit.

§         Weiterbildungsziel:

Erwerb und Nachweis von Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten in der Sozialpädiatrie, die nicht zu den vorgeschriebenen Mindestinhalten im Gebiet Kinder- und Jugendmedizin gehören.

§      Voraussetzung zum Erwerb der Bezeichnung:

Facharztanerkennung für Kinder- und Jugendmedizin

§         Weiterbildungszeit:

18 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2

§         Weiterbildungsinhalt:

Erwerb von besonderen Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in

-          dem System vorschulischer, schulischer und beruflicher Förderung,  Erziehung und Ausbildung (insb. Frühförderung, integrative und sonderpädagogische Maßnahmen, krankheitsspezifische Berufsberatung),

-          dem System der sozialen Sicherheit und dessen Gliederung,

-          den Aufgaben und Strukturen der Sozialleistungsträger (z. B. Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung, Jugend- und Sozialhilfe, Kindergarten- und Schulbehörden, Arbeitsverwaltung),

-          dem relevanten Leistungsrecht ,

-          der Epidemiologie alters- und entwicklungsspezifischer Gesundheits-, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen inkl. Dokumentation, Statistik und Gesundheitsökonomie,

-          der Planung und Evaluation alters- und entwicklungsspezifischer präventiver, gesundheitsfördernder und rehabilitativer Maßnahmen,

-          Maßnahmen zur gesundheitsfördernden Gestaltung der Lebensräume von Kindern und Jugendlichen,

-          der Beurteilung gesundheitlicher Einschränkungen und ihrer alters- und entwicklungsspezifischen Auswirkungen auf Funktionsfähigkeit und Partizipation,

-          den alters- und entwicklungsspezifischen Aspekten von Rehabilitation einschließlich des Qualitätsmanagements,

-          Grundlagen von und Einflüsse auf Entwicklung und Verhalten einschließlich der Adaptation von Kindern und Jugendlichen und Ihren Eltern/Bezugspersonen an gesundheitliche Probleme und deren Behandlung,

-          der alters- und entwicklungsspezifischen Diagnostik, Therapie, Nachsorge, ambulanten und stationären Rehabilitation einschließlich der Heil- und Hilfsmittelversorgung von Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, chronischen Erkrankungen und/oder Behinderungen im Rahmen eines interdisziplinären Behandlungskonzeptes unter Einbeziehung der Eltern bzw. Bezugspersonen,

-          den jeweils erforderlichen medizinischen, psychologischen, therapeutischen und heil- und sonderpädagogischen Verfahren,

-          Techniken der Gesprächsführung inkl. Fall- Supervision,

-          der Begutachtung für Sozialleistungsträger (unter Berücksichtigung von Fragestellungen der Integrationshilfen, Pflegebedürftigkeit, Heil- und Hilfsmittelversorgung, Erziehungshilfe, Fremdunterbringung, Berufsförderung, Rehabilitation und des Versorgungsrechts).

© 2003, Bundesärztekammer.