ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
V – 3
Auf
Antrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (Drucksache V-3) fasst der
106. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:
Der Deutsche Ärztetag fordert
den Bund und die Länder auf, im Hinblick auf die staatliche Daseinsfürsorge für
die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten bei Großschadensereignissen und
Katastrophen besondere Vorkehrungen zu treffen.
Dazu müssen gesetzliche
Grundlagen geschaffen werden, um
§
Notärztinnen
und Notärzte weiterhin aus den Kliniken bereitstellen zu können,
§
ausreichende
Reservekapazitäten in den Krankenhäusern zu sichern,
§
notwendige
Arzneimittel und Sanitätsmaterialien dezentral und rasch verfügbar zu bevorraten,
§
regional
unterschiedliche Katastrophenschutzpläne aufeinander abzustimmen,
§
den Einsatz
von Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Sanitätsdienst der Bundeswehr
sinnvoll zu verbinden,
§
mit
speziellen Einsatzgruppen die organisatorische und medizinische Kompetenz
lokaler Katastrophenschutzkräfte zu unterstützen.
Begründung:
Die derzeit wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückten Bedrohungspotentiale durch Terroranschläge,
Naturkatastrophen und Infektionserkrankungen machen deutlich, dass unser
Gesundheitssystem stets auch für die Versorgung einer größeren Zahl erkrankter
bzw. verletzter Menschen gewappnet sein muss.
Mit der vom
Bundesgesundheitsministerium geplanten Einführung neuer Abrechungsbedingungen
für die Krankenhäuser (Diagnosebezogene Fallpauschalen) werden ökonomischeRentabilitätszwänge das medizinische
Versorgungsniveau bedeutend prägen. Ohne geeignete Unterstützungsmaßnahmen
seitens des Bundes und der Länder werden personelle wie materielle medizinische
Vorhaltungen zur zügigen und sicheren Bewältigung von Katastrophen gefährdet
bzw. gar nicht erst aufgebaut. Die rasche Verfügbarkeit mit notwendigen
Arzneimitteln und Sanitätsmaterialien ist bereits jetzt nicht überall
gewährleistet. Eine erforderliche Reserve bei Krankenhausbetten und die
Bereitstellung von Notärztinnen und Notärzten aus den Kliniken sind im
Fallpauschalensystem gar nicht vorgesehen und drohen damit verloren zu gehen.
Um besonderen Gefahren- und
Schadenslagen angemessen begegnen zu können, bedarf es übersichtlicher
gesetzlicher Grundlagen.
Bisher ist nur in einzelnen
Bundesländern die Tatsache beachtet worden, dass nahezu alle
Großschadensereignisse und Katastrophen erst nach und nach ihr volles
Schadensbild erkennen lassen. Bis zur amtlichen Feststellung eines Katastrophenfalls
und der Gründung von Krisenstäben sind zumeist lokale Einsatzkräfte (Polizei,
Rettungsdienst, Feuerwehr) im Einsatz. Die gesetzlichen Grundlagen in
zahlreichen Bundesländern schaffen aber Zuständigkeiten für die Einsatzkräfte
des Rettungsdienstes und des Katastrophenschutzes in zumeist völlig
unverbundenen Regelwerken. Sanitätsdienstliche Kapazitäten der Bundeswehr sind
für zivile Schadenslagen gar nicht eingeplant. Dem Ablauf größerer
Schadensereignisse entsprechend fordert daher auch die Schutzkommission beim
Bundesminister des Innern, der Mitwirkung des Rettungsdienstes im
Katastrophenschutz gerecht zu werden und die heterogenen Katastrophenschutz-
und Rettungsdienstgesetze der Länder anzugleichen und zumindest teilweise
zusammenzufassen.
Um Brüche für den Schutz und
die Versorgung der Bevölkerung zu vermeiden, ist bei der bestehenden
Uneinheitlichkeit von Katastrophenschutzplänen in den Ländern, Landkreisen und
Kommunen ein erheblicher Abstimmungs- und Koordinationsbedarf, mindestens für
benachbarte territoriale Zuständigkeitsbereiche, festzustellen. Daher fordert
auch die Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin eine
bundeslandübergreifende kommunikationstechnisch und personell gut ausgestattete
Koordinationszentrale, die als Informations-, Medien-, Melde-, Lage- und Alarmzentrale
fungieren soll. Bei besonderen Gefahren und Schadenslagen sollten spezielle
Einsatzgruppen mit organisatorischer und medizinischer Kompetenz in den Katastrophenschutz
einbezogen werden und die lokalen Kräfte unterstützen.
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