ENTSCHLIESSUNGSANTRAG V – 68
Auf
Antrag von Herrn Henke (Drucksache V-68) fasst der 106. Deutsche Ärztetag
folgende Entschließung:
Das G-DRG-System wurde nach dem Scheitern
der Verhandlungen der Selbstverwaltung durch die Ersatzvornahme des Gesundheitsministeriums
unter Inkaufnahme massiver Fehler in
nur zwei Monaten unter weitgehendem Ausschluss der Ärzteschaft erstellt.
Mangels ausreichender medizinischer Plausibilisierung
bildet das G-DRG-System weder medizinisch-inhaltlich
noch ökonomisch die Realität ab. Die im DRG-System abrechnungswirksamen
Diagnosen- und Prozedurenklassifikationen
ICD-10-SGB V und OPS-301 bilden manche leistungsrelevanten Zustände, Behinderungen,
Schweregrade und ärztliche Leistungen wie Ausschlussdiagnosen, Verdachtsdiagnosen,
nicht operative Leistungen und zuwendungsintensive nicht-apparative Maßnahmen
von Ärzten, Pflege und anderen Gesundheitsberufen noch unzureichend ab. Die
Deutschen Kodierrichtlinien und die DRG-Abrechnungsbestimmungen sind
zum Teil noch in entscheidenden Punkten unscharf, missverständlich und
praxisfern. Die aus diesem Grund zwischen DRG-Optionskrankenhäusern und
Kostenträgern resultierenden zahlreichen Abrechnungsstreitigkeiten
behindern durch ihre Bürokratie die krankenhausärztliche Arbeit in unerträglicher
Weise.
Ärztinnen und Ärzte,
betroffene Fachgesellschaften, die Pflege und andere betroffene
Gesundheitsberufe haben einen enormen Teil ihrer Freizeit und eigene finanzielle
Mittel für die Erarbeitung von Änderungsvorschlägen geopfert, damit die zum
Teil eklatanten Schwachstellen des G-DRG-Systems
nachgebessert werden können. Bundesärztekammer und AWMF haben mit der
Gründung ihrer gemeinsamen „Ständigen Fachkommission DRG“ für die
medizinisch-fachliche Bewertung und fachübergreifende Abstimmung des
Anpassungsbedarfs des G-DRG-Vergütungssystems ein
eigenes Gremium geschaffen. Dieses konstruktive Engagement der Ärzteschaft
wurde von Seiten des Gesetzgebers ausdrücklich begrüßt. Obwohl die „Ständige
Fachkommission DRG“ bisher in vereinzelten Streitfragen sehr konstruktiv durch
das DRG-Institut (InEK gGmbH, Siegburg) einbezogen wurde, ist die von den
Spitzenverbänden der Kostenträger und Deutscher Krankenhausgesellschaft ermöglichte Einbindung der Ärzteschaft in die Anpassung
und Weiterentwicklung des G-DRG-Systems äußerst
dürftig.
Ein medizinisches
Vergütungssystem, welches unter weitgehendem Ausschluss des Sachverstandes der
betroffenen Berufsgruppen konstruiert wird, kann nicht die Realität und schon
gar nicht einen ökonomischen Sollstandard abbilden. Ein solches System wird zu
massiven Verzerrungen, Fehlanreizen und bürokratischen Reibungsverlusten zum
Nachteil der Patientenversorgung führen und letztendlich das Gegenteil der
darüber angestrebten gerechteren Mittelverteilung zur Folge haben. So lange die
Ärzteschaft und andere betroffene Gesundheitsberufe an der fachlich korrekten
Ausgestaltung dieses Vergütungssystems nicht adäquat beteiligt werden und so
lange den Daten, auf denen das neue Krankenhausfinanzierungssystem aufbaut,
nicht vertraut werden kann, darf dieses System nicht versorgungswirksam
eingesetzt werden.
Sollten die Spitzenverbände
der Kostenträger und die Deutsche Krankenhausgesellschaft gemeinsam das von
Bundesärztekammer und AWMF gemachte Angebot einer gleichberechtigten und
transparenten Zusammenarbeit bei der aus medizinischer Sicht notwendigen
Anpassung des G-DRG-Vergütungssystems weiterhin nicht
annehmen, wäre dies ein fatales Signal.
Ein diagnosen- und
leistungsbezogenes Krankenhausfinanzierungssystem, welches unter Missachtung
aller fachlicher Grundsätze und Verletzung jeglicher Partizipation an der
Ärzteschaft, an den übrigen betroffenen Berufsgruppen und damit am Patienten
und der Leistungswirklichkeit vorbei entwickelt wird, macht krank, anstatt Heilung
zu gewährleisten.
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