Dienstag, 18. Mai 2004, 10.00 Uhr
Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg-Dietrich
Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:
Auf Beschluss des Vorstands der Bundesärztekammer, der auf
dem Deutschen Ärztetag zu verkünden ist, werden jährlich mit der Paracelsus-Medaille
Ärztinnen und Ärzte ausgezeichnet, die sich durch erfolgreiche berufsständische
Arbeit, vorbildliche ärztliche Haltung oder hervorragende wissenschaftliche
Leistungen besondere Verdienste um das Ansehen der Ärzteschaft erworben haben.
Der Vorstand der Bundesärztekammer beschloss im Dezember
2003, auf dem 107. Deutschen Ärztetag mit der Paracelsus-Medaille
auszuzeichnen: Herrn Professor Dr. med. Dr. h. c. Gert Carstensen, Frau Dr.
med. Ingrid Hasselblatt-Diedrich, Herrn Professor Dr.
med. Wolfgang Mangold und Herrn Dr. med. Klaus Springfeld. Ich bitte die vier
auszuzeichnenden Persönlichkeiten auf die Bühne.
(Beifall)
Die Verleihungsurkunden haben folgenden Wortlaut:
Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser
Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hoch verdienten Gert Carstensen
in Mülheim a. d. Ruhr, Professor Dr.
med. Dr. h. c., Facharzt für Chirurgie, Zusatzbezeichnung
Gefäßchirurgie, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.
Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Gert Carstensen
einen Arzt, der sich in mehr als 30 Jahren seines Berufslebens um die
medizinische Versorgung der Patienten, um die Wissenschaft, die Forschung und
Lehre und vor allem durch seine außergewöhnlich engagierte Tätigkeit auf dem
Gebiet der Behandlungsfehlerbegutachtung, um das Gesundheitswesen, die
ärztliche Selbstverwaltung und um das Gemeinwohl in der Bundesrepublik
Deutschland besonders verdient gemacht hat.
Gert Carstensen wurde am 11. April 1922 in Mellen/Westfalen geboren. Nach dem Besuch des Ratsgymnasiums
in Osnabrück (1932 bis 1940) und der Ablegung der Reifeprüfung wurde er zum
Kriegsdienst einberufen. Nach Kriegsende studierte er von 1945 bis 1949 Medizin
an der Georg-August-Universität Göttingen. Daran schloss sich seine
Weiterbildung zum Chirurgen in Göttingen an, ab 1952 an der Universität Madrid
und zuletzt unter Prof. Dr. med. Dr. jur. h. c. Werner Wachsmuth
an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er erhielt die Anerkennung als
Facharzt für Chirurgie mit der Zusatzbezeichnung Gefäßchirurgie. Dort
habilitierte sich Gert Carstensen 1966 für das Fach Chirurgie und wurde zum
Privatdozenten ernannt. Von 1962 bis 1987 war er Chefarzt der Chirurgischen
Klinik des
Evangelischen Krankenhauses in Mülheim an der Ruhr. 1966 wurde er zum außerplanmäßigen
Professor an der Universität Düsseldorf ernannt.
Auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie hat Gert Carstensen
insbesondere auf die Entwicklung der Wiederherstellung der arteriellen
Strombahn praktisch-operativ und wissenschaftlich Einfluss genommen und überregionale
Bedeutung und Anerkennung erlangt. Ab 1969 war Gert Carstensen Mitglied des
Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie e. V., 1975 wurde er zum
Präsidenten dieser Fachgesellschaft gewählt. Er ist Mitglied der Deutschen
Akademie der Naturforscher Leopoldina und
Ehrenmitglied der Vereinigung Niederrheinisch-Westfälischer Chirurgen e. V.,
der Türkischen, der Österreichischen und Deutschen Chirurgengesellschaft sowie
der Van Swieten Gesellschaft in Wien. 1982 ist er zum
Vorsitzenden der Vereinigung Niederrheinisch-Westfälischer Chirurgen e. V.
gewählt worden.
Seit Mitte der Siebzigerjahre spezialisierte und
engagierte sich Gert Carstensen auf dem Gebiet des Medizinschadensrechts,
dessen Entwicklung er wesentlich mitbeeinflusst hat.
Bereits bei ihrer Gründung wurde er vom Vorstand der Ärztekammer Nordrhein als
ehrenamtliches Mitglied für das Fachgebiet Chirurgie in die am 1. Dezember 1975
neu errichtete Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der
Ärztekammer Nordrhein berufen. Diesem Gremium gehörte er über 28 Jahre – bis
zum 30. November 2003 – an.
Gert Carstensen hat sich in besonderer Weise um den
Aufbau der Kommissionsarbeit in ihrer Gründungsphase große Verdienste erworben.
Als Mitglied der Gesamtkommission, die in dem zweistufigen nordrheinischen
Begutachtungsverfahren über die von den Verfahrensbeteiligten gegen
gutachtliche Erstbescheide erhobenen Einwendungen entscheidet, hat er an
mehreren Tausend Entscheidungen verantwortlich mitgewirkt.
Gert Carstensen hat darüber hinaus maßgebliche Impulse
für das Zustandekommen einer dauerhaften und fruchtbaren Kooperation von Ärzten
und Juristen auf dem Gebiet des Medizin(schadens)-Rechts
gegeben. Bereits in den Siebzigerjahren, als die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs noch von der Überzeugung getragen war, dass sich zu viele
medizinische Sachverständige von einer falsch verstandenen Kollegialität leiten
ließen, gab er den Richtern des für Arzthaftungssachen zuständigen 6.
Zivilsenats in der von ihm geleiteten Klinik Gelegenheit, den ärztlichen
Berufsalltag kennen zu lernen. Wie seine Tätigkeit als Referent bei der
Deutschen Richterakademie waren diese Symposien nicht nur für die Fortbildung
der auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechts tätigen Richter sehr wertvoll,
sondern haben auch zu einer Verbesserung des Klimas und der Verständigung
zwischen Juristen und Ärzten entscheidend beigetragen.
Diesem Zweck dient bis heute auch der von Gert Carstensen
mitbegründete Arbeitskreis „Ärzte und Juristen“ bei der Arbeitsgemeinschaft
Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Düsseldorf,
dessen Präsidium er viele Jahre angehörte. In den Gremien der AWMF treffen sich
Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen und Arztrechtler zweimal
jährlich zum Meinungs- und Gedankenaustausch.
Im medizinrechtlichen Schrifttum ist Gert Carstensen mit
einer Vielzahl von Publikationen auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechts
hervorgetreten. Neben dem Themenkreis „Ärztlicher Behandlungsfehler“ haben ihn
dabei vor allem Fragen der Aufklärung des Patienten beschäftigt. Mit seinen
Beiträgen – auch als Referent bei zahlreichen wissenschaftlichen Kongressen und
Symposien im In- und Ausland – hat Gert Carstensen zu den Grundlagen und
Grenzen der ärztlichen Aufklärungspflicht Wesentliches beigetragen,
insbesondere zum Verständnis rechtlicher Aspekte in der Medizin. Neben seiner gutachterlichen Tätigkeit in der Gutachterkommission wurde
Gert Carstensen sehr häufig bundesweit von Gerichten und Staatsanwaltschaften
als Sachverständiger herangezogen.
Für seine Verdienste ist Gert Carstensen bereits vielfach
geehrt worden. Er erhielt unter anderem die Werner-Körte-Medaille in Gold der
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie e. V. und das Große Verdienstkreuz des
Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Von der Freien Universität
Berlin (Fachbereich Humanmedizin) wurde ihm 1997 die Würde eines Doktors der
Medizin ehrenhalber verliehen.
Durch seine vielfältigen und erfolgreichen Aktivitäten
auf dem Gebiet des Medizinschadensrechts hat Gert Carstensen der Arbeit der Gutachterkommission
und damit der Idee einer außergerichtlichen Beilegung von
Arzthaftungsstreitigkeiten durch unabhängige Einrichtungen der ärztlichen
Selbstverwaltung besondere Geltung und Anerkennung verschafft. Er hat in
geradezu bahnbrechender Weise zu einem neuen
Verständnis des medizinischen Sachverständigen beigetragen und die Entwicklung
des Arzthaftungsrechts ganz wesentlich mit beeinflusst.
Gert Carstensen hat sich durch seinen unermüdlichen
engagierten Einsatz, seine vorbildliche Haltung als Arzt, Wissenschaftler und
Hochschullehrer, als medizinischer Sachverständiger und Berater sowie als
Wegbereiter des Medizinschadensrechts und Mitglied einer Gutachterkommission um
die ärztliche Versorgung, die Verbesserung des Patienten-Arzt-Verhältnisses,
das Gesundheitswesen, die ärztliche Selbstverwaltung und um das Gemeinwohl in
der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht.
107. Deutscher Ärztetag in Bremen, 18. Mai 2004, Vorstand
der Bundesärztekammer, Präsident
(Beifall)
Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser
Urkunde der um die deutsche Ärzteschaft hoch verdienten Ingrid Hasselblatt-Diedrich in Frankfurt am Main, Dr. med., Fachärztin für Chirurgie,
die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.
Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Ingrid Hasselblatt-Diedrich eine Ärztin, die sich in 35 Jahren
ihres Berufslebens um die medizinische Versorgung der Patienten, die ärztliche
Selbstverwaltung in Verbänden und ärztlichen Körperschaften auf internationaler,
regionaler, Landes- und Bundesebene, insbesondere um den Hartmannbund (Verband
der Ärzte Deutschlands e. V.), um die ärztliche Versorgung, um die Fort- und
Weiterbildung, um das Gesundheitswesen und um das Gemeinwohl in der
Bundesrepublik Deutschland außerordentlich verdient gemacht hat.
Ingrid Hasselblatt wurde am 17. August 1940 in
Frankfurt/Main als Tochter der Kauffrau Elisabeth und Dr. rer.
pol. Ottomar Hasselblatt geboren. Die Zeit während des Zweiten Weltkrieges
verbrachte sie in Oberstdorf. Nach der Grundschule besuchte sie das
Schiller-Gymnasium in Frankfurt/Main, wo sie im März 1960 die Reifeprüfung
ablegte. Nach dem Abitur studierte sie in Frankfurt und München, zunächst
parallel Musik und Medizin. Wegen der Unzulässigkeit eines Parallelstudiums
setzte sie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/Main das
Studium der Humanmedizin fort, das sie 1967 mit dem Staatsexamen abschloss.
Bereits während des Medizinstudiums reifte ihr Wunsch, Chirurgin zu werden – in
einer Zeit vieler Widerstände und großer Skepsis.
Am 1. März 1967 begann Ingrid Hasselblatt ihre berufliche
Tätigkeit als Medizinalassistentin in der Abteilung Chirurgie des Krankenhauses
Sachsenhausen zu Frankfurt/Main. Zwei Vorbilder bestärkten sie, eine chirurgische
Weiterbildung anzustreben: Privatdozentin Dr. med. Charlotte Mahler, Chefärztin
der Abteilung Chirurgie am Bürgerhospital in Frankfurt/Main, und Prof. Dr. med.
Walter Bandi, Chirurg in Interlaken/Schweiz. Dort
lernte sie bei einer Hospitation (1964) Techniken der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese kennen. Während ihrer Weiterbildungszeit
absolvierte sie eine zweieinhalbjährige Tätigkeit am Anatomischen Institut der
Universität Frankfurt/Main (Direktor: Prof. Dr. med. Dietrich Starck). Sie wurde 1968 mit der Dissertation zum Thema:
„Erfolgreiche Operationen bei Doppel-Missbildungen“ zum Dr. med. promoviert;
Doktorvater war Prof. Dr. med. Wolfgang Weber, Oberarzt an der Chirurgischen
Klinik der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main. Die Approbation
als Ärztin erhielt Ingrid Hasselblatt im Mai 1969. 1967 absolvierte sie das
Examen für ausländische Medizinstudenten (ECFMG) in den USA.
Während ihrer Weiterbildungsstationen arbeitete sie als
Medizinalassistentin auf den Stationen Diabetologie
in der Frauenklinik der Universität Frankfurt/Main unter dem damaligen Direktor
Prof. Dr. med. Otto Käser. Schwerpunkte während dieser Zeit waren die
Endokrinologie und Innere Medizin bei Prof. Dr. med. Werner Siede und bei Prof.
Dr. med. Hans-K. Breddin die Blutgerinnung.
In der Chirurgischen Abteilung am Bürgerhospital,
Frankfurt/Main, unter Leitung von Prof. Dr. med. Günther Vetter arbeitete
Ingrid Hasselblatt ab 1969 in der Allgemein- und Kinderchirurgie. Während
dieser Zeit wurden frühzeitig ihre Weiterbildung und praktischen Fertigkeiten
in der Viszeral- und Unfallchirurgie sowie der
Kinderchirurgie, der Plastischen Chirurgie einschließlich bei Kindern mit
Missbildungen gefördert. Im Juni 1974 erhielt Ingrid Hasselblatt die
Anerkennung als Fachärztin für Chirurgie.
Ihr besonderes Interesse und Engagement galt der
Endoskopie. Sie wirkte als Referentin und bei Publikationen mit, unter anderem
bei Prof. Dr. med. Bernd Christoph Manegold
(Mannheim) mit einer Arbeit „Über den Stellenwert der Endoskopie in einer
Chirurgischen Klinik“ (1979). In dieser Zeit wurde die Technik der Endoskopie
noch entwickelt und hauptsächlich von Gastroenterologen
durchgeführt. Gerade dieses Engagement außerhalb der klassischen Chirurgie
hatte einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Magen-Darm-Chirurgie in
der Klinik und damit auf die Position von Ingrid Hasselblatt als Funktionsoberärztin.
Sie wurde 1983 zur Oberärztin der Chirurgie am
Bürgerhospital ernannt. Während dieser Berufsstation entstanden
wissenschaftliche Arbeiten über Tumormarker bei Patienten mit Colon- und Mammakarzinom. In ihre
Zeit als Oberärztin fiel 1985 ein Chefarztwechsel. Prof. Dr. med. Robert A.
Wahl, bisher Marburg, übernahm die Leitung der Abteilung mit Schwerpunkt
Endokrine Chirurgie. Die Abteilung wurde neben dem bisherigen
Tätigkeitsschwerpunkt zu einem Zentrum für Schilddrüsenoperationen ausgebaut.
Das Bürgerhospital blieb als Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Frankfurt/Main
in den studentischen Unterricht einbezogen und die chirurgische Abteilung blieb
zur vollen Weiterbildung ermächtigt.
1987 ist Ingrid Hasselblatt zur Chefärztin der
Chirurgischen Abteilung am Diakonie-Krankenhaus in einem damals noch weithin
unbekannten kollegialen Chefarztsystem berufen worden. Sie übernahm die Chefarztfunktion
im Schwerpunkt Allgemeinchirurgie, während ihr Chefarztkollege, Dr. med. Mihailo Krakovic, für den
Schwerpunkt Unfallchirurgie verantwortlich war. Aufgrund der Qualifikation und
der gegenseitigen Abstimmung beider Chefärzte leiteten sie kollegial die Klinik
und waren gemeinsam für die Weiterbildung verantwortlich. Im Fall der
Abwesenheit war die qualifizierte Vertretung gesichert. Das Sachsenhausener
Modell war beispielgebend für Team-Chefarzt-Modelle, die allerdings bisher zu
keiner Massenbewegung wurden.
Neben ihrer beruflichen Tätigkeit am Städtischen
Krankenhaus Sachsenhausen hat sich Ingrid Hasselblatt ehrenamtlich in vielen
Ausschüssen, Gremien, Körperschaften und Verbänden engagiert und zur Gestaltung
der Sozial- und Gesundheitspolitik, zur Vertretung von Ärztinnen und Ärzten in
nationalen und internationalen Gremien und zur Sicherung einer guten ärztlichen
Versorgung der Bevölkerung beigetragen. Zwölf Jahre lang gehörte sie dem Betriebsrat
des Bürgerhospitals an. Nach ihrem Eintritt in den Hartmannbund 1967 wurde
Ingrid Hasselblatt bereits 1973 in den Geschäftsführenden Landesvorstand des
Hartmannbundes in Hessen gewählt. Seit 1985 ist sie deren Landesvorsitzende.
1974 wurde sie in den Vorstand des Bundesverbandes des Hartmannbundes gewählt.
Ihre Wahl zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden wurde 1981, 1985, 1989 und
1993 durch Wiederwahl bestätigt. Während ihrer Tätigkeit im Vorstand des
Hartmannbundes (Bundesverband) hat sie den Krebsnachsorgekongress in Bad
Neuenahr mitorganisiert, als Referentin teilgenommen und ihn später selbst
geleitet. Der Vorstand der Bundesärztekammer ehrte sie für ihr Engagement in
der ärztlichen Fortbildung mit der Verleihung der Ernst-von-Bergmann-Plakette
(1995).
1974 wurde sie Mitglied des Präsidiums des Deutschen
Ärztetages. Seit 1980 war sie Delegierte der Landesärztekammer Hessen bei deren
Kammerversammlungen und von 1978 bis 2000 Delegierte zu den Deutschen
Ärztetagen. Sie gehörte von 1980 bis 2000 dem Präsidium der Landesärztekammer
Hessen an. Sie zeichnete sich stets als sehr sachkundige engagierte Interessenwahrerin der Berufskolleginnen und -kollegen und
als kampferprobte Debattenrednerin, als engagierte Verfechterin des
kooperativen Belegarztwesens und moderner Klinikführungsstrukturen und als eine
„Anwältin“ der jüngeren Ärztegeneration aus.
In einer Zeit, als die Emanzipation noch nicht „in“ war,
hat sie sich immer wieder mit Nachdruck für die Belange von Ärztinnen
eingesetzt. In dieser Zeit war sie für das Referat „Ärztinnen“ der
Landesärztekammer Hessen tätig. Seit 1981 war sie Mitglied der Delegation der
Bundesärztekammer bei den Generalversammlungen der World Medical
Association (WMA). In verschiedenen Ausschüssen und Ständigen Konferenzen der
Bundesärztekammer arbeitete sie als Sachverständige mit, so im
Krankenhausausschuss, in den Ausschüssen Qualitätssicherung, Gebührenordnung,
Prävention, Rehabilitation, Notfall-, Katastrophenmedizin und im Ausschuss
Gutachterkommissionen/Schlichtungsstellen. Sie hat mit Sachverstand und
Augenmaß wesentliche Beiträge zur Erhaltung und Weiterentwicklung des
Gesundheitswesens und zur existenziellen Sicherung der ärztlichen
Berufsausübung geleistet. Dabei ließ sie sich von hoher
Verantwortungsbereitschaft und der Wahrung ethischer Grundsätze leiten.
Das besondere Interesse von Ingrid Hasselblatt galt nicht
nur Fragen der Weiter- und Fortbildung in der Chirurgie und im Schwerpunkt
Onkologie, sondern auch den Patientenrechten und dem medizinischen Datenschutz
und seit 1976 der Sterbebegleitung sowie der Hospizbewegung. Sie nahm an der
Gremienarbeit der Landesregierung teil und engagierte sich in
Fernsehveranstaltungen über Fragen der Grenzgebiete der Medizin. Ihr Engagement
in medizinethischen Fragen unterstrich Ingrid Hasselblatt in Publikationen zum
Themenkreis Organtransplantation und in der Teilnahme an Anhörungsverfahren zur
damaligen Gesetzgebung zur Organtransplantation und zur Schaffung eines
Organspendeausweises. Auch in Bundestagsausschüssen in Bonn wurde sie als
Sachverständige von Parteien benannt. 1984 nahm sie an einer viel beachteten
Fernseh-Live-Sendung unter Beteiligung von Dr. med. Julius Hackethal teil, in
der über die Gabe von Zyankali als aktive Sterbehilfe debattiert wurde.
Ingrid Hasselblatt ist seit 2000 Schriftführerin der Bad
Nauheimer Gespräche der Landesärztekammer Hessen und organisierte und leitete
Foren zu gesundheitspolitischen Themen. Im Vorstand der Hessischen
Krebsgesellschaft e. V. wirkt sie seit 1994 mit. Für die Friedrich-Thieding-Stiftung
des Hartmannbundes war sie viele Jahre als Referentin in Seminaren tätig.
Obwohl parteilos, hat sich Ingrid Hasselblatt auch
politisch engagiert. So war sie von 1983 bis 1987 Mitglied des
Bundesfachausschusses für Gesundheit der CDU auf Bundesebene. Darüber hinaus
ist sie bis heute Mitglied des gesundheitspolitischen Ausschusses der CDU in
Hessen.
Am 1. April 2001 trat Ingrid Hasselblatt-Diedrich
in den Ruhestand, ohne ihr ehrenamtliches und berufspolitisches Engagement, vor
allem im Hartmannbund, und ihr Interesse an der Gesundheitspolitik zurückzuschrauben
– ganz im Gegenteil.
Ingrid Hasselblatt-Diedrich hat
sich durch ihren langjährigen engagierten Einsatz für Ärztinnen und Ärzte, ihre
aktive und sachkundige Mitarbeit in zahlreichen ärztlichen Organisationen,
Verbänden und Körperschaften, durch ihre uneigennützige vorbildliche Haltung
als Chirurgin und Chefärztin, Politikberaterin und Berufspolitikerin um die
ärztliche Versorgung der Patienten, die Aus-, Weiter- und Fortbildung, die
Chirurgie und Onkologie sowie die Krebsnachsorge, die Gesundheitspolitik und um
die Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise
verdient gemacht.
107. Deutscher Ärztetag in Bremen, 18. Mai 2004, Vorstand
der Bundesärztekammer, Präsident
(Beifall)
Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser
Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hoch verdienten Wolfgang Mangold in
Eningen unter Achalm, Prof. Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, die
Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.
Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Wolfgang
Mangold einen Arzt, der sich mehr als 35 Jahre seines aktiven Berufslebens als
praktischer Arzt, Berufspolitiker, akademischer Lehrer und Wissenschaftler
sowie als Pionier der Allgemeinmedizin durch seine engagierte Tätigkeit in
politischen und berufspolitischen Gremien, seine ehrenamtliche Tätigkeit in
ärztlichen Berufsverbänden und Körperschaften auf örtlicher, regionaler,
Landes- und Bundesebene um die ärztliche Versorgung, die Aus-, Weiter- und
Fortbildung, die Hochschulmedizin, die Reform des Medizinstudiums, das
Gesundheitswesen und um das Gemeinwohl der Bundesrepublik Deutschland besonders
verdient gemacht hat.
Wolfgang Mangold, am 26. November 1931 in Regensburg als
Sohn eines Landarztes im Bayerischen Wald geboren, siedelte bereits 1934 mit
seinen Eltern nach Eningen unter Achalm, Kreis
Reutlingen, über, wo sein Vater eine Kassenarztpraxis betrieb. Er verbrachte
seine Jugendzeit in Eningen. Nach seiner Grundschul- und Gymnasialzeit in
Eningen und in Reutlingen, wo er 1951 das Abitur ablegte, begann er 1951 an der
Medizinischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen das
Medizinstudium. Ein Semester nach dem Physikum wechselte er an die
Universitäten München und Innsbruck. Das medizinische Staatsexamen absolvierte
er im Juli 1957 an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im selben Monat
wurde er mit seiner Dissertation zum Thema „Die Erstickung und ihre Bekämpfung
in der modernen medizinischen Literatur“ zum Dr. med. promoviert (Doktorvater
war Prof. Dr. med. Karl Mündnich, Direktor der
HNO-Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München).
Wolfgang Mangold begann im September 1957 seine
Weiterbildung als Medizinalassistent, zunächst am Katharinenhospital
in Stuttgart, dann weitere zehn Monate an der Inneren Abteilung des
Krankenhauses vom Roten Kreuz in Stuttgart-Bad Cannstatt. Danach war er vier
Monate in der Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie am Kreiskrankenhaus
Reutlingen ärztlich tätig. Die Approbation als Arzt wurde ihm am 31. August
1959 erteilt. Während seiner Assistenzarzttätigkeit in Stuttgart von 1959 bis
1962 war er hauptsächlich in Abteilungen für Kinderheilkunde und Innere Medizin
tätig, mit einem Weiterbildungsschwerpunkt in diesen Fachgebieten.
Wolfgang Mangold beendete seine Medizinalassistentenzeit
an der Kinderklinik des Olgahospitals in Stuttgart, wo er vor allem mit unspezifischen
Säuglings- und Kinderkrankheiten sowie mit Infektionskrankheiten befasst war.
Im Juli 1962 ließ sich Mangold als Praktischer Arzt in Eningen unter Achalm nieder, wo er 35 Jahre lang bis 1997 zunächst als
Praktischer Arzt, später als Allgemeinarzt und zuletzt in einer
fachübergreifenden, drei Ärzte umfassenden Gemeinschaftspraxis ärztlich tätig
war. Seit 1976 betreute er betriebsärztlich von Eningen aus Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter von drei Unternehmen der Region.
In die erste Dekade seiner ärztlichen Tätigkeit als
niedergelassener Arzt fällt auch der Beginn seiner politischen und
berufspolitischen Tätigkeiten. So wurde er mit einer hohen Stimmenzahl für die
Wahlperiode von 1969 bis 1973 in den Kreistag des Landkreises Reutlingen
gewählt und wirkte dort als Parteiloser in der CDU-Fraktion mit. Am Ende der
Legislaturperiode – 1973 – gab er diese politische Tätigkeit wieder auf, um
sich danach intensiv in der ärztlichen Berufspolitik, in ärztlichen Verbänden
und Körperschaften, zu engagieren. Er wurde 1969 erstmals in die
Delegiertenversammlung des damaligen Berufsverbandes der praktischen Ärzte
Deutschlands (BPA), Landesverband Baden-Württemberg e. V., Stuttgart, gewählt,
in dem er viele Jahre als Mitglied aktiv war.
Nach Erlangung der Anerkennung als Facharzt für
Allgemeinmedizin im Jahr 1970 wurde Wolfgang Mangold im selben Jahr zum
stellvertretenden Mitglied der Vertreterversammlung der Bezirksärztekammer
Südwürttemberg, Tübingen, gewählt. Bereits damals galt sein besonderes
Interesse und Engagement der Entwicklung der Allgemeinmedizin. Schon nach einer
Wahlperiode wurde er in Südwürttemberg zum Mitglied der Vertreterversammlung
der Bezirksärztekammer Südwürttemberg gewählt. Er wirkte im Weiterbildungs- und
Fortbildungsausschuss der Bezirksärztekammer von Anfang an mit.
Wolfgang Mangold wurde 1972 erstmals zum Mitglied der
Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Südwürttemberg gewählt.
Er gehörte diesem Gremium bis 1996 an. Im Jahr 1987 verstärkte Wolfgang Mangold
seine berufspolitischen Aktivitäten erneut; er wurde als Mitglied in den
Vorstand der Bezirksärztekammer Südwürttemberg gewählt, ein Amt, das er bis
Frühjahr 2003 innehatte. 1991 ist er von den Ärztinnen und Ärzten in
Südwürttemberg erstmals zum Präsidenten der Bezirksärztekammer Südwürttemberg
gewählt worden. Zugleich wurde er Mitglied im Vorstand der Landesärztekammer
Baden-Württemberg und Delegierter zu Deutschen Ärztetagen. Auf Landesebene
übernahm er den Vorsitz des Ausschusses „Medizinische Ausbildung und
Hochschule“ sowie der Arbeitsgruppen „Lehrpraxen“ und „Allgemeinmedizin“ und
den stellvertretenden Vorsitz im Ausschuss „Prävention, Sozial- und Arbeitsmedizin“.
Auf Bundesebene wirkte er in den Fachausschüssen der Bundesärztekammer mit, so
war er unter anderem Mitglied in der Ständigen Konferenz „Ausbildung zum
Arzt/Hochschulen und Medizinische Fakultäten“ und stellvertretendes
außerordentliches Mitglied des Deutschen Senats für ärztliche Fortbildung.
Außerdem war er Mitglied im Vorstand der Deutschen Akademie für Allgemeinmedizin.
Neben seinen vielfältigen berufspolitischen Aktivitäten
in Baden-Württemberg und auf Bundesebene war Prof. Dr. med. Wolfgang Mangold
insbesondere in der Allgemeinmedizin engagiert. Er hat wesentlich dazu
beigetragen, dass das Fach weiterentwickelt und an den Medizinischen
Hochschulen und Universitäten in Deutschland auch wissenschaftlich etabliert
wurde. Bereits 1974 nahm er aktiv an den Seminaren der Lehrbeauftragten für
Allgemeinmedizin an den Universitäten teil, die unter Leitung von Prof. Dr.
med. Siegfried Häussler, Stuttgart, zunächst in
Berlin, später in München und in Stuttgart durchgeführt wurden. Parallel zu
seiner Tätigkeit in seiner großen Landarztpraxis übernahm er einen Lehrauftrag
für Allgemeinmedizin, geleitet durch Prof. Dr. med. Kurt Schiffner,
an der Universität Tübingen. 1979 erhielt er aufgrund seines Engagements und
seiner Pionierleistungen einen Lehrauftrag für Allgemeinmedizin an der Tübinger
Universität, nachdem durch die Novellierung der Approbationsordnung für Ärzte
der „Kurs zur Einführung in Fragen der allgemeinärztlichen Praxis“ in die
Ausbildung zum Arzt aufgenommen wurde. Mit großem Elan und Überzeugungskraft
förderte Wolfgang Mangold den Aufbau des Lehrbereichs Allgemeinmedizin an der
Universität Tübingen. Dabei konnte er noch nicht auf eine intakte
Organisationsstruktur und einen bestallten Lehrkörper zurückgreifen. Ab 1982
lag die Verantwortung der Ausbildung in Allgemeinmedizin an der Universität Tübingen
ganz auf den Schultern von Wolfgang Mangold, als der damalige erste
Lehrbeauftragte für Allgemeinmedizin an der Tübinger Universität, Prof. Kurt Schiffner, starb. Seiner Energie, seiner Beharrungskraft,
seinem unermüdlichen Einsatz und seinen intensiven Gesprächen mit
Repräsentanten der Fakultät, der Klinikumsverwaltung, der
Universitätsverwaltung und den zuständigen Fachministerien, vor allem dem
Wissenschafts- und Sozialministerium, ist es zu verdanken, dass die Universität
Tübingen 1993 mit Prof. Dr. Wolfgang Mangold und zwei weiteren Allgemeinärzten
Werkverträge abschloss, die einen curricular organisierten Ausbildungs- und
Lehrbetrieb im Fachgebiet Allgemeinmedizin an der Universität Tübingen
garantierten. Zum Honorarprofessor für Allgemeinmedizin an der
Eberhard-Karls-Universität Tübingen wurde Wolfgang Mangold im Jahr 1984
bestellt. In demselben Jahr erfolgte seine Einsetzung als Leiter des neu
geschaffenen, auch räumlich installierten Lehrbereichs Allgemeinmedizin durch
die Fakultät.
Neben seiner ärztlich-beruflichen Tätigkeit, seinem
Engagement in Körperschaften, Verbänden und an der Universität war sein
Sachverstand auch in der Vertreterversammlung der Versorgungsanstalt für Ärzte,
Zahnärzte und Tierärzte in Tübingen gefragt, deren Mitglied er 1993 wurde. Im
April 1994 wählte ihn die Vertreterversammlung zum Mitglied des
Verwaltungsrates der Versorgungsanstalt in Tübingen. Auch in diesem Ehrenamt
übernahm er als Mandatsträger Verantwortung und vertrat die Interessen seiner
ärztlichen Berufskolleginnen und -kollegen. Mit seinem Engagement in der
Versorgungsanstalt trug er auch dazu bei, dass die Alterssicherung der
akademischen Heilberufe im ärztlichen Versorgungswerk gewährleistet war und
ist.
Seinem Elan, dem nie nachlassenden Engagement und seiner
großen menschlichen Hinwendung gelang es nicht nur, als Landarzt im kleinen
Eningen unter Achalm die Patientenversorgung
sicherzustellen, sondern auch die Ausbildung der Medizinstudenten zu verbessern
und somit die Fort- und Weiterbildung von Generationen junger Ärztinnen und
Ärzte zu beeinflussen. Die Lebensleistungen von Wolfgang Mangold zeugen davon,
dass er sich nicht mit einem oder zwei Nebenämtern neben seiner ärztlichen
Tätigkeit begnügte, sondern – schöpfend aus seiner tiefen humanistischen Gesinnung
und Bildung – die gewachsenen Strukturen fortentwickelte und modernisierte.
Sein Verdienst ist es, dass die Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer
Baden-Württemberg, die am 1. Mai 1995 in Kraft getreten ist, landesweit
erfolgreich umgesetzt werden konnte. Auf seine Initiative und seine
Vorleistungen aufbauend, wurde an der Medizinischen Fakultät der Universität
Tübingen ein Lehrbereich für Allgemeinmedizin eingerichtet, an dem als
akademische Lehrer berufserfahrene Allgemeinärzte tätig sind, die das Fach
Allgemeinmedizin in Lehre, Wissenschaft und Forschung vertreten.
Wolfgang Mangold hat sich durch seinen unermüdlichen
Einsatz für die Ärztinnen und Ärzte, als Arzt und durch seine vorbildliche
Haltung als aktiver Berufspolitiker, als Hochschullehrer und als Pionier der
wissenschaftlichen Allgemeinmedizin um die ärztliche Versorgung der Patienten,
die Aus-, Weiter- und Fortbildung, die Wissenschaft, die Allgemeinmedizin, die
Gesundheitspolitik und die Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland
in hervorragender Weise verdient gemacht.
107. Deutscher Ärztetag in Bremen, 18. Mai 2004, Vorstand
der Bundesärztekammer, Präsident
(Beifall)
Der Vorstand der Bundesärztekammer verleiht kraft dieser
Urkunde dem um die deutsche Ärzteschaft hoch verdienten Klaus Springfeld in
Schwerin, Dr. med., Facharzt für
Allgemeinmedizin, die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft.
Die deutschen Ärztinnen und Ärzte ehren in Klaus
Springfeld einen Arzt, der sich in mehr als 40 Jahren seiner beruflichen und
ehrenamtlichen Tätigkeit nicht nur mit großem Engagement, sondern vor allem mit
ganzer Hingabe für die Allgemeinmedizin, für die Entwicklung eines
eigenständigen allgemeinmedizinischen Fachgebietes und für die ärztliche
Betreuung der Patientinnen und Patienten in seiner norddeutschen Heimat
engagiert eingesetzt hat. Seine zahlreichen berufspolitischen und
ehrenamtlichen Aufgaben übte er stets gleichzeitig und neben seiner Tätigkeit
als Facharzt für Allgemeinmedizin und Chefarzt einer Poliklinik und später –
nach der Wiedervereinigung Deutschlands – in einer freiberuflich geführten
Arztpraxis aus.
Klaus Springfeld wurde am 21. Mai 1936 in
Güstrow/Mecklenburg geboren. Die frühen Jahre seiner Kindheit verbrachte er in
dieser mecklenburgischen Kleinstadt – von den Kriegsereignissen relativ
unberührt. Er besuchte die Grund- und Oberschule und bestand 1955 das Abitur.
Schon die Not der Nachkriegszeit, die schwere Erkrankung seiner Mutter und der
frühe Tod des Vaters weckten in Klaus Springfeld Pflichtbewusstsein und die Neigung
des Helfenmüssens. So war nach erfolgreicher
Reifeprüfung an der John-Brinckman-Oberschule in
Güstrow der Wunsch gereift, Medizin zu studieren. Er nahm 1955 sein Studium an
der Medizinischen Fakultät der Universität Rostock auf, das er 1960 mit dem medizinischen
Staatsexamen erfolgreich abschloss. 1961 begann er seine Pflichtassistentenzeit
an den Krankenanstalten und der Poliklinik Güstrow. Schon zu Beginn dieser Zeit
hatte er das allgemein-praktische Jahr abgeleistet. 1960 erhielt er die
Approbation als Arzt. Bereits damals wurde sein Interesse für die
Allgemeinmedizin nachhaltig geprägt. Während seines Medizinstudiums begann er
seine medizinische Dissertation zum Thema „Das rote Blutbild und der Serumwassergehalt bei Neugeborenen gesunder Mütter und Gestosen“ (Doktorvater war Prof. Dr. med. Helmut Kyank, der damalige Direktor der Universitäts-Frauenklinik
Rostock).
Nach der Pflichtassistentenzeit arbeitete Klaus
Springfeld bis 1963 an der Abteilung für Innere Medizin der Poliklinik der
Krankenanstalten Güstrow und von 1963 bis 1966 am Pathologischen Institut in
Schwerin unter der Leitung von Prof. Dr. med. Günter Möbius. Seine berufliche
Tätigkeit am Pathologischen Institut in Schwerin mit mehr als 1.000
selbstständigen Obduktionen prägte sein medizinisch-wissenschaftliches Denken
und war Grundlage für sein späteres praktisches Handeln und Arbeiten.
Weitere Stationen seiner allgemeinmedizinischen
Weiterbildung waren das Bezirkskrankenhaus und die Bezirks-Poliklinik Schwerin.
Die Weiterbildung wurde mit dem Facharztkolloquium 1968 abgeschlossen. Seine
zwei „blauen Jahre“ als Schiffsarzt bei der Hochseefischerei und der Deutschen
Seereederei, die ihn auch einmal rund um den Globus führten und zahlreiche
Kontakte außerhalb der Grenzen der damaligen DDR ermöglichten, stärkten seine
Zielstrebigkeit und Einsicht in die Notwendigkeit einer hoch stehenden guten
medizinischen Versorgung.
Nach Schwerin zurückgekehrt, das infolge
parteipolitischer Strukturierung nur noch Hauptstadt eines Verwaltungsbezirks
war, begann für Klaus Springfeld die aufreibende Tätigkeit als Facharzt für
Allgemeinmedizin, zunächst als Leitender Arzt im Stadtambulatorium
Schwerin-Lankow und ab Eröffnung als Chefarzt der
1976 fertig gestellten Poliklinik Lankow, deren
Konzeption wesentlich von ihm mitgeprägt wurde; von 1972 bis 1985 zugleich auch
als stellvertretender Ärztlicher Direktor der gesamten Bezirkspoliklinik. Diese
Leistungen machten ihn zum ständigen Mitarbeiter am Institut für
Gesundheitsbauten des Ministeriums für Gesundheitswesen der DDR. Gleichzeitig
war er 13 Jahre lang Vorsitzender der Bezirksgesellschaft für Allgemeinmedizin
und von 1972 bis 1990 Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft für
Allgemeinmedizin der DDR und deren Schatzmeister.
Als Mitglied des Senats und Lehrbeauftragter für das Fach
Allgemeinmedizin an der Akademie für Ärztliche Fortbildung der DDR (Berlin)
oblagen Klaus Springfeld die wissenschaftliche und organisatorische
Vorbereitung von Fortbildungsveranstaltungen, Tagungen und Kongressen auf
Bezirks- und Landesebene für Ärzte, wobei eigene Vorträge und
Veröffentlichungen sich hauptsächlich auf den Fortbildungsbedarf, die
individuelle Fortbildung des Facharztes für Allgemeinmedizin sowie die Analyse
von Notarzteinsätzen und Fehldiagnosen bezogen. Dieses enorme Leistungsspektrum
zu erbringen war dank der Geradlinigkeit von Springfeld ohne das allgemein übliche
Zugeständnis einer Parteizugehörigkeit möglich. Die von ihm angestrebte
Habilitation blieb ihm jedoch versagt.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands gehörte Klaus
Springfeld zu den Gründungsmitgliedern der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern
(Rostock). Von 1990 bis 1994 war er Vizepräsident dieser Ärztekammer. Er wurde
stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsausschusses der Ärzteversorgung Mecklenburg-Vorpommern,
war von 1991 bis 1998 Mitglied der Deutschen Akademie für Allgemeinmedizin der
Bundesärztekammer und hatte erfolgreich Einfluss auf die fünfjährige
obligatorische Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin.
Neben seiner hausärztlichen Tätigkeit in der 1991
eingerichteten Praxis nahm er sich auch die Zeit, die allgemeinmedizinische
Fortbildung zielstrebig voranzubringen. Bis 2000 war er Moderator der
Kursweiterbildungen im Fach Allgemeinmedizin in Bad Segeberg
(Schleswig-Holstein), die von den Ärztekammern Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam durchgeführt wurden.
Daneben war er als Sachverständiger ehrenamtlicher
Richter am Sozialgericht Schwerin und Mitglied des Zulassungsausschusses der
Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern tätig.
Mit Vollendung des 65. Lebensjahres gab Klaus Springfeld
seine Tätigkeit auf und trat in den Ruhestand, nahm aber weiter engagiert seine
ehrenamtlichen Aufgaben und Mandate in der Kassenärztlichen Vereinigung wahr.
Die großen vorbildlichen Leistungen in und für „sein“
Fachgebiet Allgemeinmedizin sind sowohl vor als auch nach der Wiedervereinigung
Deutschlands mehrfach gewürdigt worden: 1974 mit der Ernennung zum
Medizinalrat, 1983 mit der Ernst-Ludwig-Heim-Medaille der Gesellschaft für
Allgemeinmedizin der DDR, 1998 mit der Ernst-von-Bergmann-Plakette
der Bundesärztekammer und 2003 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande des
Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Klaus Springfeld hat sich durch seinen vier Jahrzehnte
währenden unermüdlichen Einsatz und seine vorbildliche Haltung als Arzt, Chefarzt,
Berufspolitiker und akademischer Lehrer im Fach Allgemeinmedizin große und
bleibende Verdienste um die ärztliche Versorgung der Patientinnen und Patienten
in Mecklenburg-Vorpommern, um den Auf- und Ausbau einer funktionierenden
ärztlichen Selbstverwaltung, die wissenschaftliche Lehre im Fach
Allgemeinmedizin, um die Etablierung des Faches Allgemeinmedizin an den
Universitäten und Hochschulen, um die Selbstverwaltung und das Gemeinwohl in
der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht.
107. Deutscher Ärztetag in Bremen, 18. Mai 2004, Vorstand
der Bundesärztekammer, Präsident
(Beifall)
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