Henke, Vorstand der Bundesärztekammer:
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil
ich etwas zur Wirtschaftlichkeit sagen möchte. Herr Kollege, ich glaube,
der Umgang mit dem Terminus „wirtschaftlich“ ist ein bisschen komplizierter,
als Sie es eben an dem Beispiel des 70-jährigen Patienten dargestellt
haben, der reanimiert wird. Ich finde, man kann gar keine Aussage
darüber machen, ob es wirtschaftlich oder unwirtschaftlich ist, diesen
70-jährigen Patienten zu reanimieren. Dazu muss man nämlich Angaben
darüber haben, wie diese Reanimation organisiert wird, wie sie abläuft
und ob es möglich wäre, dieselbe Reanimation bei demselben Patienten
in einer ökonomisch günstigeren Art und Weise durchzuführen. Dann
kann man die Frage beantworten, ob wirtschaftlich gehandelt wurde
oder nicht.
Wirtschaftlichkeit bedeutet doch nichts anderes,
als dass die eingesetzten Mittel den größtmöglichen Nutzen stiften
oder dass man einen angestrebten Nutzen für einen Betrag bekommt,
der so niedrig liegt, wie es möglich ist. Ich meine, in diesem Sinne
der Zweck-Mittel-Relation werden wir uns als Ärzteschaft doch als
Allerletzte dem Wirtschaftlichkeitsgedanken verweigern, weil wir als
Ärzteschaft doch registrieren, zu welchen Zwangssituationen es führt,
wenn wir mit der Tatsache konfrontiert sind, dass das vorhandene Geld
für bestimmte Aufgaben nicht ausreicht.
Deswegen müssen wir ein elementares Interesse daran
haben, dass die vorhandenen Mittel so viel Nutzen wie möglich stiften
und dass der erzielbare Nutzen mit möglichst geringen Mitteln erreicht
wird.
An dieser Stelle warne ich davor, das Ziel, das
man verfolgt, den Nutzen, den man erreichen will, mit der Frage nach
der Wirtschaftlichkeit gleichzusetzen. Das muss unabhängig von der
Frage entschieden werden, ob etwas teuer oder billig ist. Natürlich
kann ein teures Produkt wirtschaftlich geschaffen werden, wenn es
einem Wert gegenübersteht. Bei der Reanimation eines 70-jährigen Patienten,
bei dem es um ein Leben geht, bei dem man noch zehn oder 15 Jahre
absolut am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, ist die Reanimation
ihren Preis wert. Wir müssen uns dagegen wehren, dass Ökonomen so
tun, als werde jede Sache bereits durch ihren Preis ausgedrückt, als
sei etwas Teures nicht gut. Johannes Rau hat einmal gesagt: Wir müssen
Acht geben, dass wir nicht allen Dingen einen Preis geben, ihnen aber
ihren Wert nehmen. Auch damit hat er Recht.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Danke schön, Herr Henke. – Der nächste Redner ist Herr Professor Hettenbach
aus Baden-Württemberg. Bitte schön. |