Dr. Bartmann, Vorstand
der Bundesärztekammer:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin Arbeiter
im Berufsordnungsausschuss. Ich kann Ihnen sagen: Diese Baustelle
bringt wirklich Arbeit mit sich. Wir wären also ganz froh gewesen,
wenn wir uns nach der Novellierung im vergangenen Jahr, als wir
den Werbeparagraphen und Regelungen zur Zusammenarbeit zwischen
Arzt und Industrie beschlossen haben, ein bisschen Ruhe hätten lassen
können, um zu einer grundsätzlichen Novellierung der Berufsordnung
zu kommen.
Sie wissen – Herr Flenker hat es eben anklingen lassen –:
Die jetzige Systematik beruht auf dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Das heißt,
jeder Arzt, der etwas unternehmen will, sollte zunächst einmal davon ausgehen,
dass ihm das, was er unternehmen will, verboten ist, es sei denn, er findet
irgendwo in den Paragraphen oder in den Ausführungsbestimmungen im Teil D eine
ausdrückliche Erlaubnis für das, was er vorhat. Diese Systematik bedeutet eine
sehr große Regelungstiefe und eine sehr große Regelungsenge. Es wäre also
wünschenswert, zu genau der gegenteiligen Regelung zu kommen, nämlich zu einer
Systematik der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt, sodass man, wenn man etwas
vorhat, zunächst einmal davon ausgehen kann, dass es erlaubt ist, es sei denn,
es handelt sich um wenige Essentials, die wir aus ethischen oder systematischen
Gründen nicht wollen und nicht zulassen dürfen. Das ist sehr viel einfacher,
transparenter und überschaubarer.
Wir ärztlichen Mitglieder im Ausschuss waren der Meinung,
das müsste doch möglich sein; man setzt sich zusammen, geht die gar nicht so
zahlreichen Paragraphen durch und ordnet sie nach der neuen Systematik. Diesen
Zahn haben uns die juristischen Mitglieder des Ausschusses sehr rasch und sehr
gründlich gezogen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Hütte brennt!
Wenn es brennt, muss man löschen und darf sich nicht über Reformstrukturen bei
der Feuerwehr unterhalten. Wenn Sie allerdings die vorliegende Novellierung so
lesen wollen, können Sie daraus durchaus schon die Zielrichtung erkennen. Wir
haben die Ausführungsbestimmungen mit in den Paragraphenteil aufgenommen. Wenn
Sie die einzelnen Paragraphen abklopfen, werden Sie feststellen, dass es sehr
viel mehr Erlaubnis- als Verbotsvorbehalte gibt.
Wo brennt die Hütte? Seit Jahren und nicht erst seit dem
GMG, wie viele es heute schon kolportieren, haben vor allem fachärztliche Kollegen
große Mühe, ihre Praxis am Ende ihres Berufslebens zu Konditionen zu veräußern,
die auch nur annähernd ihren Erwartungen entsprechen. Ich erinnere Sie daran,
dass das Landgericht Nürnberg im Frühjahr dieses Jahres zwei Anästhesisten die
überörtliche Kooperation erlaubt hat. Das tun sie nicht, um uns zu ärgern,
sondern aus existenzieller Not. Ich erinnere Sie ferner daran, dass ein
Medizinisches Versorgungszentrum nach der jetzigen Systematik von Vertretern
aller Heilberufe geleitet werden kann, aber nicht von Ärzten. Dazu müssen wir
unsere Berufsordnung ändern.
Wir brauchen gleich lange Spieße für unternehmerisch
aktive Ärzte. Dazu gehört auch § 19 Abs. 2. Herr Kunze, Sie haben sich da ein
paar Mal ein bisschen überschlagen. Wenn Sie gleich lange Spieße fordern,
können Sie nicht genau verbauen, die beispielsweise aus dem Erziehungsurlaub
heraus ein paar Stunden tätig werden möchten.
Ich bitte Sie ganz herzlich: Berücksichtigen Sie all das,
bevor Sie sich entscheiden, entweder das Gesamte oder Teile dessen zu
prolongieren, während draußen die Hütte weiter abfackelt.
Vielen Dank.
(Beifall)
Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer
und des Deutschen Ärztetages:
Schönen Dank, Herr Bartmann. – Der nächste Redner ist Herr Kollege
Emminger aus Bayern.
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