Prof. Dr. Flenker, Referent:
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst
darf ich mich ganz herzlich bei Ihnen allen für die sehr sachliche und
intensive Diskussion bedanken. Ich bedanke mich natürlich auch bei denjenigen,
die hier ihre Sorgen, ihre Bedenken artikuliert haben. Ich habe Verständnis
dafür, dass man vor etwas Neuem Sorgen und Bedenken hat.
Mein herzlicher Dank gilt Herrn Lutz und Herrn
Emminger dafür, dass sie ihren Antrag zurückgezogen haben, sodass
er hier und heute nicht zur Abstimmung ansteht. Ich glaube, es wäre
ein schlechtes Zeichen für die deutsche Ärzteschaft, wenn wir in der
Frage der Berufsordnung eine "Politik der ruhigen Hand",
die sich schon in der Wirtschaftspolitik als nicht erfolgreich erwiesen
hat, betrieben. Wir müssen entscheiden. Ich glaube, wir müssen auch
zur Kenntnis nehmen, dass ein Unterschied besteht zwischen einer Welt,
die man sich träumt, bei der man von sehr paradiesischen Verhältnissen
ausgeht, und der real existierenden Welt. Wir müssen uns in der Welt
des SGB V und des GKV-Modernisierungsgesetzes bewegen.
Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich natürlich
nicht auf die einzelnen Diskussionsbeiträge dezidiert eingehen kann.
Die Ausführungen haben sich ganz wesentlich auf § 19 Abs. 2 fokussiert.
Ich muss mir den Vorwurf machen, dass es mir bei den Gegnern dieser
Bestimmung wohl nicht gelungen ist, klar zu machen, was diese Vorschrift
eigentlich bedeutet. Sie wissen, ich bin schon sehr lange – 20 Jahre
oder länger – Delegierter auf Deutschen Ärztetagen. Sie wissen, dass
ich ein engagiertes Mitglied des Marburger Bundes bin. Einige von
Ihnen wissen auch, dass ich ein engagierter und aktiver Sozialdemokrat
bin.
Wenn Sie meinen Background kennen, werden Sie wohl
verstehen, dass ich der Letzte bin, der für Ausbeutung und Knebelung
von jungen Kolleginnen und Kollegen eintritt. Sie werden in dieser
sehr langen Zeit wahrscheinlich auch nie erlebt haben, dass ich in
eine Konfrontationsstellung mit Frank Ulrich Montgomery gekommen bin.
Das ist etwas ganz Neues. Das liegt wahrscheinlich ausschließlich
daran, dass ich den Gedanken, der hinter § 19 Abs. 2, wie wir ihn
vorschlagen, steht, wohl nicht richtig vermittelt habe. Ich möchte
noch einmal zum Ausdruck bringen: Es geht hier ausschließlich um eine
Erweiterung der Optionsmöglichkeiten. Durch § 19 Abs. 2 wird in gar
keiner Weise in der Zukunft die Niederlassung von jungen Kolleginnen
und Kollegen verhindert. Es wird eine weitere Option für diejenigen
eröffnet, die ein wirtschaftliches Risiko - aus welchen Gründen auch
immer – nicht übernehmen wollen, aber ambulant, außerhalb eines Krankenhauses
und außerhalb eines Medizinischen Versorgungszentrums, das beispielsweise
von einem Apotheker geleitet werden könnte, arbeiten möchten. Diesen
Kolleginnen und Kollegen möchte ich und möchten die Berufsordnungsgremien
eine Chance einräumen, dieses zu tun.
Natürlich besteht weiterhin die Möglichkeit, sich
in freier Praxis als Einzelkämpferin bzw. Einzelkämpfer niederzulassen.
Es besteht weiterhin die Möglichkeit, als Partner in eine bestehende
Praxis einzutreten. Mir geht es mit dieser Regelung darum, eine weitere
Option zu eröffnen.
Sollten Sie diesem zustimmen, worum ich Sie bitten
möchte, ist es natürlich zwingend erforderlich, dass für diese Kolleginnen
und Kollegen, wie Herr Montgomery ausgeführt hat, arbeitsrechtliche,
tarifrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Es wird als Ausfluss des
§ 19 Abs. 2 in der vorliegenden Form erforderlich sein, dass der Marburger
Bund dann mit den Vertretern der Arbeitgeber entsprechende Tarifverträge
abschließt. Aus der bisherigen Diskussion habe ich das Gefühl gewonnen,
dass Sie meinen, wenn Sie § 19 Abs. 2 zustimmen, gibt es keine Alternative
mehr, außer zukünftig als Angestellter in Praxen tätig zu sein. Das
ist nicht der Fall. Eröffnen Sie doch den jungen Kolleginnen und Kollegen
die Möglichkeit, aufgrund ihrer Situation selber zu entscheiden, welche
Möglichkeiten sie wahrnehmen.
Ermöglichen Sie niedergelassenen Kolleginnen und
Kollegen im fachärztlichen Bereich eine Wettbewerbschance gegenüber
dem Medizinischen Versorgungszentrum. Verhindern Sie, dass Sie die
Kolleginnen und Kollegen ausschließlich in Medizinische Versorgungszentren
drängen und zwingen.
Ich darf Sie noch einmal ganz herzlich bitten,
dem Antrag III-1 des Vorstandes zuzustimmen.
Herzlichen Dank.
(Beifall) |