TOP IV: (Muster-)Weiterbildungsordnung

Tag 3: Donnerstag, 20. Mai 2004 Vormittagssitzung

Dr. Kühn, Baden-Württemberg:

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Antrag IV-35 zur Suchtmedizinischen Grundversorgung gestellt. Ich möchte zunächst sagen, dass dieser Begriff genauso wie jener der psychosomatischen Grundversorgung für jeden Hausarzt eine Beleidigung ist; denn jeder Hausarzt tut das aufgrund seiner Erfahrung und aufgrund dessen, was er gelernt hat. Nun gibt es diesen Begriff und wir müssen mit ihm umgehen.

Das Schwierigste ist für mich, Herrn Professor Flenker – er ist gerade nicht anwesend – vom Inhalt meines Antrags zu überzeugen. Mein Antrag beruht auf der Meinung, dass die Suchtkranken ein Klientel sind, bei dem man in der Praxis nur Unwahrheiten erfährt. In den stationären Einrichtungen kommt man etwas näher an die Hintergründe heran.

Ich habe in Südwürttemberg alle Kolleginnen und Kollegen, die substituieren, vor Jahren ausgebildet. Ich habe den 50-Stunden-Kurs absolviert. Ich weiß, was da läuft. Wir haben in Baden-Württemberg die Fachkunde Suchtmedizin. Ich substituiere seit sechs oder sieben Jahren.

Die Fachkunde in Württemberg ohne die stationäre Hospitationspflicht hat nicht zu einer Vergrößerung der Zahl der substituierenden Kolleginnen und Kollegen geführt. Die Erfahrung ist vielmehr, dass zahlreiche Kolleginnen und Kollegen derer, die die Fachkunde haben, nicht substituieren, weil sie einfach mit den Bedingungen nicht zurechtkommen und mit der Hoffnungslosigkeit, die auf diesem Gebiet vorhanden ist.

Wir haben in Württemberg ferner die Erfahrung gemacht, dass mehr als Dreiviertel aller Kolleginnen und Kollegen, die die Fachkunde erwerben, nicht niedergelassen sind, sondern die Fachkunde haben möchten, weil sie eventuell als Psychiater oder in sozialen Einrichtungen bzw. in Einrichtungen der Jugendhilfe ärztlich tätig sind oder eben in Suchtkliniken.

Das bedeutet: Nach den bisherigen Erfahrungen gibt es keinen Zusammenhang zwischen den Anforderungen an die bisherige Fachkunde und der Bereitschaft der Kollegen, zu substituieren.

Aus diesem Grunde halte ich die Bedenken für nicht gerechtfertigt und halte das Argument, dass die 50-Stunden-Theorie nicht ausreichend ist, für sehr viel schwerwiegender. Mein Antrag beinhaltet nur die Hälfte des Antrags von Herrn Thierse. Ich halte eine mehrtägige Hospitation, meinetwegen 40 Stunden, für unerlässlich, damit die Fachkunde zumindest das ist, was sie zu sein vorgibt.

Ich danke Ihnen.

Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Schönen Dank, Herr Kühn. – Das Wort hat jetzt Herr Kötzle aus Nordrhein.

© 2004, Bundesärztekammer.