TOP V: Ärztliche Fortbildung - Sachstandsbericht

Tag 2: Mittwoch, 19. Mai 2004 Nachmittagssitzung

Prof. Dr. Eckel, Referent:

Meine Damen und Herren! Eines muss ich feststellen: Wir haben eine Schlacht verloren, sind dennoch nicht geschlagen. Letztes Jahr glaubten wir, die Delegierten des 106. Deutschen Ärztetages, noch durch das freiwillige Fortbildungszertifikat die Verankerung der verpflichtenden Fortbildung im SGB V verhindern zu können. Das haben wir nicht geschafft! Das „Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung“ ist am 1. Januar 2004 in Kraft getreten. Gemäß § 95 d SGB V verpflichtet der Gesetzgeber nun die Vertragsärzte, sich regelmäßig fortzubilden und den Nachweis ihrer Fortbildung alle fünf Jahre der Kassenärztlichen Vereinigung vorzulegen. Übrigens: Die verpflichtende Fortbildung war von Anfang an Wille aller Fraktionen und stand nach unserem Wissen zu keinem Zeitpunkt zur Disposition.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war auch keineswegs vorauseilender Gehorsam unsererseits, als wir mit der Einführung des freiwilligen Fortbildungs­zertifikats eindrucksvoll das Engagement der Kolleginnen und Kollegen dokumentierten, entspricht es doch zutiefst unserer Überzeugung, dass Fortbildung selbstverständlicher Bestandteil unserer ärztlichen Berufsausübung ist – und das sicher nicht nur, weil die Fortbildungspflicht seit langem Bestandteil der ärztlichen Berufsordnung ist. Auch wenn wir diese politische Entwicklung für einen – wenn ich unseren Präsidenten Jörg Hoppe zitieren darf – klassischen Fall „staatlicher Überregulierung“ halte, kann ich Ihnen versichern, dass von der Politik im Vorfeld ausgiebig Alternativen zur Fortbildung diskutiert wurden, um den Kompetenznachweis der Ärzte zu prüfen. Diese aber wären mit einem so enormen Bürokratismus für uns Ärzte verbunden gewesen, ohne dass man die Sinnhaftigkeit der Verfahren so recht hätte erkennen können.

Wenn wir nun auch eine Schlacht verloren haben, so haben wir wenigstens einen Teilerfolg erringen können: Die inhaltliche Ausgestaltung und Durchführung des Fortbildungsnachweises liegt in unseren, den Händen der ärztlichen Selbstverwaltung. Das ist für Außenstehende keineswegs selbstverständlich, für uns Ärzte jedoch ureigene Aufgabe. Ich möchte daran erinnern, dass die ersten Entwürfe des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes noch vorsahen, dass diese Aufgabe vom Gemeinsamen Bundesausschuss und damit unter anderem von den Krankenkassen geleistet werden sollte. Das kann man nicht oft genug wiederholen. Hier ist es uns gelungen, dass der Gesetzestext so weit geändert wurde, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung im Einvernehmen mit der Bundesärztekammer verbindlich den angemessenen Umfang der im Fünfjahreszeitraum notwendigen Fortbildung regelt. Als Nachweis wird in der Regel das Fortbildungszertifikat der Ärztekammern dienen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Bundesärztekammer arbeiten hier eng zusammen, um den Ärzten eine praxisnahe Lösung ohne überbordenden Bürokratismus, den sie ohnehin überreichlich haben, anzubieten.

Die verpflichtende Fortbildung bleibt jedoch nicht allein auf Vertragsärzte beschränkt. Das Gesetz sieht in § 137 vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss Mindestanforderungen an die Strukturqualität der Leistungen im Rahmen der Krankenhausbehandlung festzulegen hat. Dies beinhaltet auch die im Abstand von fünf Jahren zu erfüllenden Fortbildungspflichten der Fachärzte am Krankenhaus. Auch hier ist die Bundesärztekammer zu beteiligen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Fortbildung und der Fortbildungsnachweis erhalten hierdurch einen anderen Stellenwert, werden im Grunde zur Conditio sine qua non. Die bisher ausschließlich berufsrechtliche Fortbildungspflicht ist nunmehr Bestandteil des Zulassungsrechts: Vertragsärzte, die zum 30. Juni 2004 zugelassen sind, müssen die Fortbildungsnachweise erstmalig bis zum 30. Juni 2009 erbringen. Ein fehlender Fortbildungsnachweis führt zu einer Kürzung des Vergütungsanspruchs des Arztes: zunächst um 10 Prozent, ab dem 5. Quartal um 25 Prozent. Zwei Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums soll die KV einen Antrag auf Entziehung der Zulassung stellen. Solche Strafandrohungen sind im Grunde ungeheuerlich, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall)

Hier soll auch nicht verschwiegen werden, dass es Gelehrte gibt, die in dieser Beziehung auch verfassungsrechtliche Bedenken äußern.

Aber widmen wir uns nun der Fortbildungssatzung: Um ein bundeseinheitliches Vorgehen bei der Bewertung von Fortbildungsmaßnahmen sicherzustellen und um uns Ärzten die Sicherheit zu geben, dass die von uns gewählten Fortbildungsmaßnahmen auch für den Erwerb des Fortbildungszertifikats anrechenbar sind, wurde eine (Muster-)Satzungsregelung „Fortbildung und Fortbildungszertifikat“ erarbeitet. Diese möchte ich Ihnen nun vorstellen.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle den Hinweis, dass diese Fortbildungssatzung, die die Fachgremien der Bundesärztekammer erarbeiteten, in enger Abstimmung mit den ärztlichen Berufsverbänden und wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften geschaffen wurde.

Die (Muster-)Satzungsregelung „Fortbildung und Fortbildungszertifikat“ wurde Ihnen zugesandt. Gestatten Sie mir hier den Hinweis auf einige wichtige Aspekte

Zunächst möchte ich auf § 2, den Inhalt der Fortbildung, zu sprechen kommen. Fortbildung soll selbstverständlich wissenschaftliche Erkenntnisse und neue medizinische Verfahren vermitteln. Zur ärztlichen Fortbildung gehören aber auch Maßnahmen zur Verbesserung kommunikativer und sozialer Kompetenzen. Sie schließen Methoden der Qualitätssicherung, des Qualitätsmanagements und der evidenzbasierten Medizin ein.

Wir sind der Meinung, dass die unter § 3 – Fortbildungsmethoden – aufgeführten Methoden um curriculär vermittelte Inhalte erweitert werden sollten, etwa in Form von curriculärer Fortbildung, die immer wichtiger wird, Weiterbildungskursen oder Zusatzstudiengängen.

Zu § 6, der Bewertung von Fortbildungsmaßnahmen: Es bestand unter den nunmehr geänderten Rahmenbedingungen Konsens, die maximale Punktzahl bestimmter Kategorien anzuheben: Die Kategorie B – mehrtägige Kongresse im In- und Ausland - sieht nun 150 Punkte in fünf Jahren vor – zuvor waren es 100 Punkte –, die Kategorie D – strukturierte interaktive Fortbildung – sieht 100 Punkte in fünf Jahren vor, vorher 50 Punkte.

Neu hinzugekommen ist die Kategorie H – curriculär vermittelte Inhalte –, bei der ebenfalls 150 Punkte in fünf Jahren erworben werden können.

Ich erwähnte bereits, dass wir eng mit den Berufsverbänden und den wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften zusammenarbeiten. Daher war es für uns selbstverständlich, einen neuen Paragraphen, nämlich § 10 – Anerkennung von Fortbildungsveranstaltern –, aufzunehmen – ein Verfahren, das die Landesärztekammern Bayern und Nordrhein bereits praktizieren.

Dies, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, war nun eine „Tour de Force“ durch die (Muster-)Satzungsregelung „Fortbildung und Fortbildungszertifikat“. Im Übrigen haben wir uns auf vorhergehenden Ärztetagen bereits mit den Bewertungskriterien und den grundsätzlichen Dingen ausgiebig befasst. Uns ist bewusst, dass eine solche Fortbildungssatzung nicht in Stein gemeißelt ist und immer wieder der Überprüfung und der Ergänzung bedarf. Und dies kann nur durch uns, die verfasste Ärzteschaft, und nicht durch mehr oder weniger berufene „Sachverständige“ ohne Praxisbezug und -erfahrung erfolgen!

Darüber hinaus planen die Ärztekammern die Einrichtung von Fortbildungspunktekonten für ihre Ärzte. Somit hat der Arzt die Gewähr, dass seine Fortbildungsmaßnahme auch auf das Fortbildungszertifikat angerechnet wird, und so bekommt er einen exakten Überblick über den Umfang seiner erworbenen Fortbildungspunkte.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich bitte Sie herzlich, der vorliegenden (Muster-) Satzungsregelung „Fortbildung und Fortbildungszertifikat“ zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages:

Vielen Dank, Heyo Eckel, für diese Einführung und die Vorstellung der (Muster-)Satzungsregelung „Fortbildung und Fortbildungszertifikat“. Ich hoffe, der Antrag des Vorstandes der Bundesärztekammer liegt auf Ihren Plätzen. Es ist ein Papier von insgesamt acht Seiten. Zusätzlich gibt es die Änderungsanträge 1 a, 1 b und 1 c. Sie werden unverzüglich verteilt. Ferner gibt es den Antrag 2. Die übrigen Anträge zielen nicht auf eine Änderung der vorliegenden Satzung ab, sondern gehen weiter und berücksichtigen zusätzliche Punkte, die vielleicht für spätere Ärztetage oder für den Vollzug in den Ärztekammern von Bedeutung sein könnten.

Mitautor des Änderungsantrags 1 a ist Herr Kollege Kaplan aus Bayern, der sich auch schon zu Wort gemeldet hat. Bitte schön.

© 2004, Bundesärztekammer.