Henke, Referent:
Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich möchte nur wenige Bemerkungen machen. Ich habe nichts
gegen Barmherzigkeit, aber hege doch einen nachdenklichen Zweifel,
ob ich, wenn ich selbst eine schwerere Behinderung hätte, als Haltung
meines Gegenübers Barmherzigkeit haben möchte. Dieser Begriff ist
in der Nähe von Mitleid angesiedelt. Ich weiß als Behinderter, dass
der Gesunde mein Leiden nicht mitleiden wird und kann. Deswegen hätte
ich ein bisschen Schwierigkeiten mit dem Begriff der Barmherzigkeit.
Ich will diese Bezeichnung nicht abqualifizieren, aber ich wünsche
mir als Charakterisierung des Umgangs mit Behinderten die Begriffe
Partnerschaft, Gleichberechtigung und die Haltung, lieber Helmut Peters,
die ich mit dem Begriff der Normalität gemeint habe. Normalität an
einem wie auch immer mehrheitlich gefundenen Ziel und Durchschnitt
zu messen muss zu dem führen, wovor du mit Recht gewarnt hast. Ich
meine mit Normalität das Erstreben einer Lebenssituation so normal
wie möglich.
Ich bin nachdenklich geworden durch den Hinweis,
dass durch die Verwendung des Begriffs „normal“ eine Messlatte ins
Spiel kommt, was ich an sich vermeiden möchte. Ich bin froh, dass
der Begriff „Normalität“ nicht im Antrag steht. Ich habe ihn in meinem
Referat als Annäherung an die Normalität, soweit dies möglich ist,
gemeint. Ich werde darüber nachdenken, wie ich es in der gedruckten
Fassung, sofern es eine solche geben wird, formulieren werde.
Zu den gestellten Anträgen gibt es, glaube ich,
keinen Widerspruch, zu jenen hinsichtlich Schule und Ausbildung eher
nicht. Ich könnte mir jetzt mit der Aussage helfen: Wir haben natürlich
den Arbeitsplatz von Schülern und Auszubildenden mit gemeint, aber
das ist nicht wahr. Wir haben schlicht und ergreifend die besondere
Situation von Kindern und Jugendlichen vergessen. Ich bin dankbar
dafür, dass das durch diese Diskussion und die Änderungsanträge ausdrücklich
hineinkommt.
Mit dem Antrag 2 b von Frau Berendes
kann ich leben, dass im Antrag 2 folgender Satz ersatzlos gestrichen
wird:
Die Hilfen in besonderen, gezielt auf behinderte
Menschen ausgerichteten Einrichtungen sind auf das unbedingt Notwendige
zu beschränken.
Der entscheidende Punkt ist, dass in jedem Einzelfall
die konkret benötigte Förderung gewährleistet ist. Wo es erforderlich
ist, müssen spezielle Dienste und Einrichtungen geschaffen werden.
Unser Ziel sollte allerdings sein, so wenig wie möglich getrennte
und spezielle Einrichtungen zu haben. Das war das Motiv für die Aufnahme
dieses Satzes in den Antragstext. Wenn das missverständlich ist und
Schäden auslösen kann, stimme ich zu, Frau Berendes, dass wir diesen Satz streichen.
Es gibt einen Widerspruch, auf den mich Frau Beck
aus Thüringen aufmerksam gemacht hat. Das hat sich allerdings nicht
mehr in einem gesonderten Antrag niedergeschlagen. Dieser Widerspruch
besteht darin, dass wir auf der zweiten Seite des Antrags 2 unter
der Überschrift „Rehabilitationsleistung als Hilfen zur Integration
behinderter Menschen“ von dem dreistufig aufgebauten Behindertenbegriff
der WHO sprechen – ICIDH –, während inzwischen die Weltgesundheitsorganisation
– darauf habe ich in meinem Referat hingewiesen – zu dem fünfdimensional
aufgebauten Begriff – ICF – übergegangen ist. Ich bitte darum, dass
Sie uns quasi Prokura geben, dort zu formulieren, dass im Einklang
mit dem in fünf Dimensionen aufgebauten Modell der Weltgesundheitsorganisation
zur Behinderung – Körperfunktionen, Körperstrukturen, Aktivitäten
der Person und Partizipation in der Gesellschaft sowie Umweltfaktoren
– Hilfen bzw. Rehabilitationsmaßnahmen, ausgerichtet auf unterschiedliche
Ansatzpunkte, folgendes sind; dann kommt die Aufzählung. Dann hätte
man diesen Mangel und den zwischen Referat und Antrag bestehenden
Widerspruch beseitigt. Wir haben es nicht mehr geschafft, es entsprechend
umzudrucken. Aber vielleicht ist das so eindeutig und klar, dass Sie
dem folgen können, ohne dass es schriftlich vorliegt.
Ansonsten bedanke ich mich sehr für die Diskussion
und hoffe, dass wir möglichst einheitlich zur Beschlussfassung kommen.
Herzlichen Dank.
(Beifall) |