BESCHLUSSANTRAG IV -
15
Der Antrag von Dr. Hollnberger (Drucksache IV-15) wird zur weiteren
Beratung an den Vorstand der Bundesärztekammer überwiesen:
Antrag zur Aufnahme der „speziellen Kinderanästhesie“
als Zusatzweiterbildung in die neue Musterweiterbildungsordnung
Abschnitt C:
Definition:
Die Zusatzweiterbildung spezielle Kinderanästhesie umfasst
bei Säuglingen, Kleinkindern und Jugendlichen die Allgemein-,
Regional- und Lokalanästhesie einschließlich deren Vor-
und Nachbehandlung, die Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen
während operativer und diagnostischer Eingriffe, sowie intensivmedizinische,
notfallmedizinische und schmerztherapeutische Maßnahmen. Eine
genaue Ausführung legt diesem Antrag als Anlage bei.
Weiterbildungsziel:
Ziel der Zusatzweiterbildung ist die Erlangung der fachlichen Kompetenz
in spezieller Kinderanästhesie nach Ableistung der vorgeschriebenen
Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalte.
Begründung:
Auf europäischer Ebene ist bereits eine Ausbildung „spezielle
Kinderanästhesie“ von allen EU Ländern beschlossen
worden. Die Umsetzung ist bereits in 12 europäischen Ländern
erfolgt. Deutschland hat diese spezielle Weiterbildung bisher nicht
umgesetzt. Europäische Richtlinien zur Umsetzung der Ausbildung
sind bereits europaweit festgelegt und liegen diesem Antrag bei.
Voraussetzung zum Erwerb der Bezeichnung:
Facharztanerkennung im Fachgebiet Anästhesiologie
Weiterbildungszeit:
24 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten gemäß §
5 Absatz 1 Satz 2, davon können bis zu 6 Monate während
der Facharztweiterbildung abgeleistet werden.
Weiterbildungsinhalt:
§ Präoperative Vorbereitung, Prämedikation, Allgemein-
und/oder Regionalanästhesie, postoperative Analgesie, perioperative
Infusions- und Volumenersatztherapie
§ Operative Intensivtherapie, die
- die postoperative Analgesie, parenterale Ernährung, Volumenersatztherapie,
- die Diagnostik und Therapie postoperativer Störungen der
Vitalfunktion Atmung und Kreislauf,
- die Diagnostik und Therapie postoperativer Störungen der
Nierenfunktion, der Blutgerinnung und Thermoregulation sowie
- die Diagnostik und Therapie postoperativer Infektionen, Septikämien,
Sepsiszustände umfasst
§ Notfallversorgung von Früh- und Neugeborenen im Kreißsaal,
Reanimation von Kindern, Transport von Früh- und Neugeborenen
im Baby-Notarztwagen, Notfallversorgung polytraumatisierter Kinder,
Sicherung der Vitalfunktionen bei pädiatrisch-intensivmedizinischen
Krankheitsbildern
§ Schmerztherapie bei chronisch kranken Kindern mit den Methoden
des
anästhesiologischen Fachgebietes in Zusammenarbeit mit dem
die Grunderkrankung behandelnden Pädiater bzw. Chirurgen
1. Ziel des angestrebten Qualifizierungsnachweises
„Spezielle Kinderanästhesie“
1.1 Vermittlung, Erwerb und Nachweis von speziellen Kenntnissen
der Besonderheiten
- der Anatomie der Atemwege, des Herz-Kreislaufsystems und der
Nieren sowie
- der Physiologie von Atmungs-, Herzkreislauf-, Nierenfunktion
sowie Gerinnung, Stoffwechsel, Wasser-, Elektrolythaushalt und Temperaturregulation
von Früh-
(< 37. SSW) und Neugeborenen (Geburt bis 28. Lebenstag), Säuglingen
(2. Lebensmonat bis 1. Lebensjahr), Kleinkindern (2. Lebensjahr
bis 6. Lebensjahr), Schulkindern (7. bis 18. Lebensjahr).
1.2 Vermittlung, Erwerb und Nachweis von Grundkenntnissen in der
Anwendung von Sedativa, Hypnotika, Analgetika, Narkotika, Muskelrelaxanzien,
Lokalanästhetika sowie Antibiotika und Kardiaka (Katecholamine,
Vasodilatanzien etc.) bei Kindern jeglichen Alters unter Berücksichtigung
pharmakodynamischer und -kinetischer Besonderheiten.
1.3 Vermittlung, Erwerb und Nachweis von speziellen Kenntnissen
und Fertigkeiten bei der Durchführung von Anästhesien
bei Kindern jeglichen Alters, im speziellen:
- Maskennarkosen
- Intubationsnarkosen als Inhalationsnarkosen oder intravenöse
Anästhesien; dazu gehören die Technik der Intubation,
die Wahl der korrekten Tubusgröße etc.
- intraoperative Leitungs- und Regionalanästhesien als Komponenten
der Larynxmasken „balanced anaesthesia“; Peniswuzelblock;
Ileoinguinalis- und Ileohypogastricusblockade, Peridural- und Kaudalanästhesie
etc.
- Regionalanästhesien: Plexusanästhesie, Periduralanästhesie
etc.
- Spinalanästhesien, bei ehemals frühgeborenen Säuglingen
bis zur 60. postkonzeptionellen Woche
1.4 Vermittlung, Erwerb und Nachweis von speziellen Kenntnissen
in der Indikationsstellung der Überwachungsmaßnahmen,
in der kritischen Überprüfung der über das Monitoring
erhaltenen Daten und in der Dateninterpretation.
1.5 Vermittlung, Erwerb und Nachweis von speziellen Kenntnissen
im Legen peripher- und zentralvenöser Katheter sowie arterieller
Zugänge.
1.6 Vermittlung, Erwerb und Nachweis von speziellen Kenntnissen
über anästhesierelevante Grunderkrankungen von Kindern
(wie z. B. Vitium cordis, bronchopulmonale Dysplasie, Mucoviscidose,
ex preterm-Babies, Allergien, Asthma bronchiale, Infektionserkrankungen).
1.7 Vermittlung, Erwerb und Nachweis von speziellen Kenntnissen
in pathologischer Anatomie, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie
der häufigsten kinderchirurgischen Krankheitsbilder im Neugeborenenalter:
- Ösophagusatresie
- kongentiale Zwerchfellhernie
- Gastroschisis, Omphalozele
- Blasenektrophie
- Meningomyelozele
- Nekrotisierende Enterokolitis etc.
und deren speziellen intra- und postoperativen Beatmung.
1.8 Vermittlung, Erwerb und Nachweis von speziellen Kenntnissen
in der Notfalldiagnostik und -therapie polytraumatisierter und schwerverbrannter
Kinder, deren intra- und postoperative Betreuung sowie die Vorgehensweise
bei Wiederholungsnarkosen.
1.9 Vermittlung, Erwerb und Nachweis spezieller Kenntnisse und
Fertigkeiten in der Anästhesie von Kindern in den operativen
Fachgebieten Orthopädie, Augenheilkunde, Neurochirurgie, Herzchirurgie,
Anästhesie bei Kindern mit Herzfehlern bei nicht-kardialen
Eingriffen, Onkologie, Traumatologie, HNO- und Kieferchirurgie.
1.10 Vermittlung, Erwerb und Nachweis spezieller Kenntnisse in
der postoperativen Überwachung, Analgesie, Volumensubstitutionstherapie
und parenteraler Ernährung von Kindern.
1.11 Vermittlung, Erwerb und Nachweis spezieller Kenntnisse in
der Diagnostik und Therapie postoperativer Störungen der
- Atemfunktion (postoperative Pneumonie, IRDS, Pneumo-, Sero, Hämatothorax,
Aspiration, Atelektase) mit konservativen und maschinellen Methoden.
- Herz-Kreislauffunktion (Hypovolämie, Schock, Rhythmusstörungen
etc.) mit medikamentösen und infusionstherapeutischen Maßnahmen
- Stoffwechselfunktion (diabetische Stoffwechselentgleisung etc.)
- Blutgerinnung (Verlust- und Verbrauchskoagulopathien etc.) mit
substitutionstherapeutischen Maßnahmen
- Temperaturregulation
- Nierenfunktion
- ZNS
1.12 Vermittlung, Erwerb und Nachweis von Grundkenntnissen in der
Indikationsstellung für bildgebende Verfahren, orientierende
Kenntnisse in der Befundinterpretation
1.13 Vermittlung, Erwerb und Nachweis spezieller Kenntnisse in
der Indikationsstellung zu Laboruntersuchungen in der postoperativen
Überwachungsphase sowie bei postoperativen Störungen der
Vitalfunktionen von Kindern.
1.14 Vermittlung, Erwerb und Nachweis spezieller Kenntnisse in
der Diagnostik und Therapie postoperativer Infektionen, Septikämien
und Sepsis bei Kindern unter Berücksichtigung der durchgeführten
Operation.
1.15 Vermittlung, Erwerb und Nachweis spezieller Kenntnisse und
Fertigkeiten in der Versorgung von Früh- und Neugeborenen im
Kreißsaal, Reanimation von Neugeborenen mit den für das
Neugeborenenalter typischen Techniken, im Transport von Früh-
und Neugeborenen im Inkubator, in der Notfallversorgung polytraumatisierter
und schwerverbrannter Kinder, der Sicherung der Vitalfunktion bei
pädiatrisch- intensivmedizinischen Krankheitsbildern (u. a.
Epiglottis, Pseudokrupp), Reanimation von Kindern.
Grundkenntnisse in der Katheterisierung von Nabelvenen und Arterien.
1.16 Vermittlung, Erwerb und Nachweis spezieller Kenntnisse und
Fertigkeiten in der Schmerztherapie chronisch kranker Kinder mit
Hilfe regionalanästhesiologischer und systemisch-analgetischer
Maßnahmen.
1.17 Vermittlung, Erwerb und Nachweis spezieller Kenntnisse und
Fertigkeiten in speziellen Beatmungstechniken des Früh-, Neugeborenen-
und Kleinkindesalter.
2. Voraussetzungen
2.1. Dauer und Ort der Ausbildung
Dauer: 2 Jahre, davon ½ Jahr auf einer Intensivstation,
auf der regelmäßig Kinder behandelt werden oder einer
neonatologischen Intensivstation.
Ort: Klinik bzw. Kinderklinik mit mehr als 1500 operativen Fällen
und mehr als 6 intensivmedizinischen Betten
2.2. Nachweise
Anästhesien: 500,
- darunter 200 bei Kindern < 1 Jahr
- davon 50 bei Früh- und Neugeborenen
Fachgebietsspezifikation:
- Kinderchirurgie, Kinderurologie
- Neurochirurgie oder HNO, Augen, Orthopädie Kieferchirurgie,
Traumatologie, Herzchirurgie, etc.
- selbständige Durchführung von mindestens 50 Anästhesien
bei großen thorax- und abdominalchirurgischen Eingriffen
- selbständige Durchführung von 25 Narkosen bei endotrachealen/endobronchialen
diagnostischen Eingriffen
- selbständige Durchführung von 50 Leitungs- und 25 rückenmarksnahen
Anästhesien
- selbstständige Durchführung von 25 zentralvenösen
Zugängen und 25 arteriellen Kanülen/Punktionen
Intensivmedizin s. 2.1.
Infusionspläne bei 10 Kindern mit vollständiger parenteraler
Ernährung.
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