ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
VI - 09
Auf Antrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (Drucksache
VI-09) fasst der 107. Deutsche Ärztetag einstimmig folgende
Entschließung:
Der 107. Deutsche Ärztetag ist beunruhigt über den seit
dem 01.01.2004 zu beobachtenden drastischen Rückgang der Patientenzahlen
in der aufsuchenden medizinischen Versorgung Wohnungsloser. Der
Gesetzgeber wird daher aufgefordert, Regelungen zu schaffen, die
die mit dem GMG entstandenen Behandlungsbarrieren für diesen
Personenkreis wieder rückgängig machen.
Hintergrund:
In Deutschland leben ca. 200 000 alleinstehende Wohnungslose. Die
meisten von ihnen weisen ein geringes Krankheitsbewusstsein auf
und sind durch die medizinische Regelversorgung nur schwer zu erreichen.
Aus diesem Grunde sind in den letzten Jahren in den meisten größeren
Städten Deutschlands Projekte entstanden, die sich zum Ziel
gesetzt haben, durch aufsuchende Hilfen die ärztliche Versorgung
Wohnungsloser sicherzustellen.
Mit der Neuregelung des § 264 SGB V werden seit dem 01.01.2004
Sozialhilfeempfänger, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt
erhalten, formal den Versicherten in der GKV gleichgestellt. Die
Folge ist jedoch, dass nun auch wohnungslose Sozialhilfeempfänger
zur Leistung von Praxisgebühren und Zuzahlungen herangezogen
werden. Ihre außerbudgetäre Behandlung durch den Arzt
ist ebenfalls nicht mehr möglich.
Die ärztlichen Projekte zur Versorgung Wohnungsloser melden
seit dem 01.01.2004 auf Grund dieser Regelungen einen Rückgang
der Patientenzahlen z. T. um mehr als 60 %. Ohne eine Veränderung
der Gesetzeslage muss zukünftig wieder mit vermehrten Notfalleinsätzen
und insgesamt höheren Behandlungskosten für diesen Personenkreis
gerechnet werden.
Die bei den meisten Wohnungslosen theoretisch anwendbare Chronikerregelung
nach § 62 SGB V kann das grundsätzliche Problem nicht
auffangen. Sie scheitert zudem praktisch an der Schwierigkeit, die
entsprechenden Zahlungsbelege zu sammeln und zu archivieren.
|