ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
VI - 15
Auf Antrag des Vorstandes der Bundesärztekammer (Drucksache
VI-15) fasst der 107. Deutsche Ärztetag folgende Entschließung:
Das mit den Stimmen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen
im Bundestag verabschiedete Berufsausbildungssicherungsgesetz wird
die Ausbildungssituation in Deutschland nicht verbessern. Weder
Zwangsabgaben noch Prämien werden zusätzliche Lehrstellen
schaffen, sondern bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen sind
notwendig und geeignete Bewerber und Bewerberinnen. Der Deutsche
Ärztetag appelliert deshalb an den Bundesrat, dem Gesetz nicht
zuzustimmen. Der von den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft
vorgeschlagene freiwillige „Ausbildungspakt“ ist der
einzig richtige Weg, um die Vorteile des betriebsnahen deutschen
Ausbildungssystems zu erhalten.
Die deutschen niedergelassenen Ärzte haben bisher einen bedeutenden
Beitrag zur Ausbildungsplatzsicherung geleistet. In den ca. 103
000 deutschen Arztpraxen werden rund 47 000 Arzthelferinnen ausgebildet
(Stand: Dezember 2002). Die Ausbildungsbereitschaft konnte in den
letzten Jahren trotz der Unwägbarkeiten auf Grund zahlreicher
Gesundheitsreformansätze auf anhaltend hohem Niveau gehalten
werden. Erstmals sind die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
zum 30.09.2003 um ca. 8 % zurückgegangen; gleichzeitig stieg
die Arbeitslosenquote von Arzthelferinnen im Jahr 2003 massiv um
17 %. Dies sind Indikatoren dafür, dass sich in erster Linie
die wirtschaftliche Situation der Arztpraxen im Zuge der anhaltenden
Strukturdiskussionen, insbesondere im Hinblick auf das GKV-Modernisierungsgesetz
2004, negativ auf die Personalsituation in Arztpraxen und die Ausbildungsbereitschaft
ausgewirkt haben.
Eine bundeseinheitliche Ausbildungsquote als Grundlage einer Abgabe
zielt vor dem Hintergrund unterschiedlicher Beschäftigungsstrukturen
in Branchen unterschiedlicher Betriebsgrößen und spezifisch
regionaler Ausbildungssituationen an der Realität vorbei. Eine
zentralistische Einheitslösung wird daher keinen zusätzlichen
Ausbildungsplatz schaffen.
Der gewaltige bürokratische Aufwand - nicht nur beim
Bundesverwaltungsamt, das für Berechnung und Erhebung der Abgabe
zuständig sein soll, sondern auch bei den Arbeitgebern, die
die notwendigen Angaben machen bzw. Anträge stellen müssen
- und die Kosten hierfür, die aus dem einzurichtenden
Fonds abfließen, machen die geplante Abgabe zu einem Unterfangen,
das wirtschaftlich unvertretbar ist. Deshalb wendet sich der Deutsche
Ärztetag mit Nachdruck gegen dieses Gesetz. Auch wenn wegen
der Begrenzung der Abgabepflicht auf Betriebe mit mehr als zehn
Beschäftigten die meisten Arztpraxen nicht betroffen sein werden,
so fallen doch zahlreiche Einrichtungen des Gesundheitswesens, aber
auch Kammern, Kassenärztliche Vereinigungen und Berufsverbände
unter ein solches Gesetz. Dies wäre angesichts der Kosten-
und Bürokratiediskussion im Gesundheitswesen vollkommen kontraproduktiv.
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