PD Dr. Scholz, Hessen: Sehr geehrtes Präsidium!
Sehr verehrte Kollegen und Kolleginnen! Wenn über ärztliche Berufspolitik
geredet wird, bedeutet das natürlich auch, dass wir auf den Nachwuchs und auf
die Dinge, die wir im Krankenhaus vorfinden, schauen müssen. Die Hoffnung
derer, die im Krankenhaus sind bzw. waren, ist, dass sie sich eines Tages
niederlassen können. Die Ausblicke dafür sind im Moment aber, gelinde gesagt,
verheerend. Es ist überhaupt nicht attraktiv, vom Krankenhaus wegzugehen und
sich niederzulassen. So bleibt als Ausweg fast nur noch der Dauerarbeitsplatz
Krankenhaus.
Glauben Sie mir: Es war nicht einfach, in Gießen den Streik zu
organisieren. Wenn Sie abnehmen wollen, machen Sie das einmal, das ist eine
ganz tolle Diät! Die empfehle ich Ihnen! Es war unglaublich, dass statt des
Gejammers plötzlich mehr als die Hälfte der Kollegen und Kolleginnen die Arbeit
niedergelegt haben. Das ist leider der einzige Weg, wie wir die Politik dazu
bringen, ab und zu auf uns zu hören, und die Verwaltungen dazu bringen, ab und
zu auf uns zu hören. Wir hören von der Politik und den Verwaltungen immer: Ja,
die Situation ist schlimm, es ist schwierig, wie das bei euch Ärzten ist. Aber
es hat sich nichts geändert, es passiert einfach nichts.
Wir haben im Vorfeld der Organisation erlebt, dass von der
Verwaltung gesagt wurde: Wenn ihr das eine Stunde lang macht, dann ist das ganz
toll, dann stört das nicht. Aber die Kolleginnen und Kollegen haben gesagt: Wir
wollen das einen ganzen Tag lang machen, damit nicht nachmittags nachgearbeitet
und die Arbeit nachgeholt wird, sondern das Haus soll es entsprechend zu spüren
bekommen.
Mich hat an der ganzen Situation Folgendes traurig gestimmt.
Wenn von der Verwaltung Druck kommt, dann können wir das aushalten. Es war
schade, dass viele ärztliche Kollegen, die leitende Funktionen haben, Druck auf
ihre Untergebenen ausgeübt und so verhindert haben, dass 99,9 Prozent der
Kollegen und Kolleginnen demonstriert haben. Das ist nicht in Ordnung!
(Beifall)
Wir müssen auch von diesem Ärztetag aus ein Signal an die
Politik senden. Deutschland – ich habe das gestern in meiner Rede auf Hessen
bezogen – hat keine Rohstoffe, die es exportieren kann und die Geld bringen.
Wir verfügen über Wissen und Können; das müssen wir honorieren und fördern.
Stattdessen bilden wir die Leute mit viel Steuergeldern aus und anschließend
verschwindet die Hälfte. Die Engländer wollen 10 000 Ärzte in Europa
abwerben. Ich sage Ihnen: Das werden sie schaffen. Sie haben keinen Penny in
die Ausbildung investiert.
Wir müssen der Politik klar machen: Wir haben Steuern bezahlt,
ihr habt dort investiert, ihr müsst dafür sorgen, dass die Ärztinnen und Ärzte
hier bleiben und vernünftige Bedingungen vorfinden. Wenn nicht genügend Klinikärzte
zur Verfügung stehen, wer wird dann die Praxen übernehmen? Wer wird draußen im
Lande die Versorgung übernehmen? Diese Fragen stelle ich.
Zum Abschluss ein kleines Beispiel dafür, wie wenig die
Politik uns manchmal respektiert: Auf dem vorjährigen Ärztetag wurde sehr
eindeutig, mit überzeugender Mehrheit beschlossen, dass die Häuser der
Maximalversorgung – sprich: die Universitätsklinika – durch die Länder
ausreichend finanziert werden sollen. Was aber passiert in Hessen? Die beiden
Universitätsklinika Marburg und Gießen sollen bereits im Juni/Juli fusioniert
werden, damit man sie im Januar nächsten Jahres an einen privaten Investor
verkaufen kann. Ich habe noch keinen privaten Krankenhausträger gesehen, der
eine nennenswerte medizinische Erfindung gemacht hat. Nennenswerte medizinische
Erfindungen sind immer von Beschäftigten der Universitätsklinika gemacht
worden, aber nicht von Privaten.
Hier müssen wir offensichtlich der Politik die rote Karte
zeigen und ganz klar sagen: Es gibt einfach Grenzen, wo Schluss ist, dass wir
verkauft werden.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Scholz. Als nächster Redner Herr Antz aus Nordrhein.
|