TOP I: Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik

1. Tag: Dienstag, 3. Mai 2005, nur Nachmittagssitzung

Dr. Albers, Berlin:
Liebes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich leider noch einmal zu Wort melden, weil ich gehört hatte, dass folgendes Problem von jemand anders zur Sprache gebracht würde, was aber leider nicht erfolgt ist. Ich bin als chirurgischer Oberarzt tätig und gleichzeitig auch Betriebsrat. In letzterer Eigenschaft haben wir reichlich zu tun mit dem Personalabbau in den Krankenhäusern. Dabei tauchen immer wieder so genannte Benchmarkzahlen auf, die sich auf so genannte InEK-Vergleichsdaten stützen. Sie werden das sicherlich schon kennen gelernt haben. Die InEK-Daten aus 144 Vergleichskrankenhäusern werden mittlerweile von den Krankenhausträgern instrumentalisiert und werden als Werkzeug zum rigorosen Stellenabbau im ärztlichen Dienst benutzt.

Dieser Stellenabbau gefährdet zunehmend nicht nur die Qualität unserer Arbeit, was natürlich öffentlich nicht gesagt werden darf, weil es das Nachbarhaus zwar auch macht, aber nicht sagt – so schaden wir uns mit dieser öffentlichen Diskussion immer nur selbst –, sondern er gefährdet vor allem auch die Weiterbildung der jungen Kollegen. So werden fehlende Kollegen im OP zum Beispiel an unserem Haus neuerdings durch Operationsassistenten ersetzt. Das ist nicht ärztliches Personal, das als permanenter Hakenhalter eingesetzt wird, wobei man wissen muss, dass bei uns nahezu alle Eingriffe inklusive der Whipple-Operation oder der tiefen anterioren Resektionen nur noch von zwei Personen durchgeführt werden.

In der Konsequenz führt das dazu, dass nur noch Fachärzte zusammen mit diesem OP-Assistenten operieren. Der eigentlich am OP-Tisch auszubildende junge Kollege macht derweil draußen die Stationsarbeit. Wenn Sie dann noch bedenken, dass man mittlerweile dazu übergeht, in den Operationssälen die Schnitt-Naht-Zeiten der Operateure auszuwerten, um die so genannte ineffiziente Leistungserbringung herauszufiltern, wissen Sie, dass Ausbildung hier nicht mehr stattfindet.

Angesichts der ungeheuren Auswirkungen dieser InEK-Vergleiche sind unseres Erachtens die regionalen Ärztekammern aufgefordert, die Krankenhäuser in ihrem Wirkungsbereich, die Daten für diese InEK-Erhebung liefern, daraufhin zu überprüfen, ob in diesen Häusern Überstunden tatsächlich erfasst, vergütet
oder ausgeglichen werden, ob die Kollegen nach den Bereitschaftsdiensten tatsächlich nach Hause gehen, ob fachübergreifende Dienste geleistet werden müssen, ob das Arbeitszeitgesetz eingehalten wird, ob vor allen Dingen auch die zugrunde liegende Tarifstruktur dem BAT-Niveau entspricht. Ohne dass diese Kriterien transparent gemacht werden, können Sie jeden Vergleich hinsichtlich der Personalkosten, die über InEK laufen, in die Tonne treten.

Danke.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Vielen Dank, Herr Kollege Albers. Für diejenigen, die möglicherweise nicht jeden Tag mit InEK umgehen: Das ist das Institut für Entgeltsystem im Krankenhaus. Das sind diejenigen, die die DRGs, die Vergütungseinheiten und sonstigen Werkzeuge für das Krankenhaus weiterentwickeln. Dieses Institut ist ebenso wie der Gemeinsame Bundesausschuss in Siegburg beheimatet.

Das Wort hat jetzt Dieter Mitrenga aus Nordrhein.

 

© 2005, Bundesärztekammer.