Dr. Kühn, Baden-Württemberg: Herr Präsident!
Kolleginnen und Kollegen! Eines der Hauptprobleme der Praxen als Betriebe
besteht darin, dass wir heute nicht wissen, wie morgen oder im nächsten Jahr
unser Umsatz sein wird, und zwar unabhängig davon, wie sich die Patientenzahlen
entwickeln, unabhängig davon, wie qualifiziert wir sind. Das unterscheidet uns
von allen anderen freien Berufen. Unser Umsatz ist abhängig von Vorgaben des
Sozialsystems, die wir kaum beeinflussen können. Diese Feststellung habe ich in
dem hervorragenden Referat von Kollegen Gadomski vermisst.
Die beschriebene Situation hat Folgen für unser
Investitionsverhalten und für uns als Arbeitgeber und damit für den
Arbeitsmarkt. Soweit ich orientiert bin, haben die 16 000 bis 18 000
Praxen in Baden-Württemberg etwa 70 000 Angestellte. Es mögen auch
10 000 mehr oder weniger sein; so genau weiß ich das nicht. Das sind nicht
ganz so viele wie bei Daimler-Benz, aber mehr als bei den meisten
Großbetrieben.
Wie reagieren die Kolleginnen und Kollegen bei dieser seit
Jahren durch Eingriffe des Gesetzgebers, aber auch durch Eingriffe qua
Gebührenordnung unsicheren Situation? Sie werden nur das Allernötigste
investieren und sie werden beim Personal sehr knapp kalkulieren.
Ich frage Sie: Wie soll jemand in diesem Jahr einen neuen
Ausbildungsvertrag schließen, wenn er noch gar nicht weiß, wie der neue EBM
seine individuelle Praxissituation verändert, und das auch noch auf drei Jahre
bezogen?
Das ist etwas, was meines Erachtens auch in der Öffentlichkeit
zu wenig beachtet wird, was auch von uns zu wenig hervorgehoben wird. Ich
schätze, dass wir in Baden-Württemberg mehr Ausbildungsverträge und mehr
Teilzeitverträge mit Praxisangestellten schließen würden, wenn die finanzielle
Situation nicht so extrem unsicher wäre.
Wir werden als unterer Mittelstand drangsaliert durch eine
Fülle von Vorschriften: durch sozialversicherungsrechtliche,
berufsgenossenschaftliche, technische, gewerbliche und arbeitsrechtliche
Vorschriften. Das betrifft auch andere Betriebe des Mittelstands, aber uns ganz
besonders, weil wir größtenteils Kleinstbetriebe sind.
Das ist eine Situation, die sich sehr gegenüber jener von 1970
unterscheidet, als ich meine Praxis eröffnete, weit unterschiedlich auch
gegenüber den Jahren 1980 oder sogar 1990. Das ist eine der bedrohlichsten
Situationen für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Ich denke, das muss
einmal so antragsfrei dargestellt werden.
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank,
Herr Kühn. Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Merchel aus
Westfalen-Lippe.
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