Dr. Huttel, Hessen: Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich habe einen Antrag vorbereitet, der das Thema
aufgreift, das die Kollegin Haus bereits erwähnt hat und das bisher etwas zu
sehr am Rande abgetan wurde, obwohl es für die niedergelassenen Kolleginnen und
Kollegen sehr wichtig ist. Gemeint ist der Arzneimittelregress, der durch das
Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz (ABAG) vom 31.12.2001 geschaffen wurde. Sie
wissen: Bei Überschreitung der Richtlinien muss das in die Honorarverhandlungen
eingehen, natürlich nicht im Sinne einer Steigerung, sondern im Sinne einer
Senkung. Bei einer Unterschreitung des Budgets, die Ärzte normalerweise gar
nicht schaffen können, könnte ein Bonus gewährt werden. Das ist eine
Bestimmung, die sich im Widerspruch zur geltenden Gesetzgebung befindet,
nämlich im Widerspruch zum Antikorruptionsgesetz.
Es muss festgestellt werden, dass der gesamte Regressparagraph
in mehrfacher Weise grundrechtswidrig ist, weil er das Eigentum am Arbeitslohn
missachtet und weil er das Recht der Patienten auf Leben und körperliche Unversehrtheit
missachtet.
Ich habe das in meinem Antrag formuliert, der Ihnen noch
umgedruckt zugeht. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Ich möchte nur
noch Folgendes erwähnen: Am 27. April stand ein Allgemeinarzt aus Hessen vor
dem Bundessozialgericht. Er hatte noch einen Regress aus der Seehofer-Zeit zu
bewältigen. Fast acht Jahre lang hat er sich dagegen gewehrt, einen
fünfstelligen Betrag, ein Jahresnettoeinkommen, für die medikamentöse
Behandlung seiner Patienten auf den Tisch zu legen. Das Bundessozialgericht gab
seiner Kritik an der Beweisführung Recht. Das Urteil wird in einigen Wochen
schriftlich vorliegen.
Sie mögen ermessen, was die Regressforderung für den Kollegen
bedeutet haben mag. Er hat jahrelang nicht gewusst, was er durch seine Arbeit
eigentlich verdient hat. Es ist sehr schwierig, unter einer solchen
zusätzlichen Last seine Arbeit erbringen zu müssen.
Ich bitte Sie, diesen Antrag nicht beiseite zu legen, sondern
ihm zuzustimmen. Er zeigt auf, warum die Allgemeinarztstellen nicht besetzt
werden können, nämlich deshalb, weil die Allgemeinärzte heftig ein höheres
Arzneimittelvolumen zu verschreiben haben, als es ihrem gesamten Praxisumsatz
entspricht. Wenn sie in Regress genommen werden, können sie kein nennenswertes
Einkommen mehr erzielen.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank,
Herr Huttel.
Meine Damen und Herren, es ist 18 Uhr. Die Rednerliste ist noch
so lang, dass wir morgen früh die Beratungen über den Tagesordnungspunkt II
fortsetzen sollten. Ich bitte Sie, morgen früh pünktlich um 9 Uhr – nicht c.
t., sondern s. t. – hier zu sein, damit wir die Sitzung fortsetzen können.
Ich wünsche Ihnen einen schönen und erholsamen Abend und eine
geruhsame Nacht, wie man heutzutage sagt. Ich bitte Sie, morgen früh um 9 Uhr
wieder hier zu sein.
2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005, Vormittagssitzung
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen
allen einen guten Morgen. Ich hoffe, dass Sie gestern einen schönen Abend und
eine ruhige Nacht mit erholsamem Schlaf hatten.
Wir wollen heute zunächst den Tagesordnungspunkt II gründlich
ausdiskutieren, nämlich die Arbeitssituation der niedergelassenen Ärztinnen und
Ärzte. Wir haben gestern das sehr umfangreiche und inhaltsreiche Referat von
Dr. Gadomski mit den Vorschlägen zur Verbesserung der Situation gehört. Diese
Vorschläge liegen im Antrag II-1 des Vorstands der Bundesärztekammer vor, zu
dem noch ergänzende Anträge eingegangen sind. Nachdem wir das zur Kenntnis
genommen haben, sind wir jetzt in der Lage, weiterzudiskutieren. Wir sollten
uns darauf sehr konzentrieren.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich einen ganz
besonderen Gast begrüßen. Ich glaube, es ist das erste Mal in der Geschichte
der Deutschen Ärztetage, dass der Präsident der Französischen Ärztekammer, Herr
Dr. Michel Ducloux, bei uns ist. Ich begrüße ihn ganz besonders herzlich.
(Beifall)
Wir haben eine neue Tradition begonnen, indem sich die
Französische Ärztekammer und die Bundesärztekammer einmal im Jahr gegenseitig
einladen, sodass wir uns alle sechs Monate treffen. Das entspricht auf
ärztlichem Niveau dem, was Adenauer und de Gaulle 1963 in der großen Politik
begonnen haben. Wir sind also 42 Jahre später. Deswegen muss es nicht erfolglos
sein. Wir arbeiten daran, dass es immer besser und immer intensiver wird. Wir
freuen uns auf den nächsten Besuch in Paris zum dortigen Ärztetag.
Wir fahren mit der Diskussion zu Tagesordnungspunkt II fort.
Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Dr. Nick aus Rheinland-Pfalz. Bitte
schön, Herr Nick.
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