TOP II: Arbeitssituation der niedergelassenen Ärzte

2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005 Vormittagssitzung

Dr. König, Hessen:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt 27 Jahre lang in der Praxis tätig und muss sagen, dass ich solche Situationen wie derzeit noch nie erlebt habe. Die Hausärzte werden inzwischen ausgedünnt und die Fachärzte werden plattgemacht. Ich sehe für die weitere Zukunft wenig Chancen, dass die Facharztpraxen überleben können. Wir werden von Budgets umringt. Wenn ich die Tür zur Praxis öffne, habe ich als Erstes den Begriff „Budget“ vor Augen: Die Leistung wird budgetiert, die Zahlung wird budgetiert, die Anzahl der Patienten wird budgetiert. Wo bleibt da das freie Arbeiten?

Die Folge ist das Nachlassen der Motivation, die Folge ist die Beschränkung der Arbeitszeit, weil man sich sagt: Für diese Summe arbeite ich nicht so lange, da ist mir die Freizeit mehr wert. Die Folge ist allerdings, dass die Patienten nicht angemessen versorgt werden. Wir stehen da vor der Wahl, ob wir das eine oder das andere tun sollen. Die Qualität lässt nach. Wie soll man jemanden motivieren, Qualität zu erbringen, wenn die Qualität nicht mehr bezahlt wird? Hier müssen Politik und Krankenkassen darüber nachdenken, wie dieses Problem gelöst werden kann. Es ist die Rede von neuer Qualifizierung, von der Qualitätssicherung, aber wie soll das alles ohne Bezahlung erfolgen?

Das Niveau der Medizin droht zu sinken. Wie will ich die jungen Kollegen dazu motivieren, in die Praxis zu gehen, an einen ungesicherten Arbeitsplatz – denn es ist heute ein ungesicherter Arbeitsplatz –, und dort qualifiziert zu arbeiten? Wir sollen dem Patienten gegenüber ja nicht über Geld reden, sondern nur über unsere Leistungsfähigkeit, aber die Patienten fragen uns ja selber, warum diese und jene Leistung nicht mehr angeboten wird. Man muss den Patienten klar machen, dass manche Angebote aufgrund der Budgetierung einfach nicht mehr möglich sind. Hier brauchen wir auch die Unterstützung der Kliniker. Wir haben jahrelang die Kliniker in ihrer Forderung nach einer angemessenen Honorierung unterstützt, jetzt bitten wir die Kliniker, dass sie uns in unserer Forderung nach angemessener Honorierung unterstützen.

(Beifall)

Nach dem neuen EBM wird die dort geforderte Leistung nur noch zu 60 Prozent bezahlbar sein. Vieles wird uns vorgegaukelt. Es wurde mit einem Punktwert von 5,11 gehandelt, aber wenn man es genau durchrechnet, sind nur 60 Prozent zu bezahlen. Deshalb diese Budgetierung an allen Ecken und Enden. Solange nicht mehr Geld kommt, wird es auch nicht besser werden.

Vielen Dank.

(Beifall)

Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe:
Danke schön, Herr König. Jetzt Frau Dr. Gitter aus Bremen.

 

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