Dr. Hermann, Bremen: Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte der Versorgungsforschung das Wort reden.
Wir haben dazu in Bremen im Vorstand bereits einen Beschluss gefasst. Wir haben
allerdings auch eine klare Euro-Begrenzung beschlossen. Das möchte ich den
Delegierten dieses Ärztetages auch empfehlen.
Wir sollten Versorgungsforschung betreiben. Wir reden sehr
viel über den Ärztemangel, können ihn aber nicht belegen. Wenn wir nicht
wissen, wofür die Versorgung eigentlich erfolgen soll, können wir auch nicht
wissen, welche Arztzahlen erforderlich sind. Wir erhalten in jedem Jahr, teuer
hergestellt, die Arztzahlstatistik. Wir sehen: Vor 30 Jahren haben halb so
viele Ärzte ein genauso großes Volk versorgt. Wir sind immerhin ein
schrumpfendes Volk. Ob wir ICSI durch die Kasse bezahlen lassen oder nicht, das
wird das Schrumpfen des Volkes nicht aufhalten. Vielleicht ist es doch besser,
mit einer halb so großen Zahl von Ärzten unsere Bevölkerung zu versorgen.
Es ist das erklärte Ziel derjenigen Partei, die uns gestern
Frau Schmidt geschickt hat, die Arztzahlen zu erhöhen, um uns zu schwächen. Bei
allen Veranstaltungen – seien es Ärztetage oder Fachtagungen – stellt man immer
wieder fest, dass dieser Spaltpilz angekommen ist und uns schwächt. Ein Mangel
in der Versorgung wird zunächst unseren Einfluss mindern; erst wenn beim Wahlvolk
der Mangel in den Köpfen und an den Körpern angekommen ist, werden wir unseren
politischen Einfluss wieder geltend machen können.
Frau Goesmann, Sie haben gestern geäußert, Sie haben an der
Praxisarbeit noch Spaß. Das kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Viele von
uns haben einen Burn-out, arbeiten für 50 Cent pro Minute als Tage- oder Stundenlöhner,
die wir am Ende noch nicht einmal bekommen, obwohl sie ausgelobt sind. Das
macht keinen Spaß.
Wir müssen inzwischen bei jedem achten Patienten Formulare des
Versorgungsamtes ausfüllen, statt ihn zu beraten und zu behandeln. Existenzbedrohende
Regressforderungen in Höhe eines Jahresgehalts – das macht überhaupt keinen
Spaß. Zwei Jahre als Gastarzt in der Klinik ausgebeutet zu werden – das haben
wir ja gehört – und nachher noch als Sozialhilfebetrüger dazustehen – das macht
ganz bestimmt keinen Spaß. Millionen von Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz
in den Krankenhäusern – das macht auch keinen Spaß.
Das müssen wir der Politik und der Presse vermitteln: Es macht
keinen Spaß mehr. Wenn wir das nicht deutlich machen, müssen wir solche Artikel
wie den heute in der „Berliner Zeitung“ immer wieder lesen. Dann haben wir
verloren.
Danke.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Hermann. Jetzt noch einmal Herr Lipp aus Sachsen.
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