Dr. Windau, Referent:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich
habe Gymnastik sicherlich nötig, aber im Moment hat das Referat
über die Gymnastik gesiegt. Ich hoffe, dass Sie noch nicht allzu
hypoglykämisch sind; aber Ihre Reaktion hat mir ja gezeigt, dass
Sie dieses Thema jetzt noch behandeln möchten. Ich werde mich bemühen,
in der gebotenen Kürze, aber auch mit der erforderlichen Exaktheit
die Dinge darzustellen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Aus berufspolitischer
Sicht ist die Versorgungsforschung eines der wichtigsten, leider bisher grob
vernachlässigten Instrumente zur zielgesteuerten Ausgestaltung des
Gesundheitswesen in Deutschland, aber auch in Europa. Neben der gut
entwickelten Grundlagen- und klinischen Forschung in Deutschland fristet die
wissenschaftliche Untersuchung der ärztlichen Versorgung unter
Alltagsbedingungen zu Unrecht ein „Schattendasein“.
Vor welchem Hintergrund treffe ich diese Aussage? Die
Gesundheitspolitik unterwirft das Gesundheitswesen fortwährend grundlegenden
strukturellen Änderungen. Die wesentlichen Akteure im Mittelpunkt des
Gesundheitswesens, nämlich wir Ärztinnen und Ärzte, werden zu den geplanten
Änderungen immer weniger gefragt und „par ordre du mufti“ mit den Konsequenzen
konfrontiert. Unser Rat kommt häufig nicht nur nicht mehr an, sondern er wird
offensichtlich von politischer Seite nicht immer als zeitgemäß empfunden oder
sogar wegen angeblichem Lobbyismus abgelehnt.
Stattdessen sind zunehmend nicht ärztliche Institutionen oder
Personen als Politikberater gefragt, die oft sehr sach- und fachfremd,
vordergründig ökonomisch intendiert, rein ärztlich-medizinische Strukturen und
Prozesse ungeprüft denaturieren. Als Beispiel nenne ich die
Disease-Management-Programme.
Doch nicht nur das: Die Politik bedient sich des Instruments
der Schuldzuweisung an die Leistungserbringer, insbesondere die Ärzteschaft,
indem sie uns anhand pseudowissenschaftlicher Daten Fehlversorgung und
mangelndes Qualitätsbewusstsein vorwirft. Bei einer soliden Aufarbeitung der
entsprechenden Materie zeigt sich jedoch meist ein anderes Bild.
Beispielhaft hierzu sei die folgende Äußerung genannt:
Jede zweite ambulante Röntgenuntersuchung ist technisch nicht
in Ordnung. Rund ein Drittel der bildgebenden Diagnostik ist überflüssig.
Bei solider wissenschaftlicher Betrachtung muss die
Verallgemeinerung der Studienergebnisse aufgrund der Auswahl der beteiligten
Hausärzte, Patienten und radiologisch tätigen Ärzte hinterfragt werden.
Ich bin Professor Selbmann für die fundierten Entgegnungen auf
diese Studie sehr dankbar. Sein Gutachten zeigte, dass für die nachträgliche
Bewertung der Notwendigkeit der Durchführung bildgebender Verfahren vorher
keine Kriterien definiert wurden. Dies führte zum Teil zu erheblichen
Differenzen in der Beurteilung durch die Gutachter und zeigt deshalb kein
objektives Bild der Versorgungssituation auf.
Der Pauschalvorwurf konnte somit bei solider
wissenschaftlicher Betrachtung widerlegt werden. Die Studienergebnisse und die
daraus gezogenen gesundheitspolitischen Schlussfolgerungen passten nicht
zusammen.
Das zeigt auch das zweite Beispiel. In einem Ranking der WHO
2000 – der Herr Präsident ist in seiner gestrigen Eröffnungsrede darauf
eingegangen – wurde Deutschlands Gesundheitswesen auf Platz 25 hinter Malta,
Portugal, Griechenland, Oman und Kolumbien eingestuft. Bei sicher aller
berechtigten Kritik an uns: Ich denke, das glaubt hier in diesem Saal und auch
draußen niemand. Durch eine fundierte wissenschaftliche Aufarbeitung des
Gutachtens durch Professor Fritz Beske konnte dieses Ranking exakt, auf festen
Daten basierend, widerlegt werden.
Welche Folgen hat diese Situation für Ärzte und Patienten?
Eine Steuerung des Gesundheitswesens ohne ausreichende
Einbeziehung von ärztlichem Sachverstand führt zu inadäquaten Lösungen. Dies
hat negative Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit und die
Leistungsfähigkeit von Ärzten. Die mangelnde Attraktivität des Arztberufes und
die Auswirkung auf die flächendeckende Versorgung sind bekannt. Vieles ist
davon gestern und heute bereits angesprochen worden. Auf den Einfluss der
Überbürokratisierung auf die ärztliche Arbeitssituation werde ich auf diesem
Ärztetag in meinem Referat zu Tagesordnungspunkt VIII zu sprechen kommen.
Bei der Ausgestaltung des Gesundheitswesens fällt uns Ärzten
natürlicherweise eine besondere Verantwortung für unsere Patienten zu. Die
Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre führten zu einer Absenkung des
Standards der medizinischen Versorgung. Wir Ärztinnen und Ärzte können zwar
demokratisch nicht legitimiert sein, über die entsprechenden gesetzlichen
Grundsatzfragen zu entscheiden, jedoch ist es unsere Pflicht gegenüber unseren
Patienten, die tatsächliche Situation transparent darzustellen. In der
aktuellen Phase des Umbruchs ist es besonders wichtig, die Positionen der
Ärzteschaft zum Ausdruck zu bringen.
Nur bei einer hinreichenden Berücksichtigung der Erfahrungen
der Ärzteschaft ist ein sinnvoller Umbau der Versorgungssysteme auf hohem
qualitativen Niveau zu realisieren. Es erweist sich als nicht praktikabel, das
Gesundheitssystem an der Arzt-Patient-Beziehung vorbeizuplanen und die
Erfahrungen von uns Ärztinnen und Ärzten nicht zu berücksichtigen. Die
vordergründig ökonomische, ja ökonomistische Betrachtungsweise, die nur von
finanziellen Anreizen ausgeht, läuft dem ärztlichen Berufsethos zuwider.
Wir können es uns für unser Land und unsere Patienten nicht
leisten, die anstehenden Entscheidungen ohne Daten aus Pilot- oder Modellversuchen
quasi im Blindflug zu treffen. Wir wollen doch Daten „lauter“ erschaffen und
nicht, dass die Seriosität weiter den „Bach“ heruntergeht.
Vor maßgeblichen Steuerungseingriffen muss die Realität der
Versorgung mit soliden wissenschaftlichen Methoden analysiert werden.
Versorgungsforschung ist für die Ärzteschaft von grundsätzlicher strategischer
Bedeutung, um Steuerungsprozesse solide vorzubereiten und vom passiven
Reagieren zum aktiven Agieren hin zur Meinungsführerschaft zu gelangen. Das ist
hier in diesem Saal immer wieder gefordert worden.
Ich hoffe, dass die Zeit von einzelnen interessengeleiteten
Politikberatern vorbei ist und zukünftig nicht nur Meinungen und Schätzungen,
sondern harte Daten die Umgestaltung des Gesundheitssystems steuern. Diese
Messlatte muss natürlich auch an die GMG-Strategen, den Gemeinsamen
Bundesausschuss, das IQWiG und die InEK-Institutionen angelegt werden.
Auf dem diesjährigen Ärztetag geht es darum, dass die
Ärzteschaft an dieser Entwicklung partizipiert und die sich bietende Chance
nutzt, dass zukünftig der Blickwinkel der Ärzteschaft wieder mehr Einfluss in
der Gesundheitspolitik gewinnt. Wir müssen die Rolle von fachlich kompetenten,
gefragten Politikberatern übernehmen; dieses Feld können wir nicht einfach anderen
überlassen. Dies muss auf der Basis solider und wissenschaftlich begründeter
Aussagen erfolgen.
Der Deutsche Ärztetag hat die Bedeutung der
Versorgungsforschung frühzeitig erkannt. Auf dem außerordentlichen Deutschen
Ärztetag 2003 und auf dem Deutschen Ärztetag 2004 wurden entsprechende Anträge
verabschiedet. Ich zitiere, zunächst außerordentlicher Deutscher Ärztetag 2003:
Das deutsche Gesundheitswesen wird z. Z. mit den
Negativ-Attributen „Über-, Unter- und Fehlversorgung“ schlechtgeredet. Die
Begründungen dafür bleiben vage und halten einer wissenschaftlichen Prüfung
nicht stand. Zwingend geboten ist eine Beschreibung der Versorgungsstandards im
deutschen Gesundheitswesen, die auch den internationalen Vergleich mit
einschließt. Die Ärzteschaft ist bereit, sich am Aufbau einer
Versorgungsforschung zu beteiligen.
Der Beschluss des Deutschen Ärztetages 2004 geht in dieselbe
Richtung und konkretisiert:
Besonders wenn Ressourcen knapp sind, braucht
Gesundheitspolitik eine solide wissenschaftliche Grundlage. Der DÄT bekräftigt
den Willen der Ärzteschaft, sich am Aufbau einer wissenschaftlichen
Versorgungsforschung in Deutschland zu beteiligen.
Durch die Aktivitäten des Wissenschaftlichen Beirats prägt die
Bundesärztekammer zurzeit die Entwicklungen auf dem Gebiet der
Versorgungsforschungen in prominenter Weise mit. Das Definitionspapier des
Arbeitskreises „Definition und Abgrenzung der Versorgungsforschung“ wird in
Wissenschaftskreisen häufig zitiert und diskutiert.
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir müssen uns nicht mit dem verstecken, was ärztliche Kolleginnen und Kollegen
in der täglichen Praxis leisten. Wir stellen uns selbstbewusst der
gesundheitspolitischen Diskussion über Verbesserungspotenziale innerhalb
unseres – durch Selbstverwaltung geprägten – Gesundheitssystems, fordern
jedoch, dass auf wissenschaftlich solider Datenbasis argumentiert wird.
Eine Grundlage zu einer entsprechenden Diskussion kann mittels
der Versorgungsforschung gelegt werden. Es stellt sich für die verfasste
Ärzteschaft die Frage, ob sie an dieser Entwicklung partizipieren oder sie
lediglich passiv an sich vorbeiziehen lassen will. Lassen Sie uns diese Chance
ergreifen! Es ist für die Ärzteschaft wichtig, das Feld der
Versorgungsforschung zu besetzen, zumal wir dabei nur etwas zu gewinnen haben.
Beispielsweise wird es für die Diskussion der Ärzteschaft mit
den Selbstverwaltungspartnern und dem BMGS von erheblicher Relevanz sein,
mögliche entstehende Fehlentwicklungen und den resultierenden Adaptationsbedarf
im Fallpauschalensystem zeitnah auf der Basis eigener, valider Daten darlegen
bzw. auch bei Bedarf wiederlegen zu können.
So werden zum Beispiel die durch die Fallpauschalierung zu
erwartende Verkürzung der stationären Verweildauer und der erhebliche ökonomische
Druck, der auf den Krankenhäusern lastet, zu Veränderungen des Umfangs der diagnostischen
und therapeutischen Leistungen im Krankenhaus führen – mit entsprechenden
Effekten der Verlagerung in die ambulante Praxis.
Eine fundierte Versorgungsforschung könnte mögliche
Fehlentwicklungen und Lösungsansätze zu deren Beseitigung frühzeitig anhand
belastbarer Daten nachweisen bzw. aufzeigen. So könnten zum Beispiel die durch
das DRG-System bedingten Anreize und Zwänge im Hinblick auf das Fallmanagement und
die Behandlungsführung erkannt und aus ärztlicher Sicht bewertet werden.
Heimliche Rationierung, die wir immer wieder beklagen, kann aufgedeckt werden,
kann quantifiziert werden.
Die Bündelung unabhängigen wissenschaftlichen Sachverstands in
einem Netzwerk wird dazu beitragen, die Kompetenz und das Wissen der in Praxis
und Wissenschaft tätigen Ärzteschaft öffentlich wahrnehmbar zur Geltung zu
bringen. Die Ärzteschaft wird in die Lage versetzt, sich qualifiziert auf der
Basis belastbarer Daten bzw. qualifizierter Untersuchungen zu den
gesundheitspolitischen Themen zu äußern und konkrete Lösungen aufzuzeigen.
Die Versorgungsforschung untersucht nach ihrem
Selbstverständnis die Versorgungsrealität unter Alltagsbedingungen. Damit steht
die allgemeinmedizinische und auch die hausärztliche Perspektive ebenso im
Brennpunkt wie die fachärztliche Versorgung in all ihren Facetten.
Ein Mehrwert der Versorgungsforschung liegt dabei
natürlicherweise auch in der bereichsübergreifenden Erforschung von
Versorgungszusammenhängen, also zum Beispiel im hausärztlichen und
fachärztlichen Zusammenwirken.
Das politische Alltagsgeschehen besteht jedoch nicht nur aus
langfristigen Entscheidungen. Die Ärzteschaft muss auch auf kurzfristig
vorgebrachte Angriffe reagieren können. Das Rahmenkonzept – es liegt Ihnen
allen vor, meine Damen und Herren – ist so angelegt, dass die Ärzteschaft auch
kurzfristig reagieren kann.
Über kleine Einzelprojekte, Kurzgutachten oder Expertisen
können aktuell aufkommende berufspolitisch wichtige Fragestellungen
aufgegriffen werden. Das Gutachten von Professor Geraedts aus Düsseldorf
„Evidenz zur Ableitung von Mindestmengen in der Medizin“ für den Deutschen
Ärztetag 2004 hat dieses Instrument der politischen Mitgestaltung sehr positiv
als etwas Realisierbares und Wirksames vor Augen geführt. Diesen Weg muss die
Ärzteschaft konsequent weitergehen.
Das entsprechende Engagement der Bundesärztekammer ist nicht
alltäglich. Ich möchte nicht verhehlen, dass entsprechende vergleichende
Erfahrungen aus anderen Ländern Europas fehlen oder nur marginal vorhanden
sind, jedenfalls soweit mir bekannt. Ich verstehe auch die Sorgen der
Finanzgremien einzelner Landesärztekammern. Doch lassen Sie uns diese Chance
nicht entgehen; das Engagement in Versorgungsforschung ist eine gute
Investition in die Zukunft von Ärzteschaft und Patienten.
(Beifall)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist absehbar, dass die
Bedeutung wissenschaftlicher Versorgungsforschung weiter steigen wird, das
Thema ist hochaktuell bei allen Akteuren im Gesundheitswesen. Ich bin sicher,
dass sich der Schulterschluss mit der AWMF, wie er bei der Erarbeitung des
Rahmenkonzepts so positiv gelungen ist, für uns alle auch weiterhin auszahlen
wird.
Ich weiche jetzt von meinem Redemanuskript ab. Ich habe im
Kontext der Diskussion dieser Thematik im Vorfeld und am Rande dieses
Ärztetages teilweise den Einwand gespürt – mal unterschwellig, mal klarer –,
dass das Ihnen vorliegende Konzept basisfern oder einseitig universitätslastig
sei. Ich möchte deshalb hier ganz klar feststellen: Versorgungsforschung muss
und wird natürlich auch unter klarer Einbeziehung der Versorger erfolgen. Alles
andere macht keinen Sinn. Es besteht kein Zweifel daran, dass vorhandene Daten,
beispielsweise die des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung, in
konkreten Konzepten genutzt werden können und genutzt werden sollen. Wir haben
uns in den vergangenen Jahren immer gegen Datenfriedhöfe ausgesprochen. Ich
würde Ihnen dieses Konzept hier nicht vorstellen, wenn ich nicht der festen
Überzeugung wäre, dass es hier darum geht, vorhandene Daten zu nutzen und nicht
Datenfriedhöfe zu schaffen. Mit den vorliegenden validen Daten sollte endlich
etwas gemacht werden.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung begrüßt das
Rahmenkonzept der Bundesärztekammer in der vorliegenden Form ausdrücklich. Ich
habe Herrn Dr. Köhler vorgestern am Rande der Vertreterversammlung gefragt und
er hat klar zum Ausdruck gebracht: So, wie es Ihnen hier vorliegt, findet das
Konzept die Zustimmung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Es ist völlig natürlich – vielleicht ist es in einigen
Passagen des Konzepts so nicht erkennbar, weil es sich um eine
Selbstverständlichkeit handelt –, dass es im Zuge der Umsetzung dieses Konzepts
zu entsprechenden Gesprächen über mögliche Beteiligungen an einzelnen
Projekten, die insbesondere die Vertragsärzteschaft berühren, kommen soll und
kommen muss.
Ich bitte Sie daher, später dem vorliegenden Leitantrag
zuzustimmen.
Dieses Engagement, meine Damen und Herren, stellt eine
realistische Grundlage zur Fundierung wichtiger zukünftiger
Positionsbestimmungen der Ärzteschaft dar. Es ist also eine strategische und
nicht nur eine taktische Ausrüstung und Ausrichtung. Wir müssen in die Lage
versetzt werden, unter veränderten Rahmenbedingungen konkrete Lösungen für eine
gute Patientenversorgung und somit auch für eine adäquate ärztliche
Berufsausübung aufzuzeigen.
Ich danke Herrn Professor Scriba und dem Vorstand des
Wissenschaftlichen Beirats für die bisherige Arbeit und die Bereitschaft,
künftig auch Verantwortung dafür zu übernehmen, dass das vorgelegte
Rahmenkonzept mit Leben erfüllt wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz kurz
zusammenfassen, damit das Wesentliche noch einmal deutlich wird.
Versorgungsforschung soll aus unserer Sicht unter besonderer Berücksichtigung
der Position des Patienten und der Ärzte erfolgen. Es geht darum, verlorene
Definitionshoheit wiederzugewinnen und Definitionshoheit zu erhalten. Wir
wollen keine akademische Versorgungsforschung im Elfenbeinturm; wir wollen eine
Versorgungsforschung unter den Alltagsbedingungen, die den Hauptbereich, in dem
Versorgung stattfindet, beinhaltet. Hier ist der ambulante Bereich ganz klar
mit einzubeziehen.
Das Ihnen vorliegende Konzept ist gut, zweifelsfrei
kritikwürdig, ergänzungsbedürftig. Es handelt sich bei dem, was Ihnen vorliegt,
um ein Konzept. Es ist nicht abschließend. Ich bitte Sie, dieses Konzept
kritisch-konstruktiv zu begleiten.
Meine Damen und Herren, wir sollten einen Schritt in die
Zukunft wagen. Keiner hier im Saal, der ehrlich argumentiert, wird sagen
können, ob alles, was wir uns von dem, was wir vorschlagen, versprechen,
erreicht werden kann. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir unsere
Ziele nur mit einer basisnahen Versorgungsforschung, die ärztlich intendiert
ist, die die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt stellt, werden erreichen
können.
Deshalb bitte ich Sie, unter Zurückstellung aller möglichen
Bedenken – siehe Finanzierung, siehe Ausgestaltung des Konzepts – dem
Grundgedanken dieses Konzepts zuzustimmen.
Ich darf mich in diesem Zusammenhang auch bei den Mitarbeitern
des Dezernats VI der Bundesärztekammer für die gute Vorbereitung danken. Da ich
mich nicht mit fremden Federn schmücken möchte, darf ich mitteilen: Die
geistige Intention, die Vorarbeit ist von Herrn Professor Schulze geleistet
worden. Ich stehe als niedergelassener Arzt und nicht als Akademiker voll
hinter diesem Konzept und bitte um Ihre Unterstützung.
Ich danke Ihnen.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Vielen Dank,
Herr Windau, für Ihre berufspolitische Argumentation zur Förderung der
Versorgungsforschung, die, glaube ich, eine ganz wichtige ist und die uns
primär angetrieben und dazu geführt hat, dass wir mit Experten auf diesem
Gebiet weiter diskutieren und uns weiter informieren wollen, um das Werk so gut
wie möglich in Szene zu setzen. Ich finde es wichtig, dass Herr Windau darauf
hingewiesen hat, dass wir bereits 2003 und 2004 ein solches Projekt auf dem
Deutschen Ärztetag durch Beschlüsse für wichtig erachtet haben.
Bevor die Mittagspause beginnt und wir die restlichen drei
Referate nach der Mittagspause hören, bitte ich Sie, sich noch einmal zu
vergegenwärtigen, dass wir dieses Thema mit Absicht in zwei Teile geteilt
haben: zum einen die Grundsatzfrage – Versorgungsforschung durch die
Ärzteschaft selber initiiert und unter Beteiligung der Ärzteschaft selber auf
den Weg gebracht und gefördert –, zum anderen die Finanzierung des Projekts.
Der letzte Satz des Vorstandsantrags III-1 stellt fest, nachdem vorher darauf
hingewiesen ist, dass das Ganze aus der Sicht des Vorstands der
Bundesärztekammer wichtig ist, dass alles unter einem Finanzierungsvorbehalt
steht. Über die Finanzierung diskutieren wir unter dem Tagesordnungspunkt
„Finanzen“.
Wir können ja sagen: Das Ganze ist wichtig, aber leider können
wir es nicht bezahlen. Dann käme der letzte Satz dieses Antrags zum Tragen, in
dem wir sagen, dass wir es wichtig finden, dass wir es im Moment aber leider
nicht bezahlen können, weil der Haushalt es nicht hergibt. Es ist eine
eigenständige Diskussion, ob es wirklich so ist, dass der Haushalt es nicht
hergibt. Wir meinen: Er gibt es her.
Deshalb behandeln wir das Grundproblem unter
Tagesordnungspunkt III und davon getrennt die Finanzierung unter dem
Tagesordnungspunkt „Finanzen“. Wir wollen nicht, dass die Finanzaspekte
wichtige Erkenntnisse kaputtmachen, wie es leider oft der Fall ist. So darf es
hier nicht sein.
(Beifall)
Ich darf Ihnen jetzt noch die weitere Referentin und die zwei
weiteren Referenten vorstellen: Frau Professor Dr. Bärbel-Maria Kurth aus
Berlin, Leiterin der Abteilung für Epidemiologie und
Gesundheitsberichterstattung am Robert-Koch-Institut in Berlin. Sie hat die
Federführung in der Unterarbeitsgruppe „Datenquellen“ des Arbeitskreises
übernommen und wird uns über Datenquellen berichten. Ich begrüße sehr herzlich
Frau Professor Kurth.
(Beifall)
Neben mir sitzt Herr Professor Dr. Friedrich Wilhelm Schwartz
aus Hannover, Direktor der Abteilung für Epidemiologie, Sozialmedizin und
Gesundheitssystemforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover. Er ist
Vorsitzender dieses Arbeitskreises des Wissenschaftlichen Beirats, der sich mit
dem Thema Versorgungsforschung beschäftigt. Er hat diesen Tagesordnungspunkt
aus der Sicht des Wissenschaftlichen Beirats vorbereitet und wird uns die
Vorstellung der Themenfelder präsentieren. Herzlich willkommen, Herr Schwartz!
(Beifall)
Last, not least der Vorsitzende unseres Wissenschaftlichen
Beirats, Professor Dr. Peter Scriba aus München. Er wird zum Thema
„Wissenschaftspolitische Argumente zur Versorgungsforschung“ referieren.
Herzlich willkommen, Herr Scriba! Wir freuen uns, dass Sie hier sind.
(Beifall)
Wir gehen jetzt mit ruhigem Gewissen und gutem Gefühl in die
Mittagspause, weil wir wissen, dass uns nach der Mittagspause ein Highlight
erwartet. Um 14 Uhr wird es beginnen.
2. Tag: Mittwoch, 4. Mai 2005, Nachmittagssitzung
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Meine Damen
und Herren! Ich eröffne die Sitzung wieder. Ich hoffe, dass Sie sich etwas
erholt und Ihren Glukosespiegel etwas erhöht haben. Ich freue mich, dass auf
Ihren Plätzen die Ausgabe Nr. 18 des „Deutschen Ärzteblattes“ liegt. In
dieser Ausgabe wird schon die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung und auch unsere gestrige Eröffnungsveranstaltung behandelt.
Das ist eine sehr interessante Ausgabe. Ich glaube, wir sollten dem Deutschen
Ärzte-Verlag, der Redaktion des „Deutschen Ärzteblattes“ und dem Chefredakteur,
Herrn Heinz Stüwe, herzlich dafür danken, dass das so schnell möglich war und
wir das Heft schon mit nach Hause nehmen können.
(Beifall)
Hier vorne sehen Sie Herrn Stüwe, den neuen Chefredakteur, den
Nachfolger von Herrn Jachertz. Herr Stüwe war früher Korrespondent der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Meine Damen und Herren, wir fahren mit den einleitenden
Referaten zu Tagesordnungspunkt III – Förderung der Versorgungsforschung durch
die Bundesärztekammer – fort. Als nächster Referent wird uns Herr Professor
Scriba als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats die inhaltlichen
Schwerpunkte und die wissenschaftspolitischen Argumente zur Förderung der
Versorgungsforschung darlegen. Ich freue mich auf sein Referat. Bitte schön,
Herr Scriba.
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