Prof. Dr. Schwartz, Referent: Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Es ist mir ja peinlich, den Begriff „Physicians Factor“
benutzt zu haben. Das resultiert daraus, dass es zu diesem Arztfaktor – das ist
meine persönliche Übersetzung – überhaupt noch keine deutschen Studien gibt.
Die Studie aus der Medizinischen Hochschule Hannover, die ich Ihnen vorgestellt
habe, ist die erste Studie. Nichts beweist besser, dass einige Fragen hier in
Deutschland noch gar nicht untersucht worden sind.
Dasselbe gilt für die von mir zitierten Studien, die belegen,
dass das Gesundheitswesen nicht marktgesteuert ist. Die wörtlich zitierten
Studien stammen aus dem Ausland. Die Studien zur Bewertung der tatsächlichen
Wirkungen von Leitlinien stammen ganz überwiegend aus dem Ausland. So ist die
Lage nun einmal.
Sie können natürlich mit Studien, die irgendwo durchgeführt
worden sind, schwerlich die hiesige Gesundheitspolitik beeindrucken. Ich
glaube, davon müssen wir ausgehen. Man kann auch nicht erwarten, dass
irgendjemand in diesem Land spontan den Ärzten zuliebe solche Studien anpacken
wird.
Herr Dr. Kühn hat erklärt, es sei blauäugig, auf eine
Forschungsförderung durch öffentliche Stellen zu warten. Wenn ein Thema wie die
Arztzufriedenheit oder die Arbeitsbelastung durch angestoßene Studien zu einem
wichtigen Thema in der Öffentlichkeit wird und in den Zeitungen kommuniziert
wird, ist es durchaus plausibel, dass sich bestimmte Fächer, die ein Interesse
an der Thematik haben, dieses Themas annehmen. Wenn das Forschungsministerium
im Rahmen einer neu angestoßenen und öffentlich finanzierten
Versorgungsforschung diese und andere Fragen zu eigenständigen Forschungsthemen
machen würde, könnte man nach allen bisherigen Erfahrungen davon ausgehen, dass
damit neutrale Gremien befasst würden. Dort sind viele Themen durchaus gut aufgehoben.
Das gilt natürlich in gleichem Maße für die Deutsche
Forschungsgemeinschaft. Es ist ein Wunsch von Herrn Professor Scriba, von mir
und anderen, die sich in der Vorbereitung dieses Themas engagiert haben, dass
die Initiative, die von Ihnen angestoßen wird, auch dazu führen möge, dass die
Deutsche Forschungsgemeinschaft, die größte Drittmittelforschungsfördereinrichtung
unseres Landes, endlich auch Anwendungsforschung hinsichtlich der Versorgung
betreibt. Das tut sie bisher nämlich nicht. Sie beschränkt sich auf die Grundlagenforschung.
Dabei wissen wir zwar, was unterhalb der Zellwand passiert,
aber wir wissen viel zu wenig darüber, was mit den Menschen, mit den Patienten
geschieht.
Vielen Dank.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Schönen
Dank, Herr Schwartz. Ich möchte das Wort „Finanzierung“ jetzt gar nicht in den
Mund nehmen. Es kann sich natürlich nicht um die Komplettfinanzierung handeln;
das weiß doch jeder. Es geht um die Anschubfinanzierung. Irgendjemand muss die
Initiative ergreifen. Er hat dann auch die Führhand. Es geht um die Frage: Wer
hat hier in der Zukunft das Sagen? Das ist uns die politische Aktivität wert.
(Beifall)
Wie es später ausgebaut wird, ist eine zweite Frage. Herr Kühn
hat mich ein bisschen gereizt, indem er sagte, das sei unseriös. Das trifft
mich natürlich tief. Wenn wir es anderen überlassen, die nur das erforschen,
was sie selber auf den Weg gebracht haben, und wissen wollen, ob das, was sie
auf den Weg gebracht haben, auch gut ist, dann wird es immer das Ergebnis
geben, dass das gut ist.
Es ist aber eine andere Angelegenheit, wenn wir gegenchecken,
ob das, was andere auf den Weg gebracht haben, gut ist. Dann haben wir
wenigstens zwei Meinungen. Das ist für die Meinungsbildung in der
Öffentlichkeit von großem politischen Wert. So sehe ich das, sehr verkürzt
formuliert.
(Beifall)
Der nächste Redner ist Herr Ikonomidis. Bitte schön.
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