Prof. Dr. Dr. h. c. Scriba, Referent: Herr
Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Ich bleibe hier, obwohl ich meinen
Rückflug für heute gebucht habe, weil es ursprünglich so verabredet war. Aber
ich habe einfach keine Lust, mir von meinem Münchener Kollegen Lob irgendetwas
nachsagen zu lassen, was man auch anders kommentieren könnte.
Ich will nicht auf alle Punkte, die hier angesprochen wurden,
eingehen, sondern möchte nur zwei Missverständnisse ausräumen. Es gab
Äußerungen in der Richtung, hier handele es sich um ein zu großes Vorhaben. In
der Tat ist die Absicht, mit dieser Forschung eine Kristallisation
herbeizuführen. Das, was schon vorhanden ist – Frau Kurth konnte das nur
andeuten –, und das, was von anderen noch beabsichtigt wird, soll zu einem
Netzwerk zusammengebunden werden, um dann auf der Basis guter Beziehungen zu
den befreundeten oder gut bekannten anderen unabhängigen Forschern eine enorme
Vermehrung des Informationsgewinns herbeizuführen. Das ist der Sinn eines
Netzwerks. Das funktioniert ganz gut. Auf diesem Sektor gibt es gute
Erfahrungen. Da müsste ich Sie um Vertrauen bitten.
Glauben Sie uns: Wir wissen, dass das ein Riesengebiet ist,
das die Ärztekammer unmöglich allein bearbeiten kann. Wir glauben, dass wir ein
guter Faktor in einem solchen Netzwerk werden können und dass dies ganz
nützlich werden könnte.
Ich glaube, hinsichtlich der Vorläufigkeit dessen, was wir
Rahmenkonzept nennen, ist etwas nicht klar geworden. Wir haben hier kein
fertiges Produkt vorgetragen. Sie können keine Ergebnisse unserer Arbeit
beurteilen, denn so weit sind wir noch nicht. Wir haben uns aufgrund guter
Beziehungen zu einer Reihe von Versorgungsforschern zusammengesetzt und ein
Konzept entwickelt. Damit ist überhaupt nicht präjudiziert, wie die Gruppe, die
nachher die Anträge beurteilt, zusammengesetzt ist. Wenn Sie uns Vorschläge
machen, wer vernünftigerweise an der Beurteilung der Anträge beteiligt sein
sollte, nehmen wir das gern entgegen. Wir reden hier über ein Konzept, nicht
über ein fertiges Produkt. Das muss deutlich gesagt werden. Wir sind für eine
angemessene, vernünftige Beteiligung derer, die aus der Praxis kommen, offen.
Im Übrigen schmerzt es mich persönlich schon, wenn ich nicht
als Kliniker bezeichnet werde. Ich habe alles in allem 40 Jahre in der Klinik
gearbeitet und kenne mich, glaube ich, in der Medizin immer noch ganz gut aus.
Ich stehe zur Verfügung, auch morgen Fragen zu beantworten. Es
liegt mir fern, Ihr Abstimmungsverhalten in irgendeiner Weise beeinflussen zu
wollen.
(Beifall)
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Nicht das
Abstimmungsverhalten, aber die mentale Ausrichtung, die dem vorausgeht. Schönen
Dank, Herr Scriba. Ich empfehle Ihnen, das „Rahmenkonzept zur Förderung der
Versorgungsforschung durch die Bundesärztekammer“ des Arbeitskreises
„Versorgungsforschung“ beim Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer vom
17. Dezember 2004 durchzulesen. Im Kapitel „Ausschreibungen“ auf Seite 16
ist ziemlich genau ausgeführt, wie man sich das vorstellt. Ich hatte den Eindruck,
dass mancher Wortbeitrag dieses Konzept nicht mehr so ganz präsent hatte. Das
schimmerte irgendwie durch.
Wir müssen den Tagesordnungspunkt III nunmehr unterbrechen.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Frau Professor Kurth für ihre Ausführungen
und ihre Stellungnahme. Wir freuen uns, dass Sie heute bei uns waren und dass
wir diese Informationen bekommen konnten. Es ist ein gutes Gefühl, wenn wir
wissen, dass wir, wenn Sie über Daten verfügen, diese auch bekommen können. Herzlichen
Dank, dass Sie hier waren.
(Beifall)
3. Tag: Donnerstag, 5. Mai 2005, Vormittagssitzung
Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Hoppe: Guten
Morgen, meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie sehr herzlich. Ich hoffe, dass
Sie gestern einen schönen Abend und eine gute Nacht hatten, dass Sie sich gut
erholt haben, damit wir jetzt weiter über das Thema Versorgungsforschung
beraten können.
Ich ergänze dabei, dass es darum geht, eine staatsunabhängige
Versorgungsforschung zu betreiben. Das möchte ich verdeutlichen. Mir ist durch
einige Einzelgespräche, die gestern noch stattgefunden haben, klar geworden,
dass die Auffassung besteht, dass Versorgungsforschung allein eine staatliche
Aufgabe sei und dass sich auch der Staat daran beteiligen müsste, wenn wir es
betreiben. Das geht auch aus einzelnen Anträgen so hervor. Das werden der Staat
bzw. die vom Staat dafür eingesetzten und beauftragten Institutionen von allein
tun; das müssen sie sogar. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im
Gesundheitswesen hat ja die Aufgabe, sowohl die Leitlinien und die
Disease-Management-Programme zu kreieren, also zu erzeugen – natürlich in
entsprechenden Abstimmungsprozessen –, als auch Patienteninformation zu
betreiben und natürlich Evaluationen – das entspricht ungefähr der
Versorgungsforschung – vorzunehmen. Das, was vom Institut und dem
Gemeinsamen Bundesausschuss in das System der gesetzlichen Krankenversicherung
eingebracht wird, ist auf die Effekte hin zu überprüfen, also daraufhin, was
dadurch im Versorgungsgeschehen passiert.
Ich glaube, es ist wichtig, dass diese Institutionen durch
staatsunabhängige, also nicht in diesem System etablierte Institutionen
begleitet werden, damit die ärztliche Sicht und die Sicht derjenigen, die
ansonsten mit der Patientenversorgung zu tun haben, berücksichtigt werden. Wir
wollen Versorgungsforschung betreiben, um unsere eigene Arbeit zu evaluieren
und dies nicht von anderen tun zu lassen. Gestern wurde es so ausgedrückt: pro
domo. Ich würde es etwas anders ausdrücken: dass wir das, was wir tun, in der
Versorgungsforschung selber reflektieren und dies mit dem konkurrieren lassen,
was die staatsabhängigen Institutionen an Versorgungsforschung betreiben. Das
ist der entscheidende Punkt. Das ist einer der Beweggründe – vielleicht einer
der wichtigsten –, dass wir uns dieses Themas angenommen haben und es so
wichtig finden, dass wir den Deutschen Ärztetag bitten, dieser Idee
zuzustimmen, wie auch immer das weiter ausgeformt wird.
Ich hoffe, dass Sie Gelegenheit hatten, falls Sie es nicht
schon längst verinnerlicht hatten, das Papier vom 16. Dezember des Jahres 2004
anzuschauen, um sich davon zu überzeugen, dass die Überlegungen schon
ausdifferenziert vorhanden sind, sodass die Umsetzungsphase mit konkreten
Projekten in der Form beginnen kann, wie es etwa auf Seite 16 in dem Schema
dargestellt ist, um konkrete Projekte auf den Weg zu bringen.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns darüber klar werden,
dass wir als verfasste Ärzteschaft mit anderen zusammen, die natürlich
entsprechend bezahlen werden – das müssen wir nicht alles selber bezahlen –,
eine staatsunabhängige Versorgungsforschung implementieren, mit der wir das
Versorgungsgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland in der Zukunft
beobachten wollen, damit wir wissen, was medizinisch möglich ist, was in der
Versorgung tatsächlich passiert und wie groß möglicherweise der Unterschied
zwischen dem, was möglich ist, und dem, was tatsächlich passiert, ist.
Jetzt habe ich versucht, eine Einleitung in dieses Thema zu
finden. Als Referenten stehen uns noch Herr Windau und Herr Professor Scriba
zur Verfügung. Ich danke Herrn Professor Scriba sehr, sehr herzlich dafür, dass
er sich bereit erklärt hat, auch heute hier zu sein, obwohl die Planung anders
war. Er ist in Berlin geblieben und ist nicht in das schöne Bayern
zurückgekehrt. Dafür bedanken wir uns sehr.
(Beifall)
Die erste Wortmeldung kommt von der Vizepräsidentin der
Landesärztekammer Brandenburg, Frau Kollegin Köhler.
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