Dr. Lutz Trümper, Oberbürgermeister der
Landeshauptstadt Magdeburg: Sehr geehrte Frau Bundesgesundheitsministerin
Schmidt! Herr Ministerpräsident! Verehrter Herr Bundesärztekammerpräsident Professor
Hoppe! Meine Damen und Herren! Werte Ärztinnen und Ärzte! Ich begrüße Sie ganz
herzlich hier in Magdeburg, der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Ich darf
Ihnen sagen: Es freut mich außerordentlich, dass diese traditionsreiche und
ehrwürdige Bundestagung deutscher Ärzte die Stadt Magdeburg zu ihrem Tagungsort
2006 ausgewählt hat.
Gesundheit ist weniger ein Zustand als eine Haltung und sie
gedeiht mit der Freude am Leben - so der Philosoph und Theologe Thomas von
Aquin. Mit dieser sehr einfachen, aber ebenso seit Beginn der Medizin
gesicherten Erkenntnis steht der diesjährige Deutsche Ärztetag in einem
interessanten Spannungsfeld zwischen medizinischen Anforderungen, politischen
Forderungen und gesellschaftlichen Erfordernissen. Ich denke, Sie haben spannungsreiche
programmatische Diskussionen vor sich.
Ich darf Ihnen sagen, dass Sie mit Magdeburg einen guten Ort
für diese zukunftsgerichtete Tagung ausgewählt haben. Hier an der mittleren
Elbe begegnen sich auf vielfältige Weise Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Magdeburg ist noch immer eine Stadt im Aufbruch, mit großen medizinischen
Traditionen. Erst im vergangenen Monat blickten wir auf 100 Jahre moderne Kinderheilkunde
in der Stadt Magdeburg zurück. Im Jahre 2005 feierte Magdeburg seine
1 200-jährige Ersterwähnung durch Karl den Großen im Diedenhofener
Kapitular - die Geburtsurkunde der Stadt Magdeburg.
In der Ausstellung des Kulturhistorischen Museums, die sehr
modern und multimedial einen Blick in diese reiche Geschichte eröffnet, sind
gerade aus den mittelalterlichen Anfängen der medizinischen Versorgung sehr
interessante Dinge ausgestellt, die Archäologen zutage gefördert haben. Diese
Ausstellung ist leider seit gestern geschlossen - nicht, weil wir in Magdeburg
kein Geld mehr für diese Ausstellung haben. Ganz im Gegenteil: Magdeburgs
Museum sieht der Vollendung seiner Komplettsanierung entgegen, denn am 28.
August eröffnen wir zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren eine
Europaratsausstellung. Diesen europäischen Ehrentitel zweifach haben nur wenige
große europäische Museen, so in Madrid, Barcelona, Wien oder London, erringen
können.
Magdeburg ist mit seiner besonderen Rolle im Mittelalter als
Kaiserstadt, als Sitz der Erzbischöfe, mit einer bedeutenden Bronzegießerei,
mit dem Magdeburger Recht, mit der Mitgliedschaft in der Hanse und natürlich
einem zentralen Mittelpunkt der Reformation in die erste Liga musealer
Forschung und Geschichtspräsentation aufgestiegen.
Besuchen Sie uns in der zweiten Jahreshälfte zu unserer
Ausstellung "Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation". Sie ist Teil eines
Gemeinschaftsprojekts mit dem Deutschen Historischen Museum Berlin.
Seinen Anfang nahm dieses Reich 967 mit der Krönung von Kaiser
Otto I., der von Magdeburg aus einen europäischen Kompromiss für eine Einigung
der Völker und Stämme suchte. Der mittelalterliche Teil wird in Magdeburg präsentiert,
den neuzeitlichen Teil können Sie zeitgleich in Berlin sehen. Eine geteilte Ausstellung
in zwei Städten unterschiedlicher Bundesländer ist ein Novum in Deutschland und
ein interessantes Experiment der Zusammenlegung kultureller Ressourcen.
Warum noch haben Sie einen guten Ort für den 109. Deutschen
Ärztetag gefunden? 2006 begeht Magdeburg das Jahr der Wissenschaft. Seit Jahren
werden hier auf vielen Gebieten neueste Forschungsprojekte entwickelt. Wissenschaftseinrichtungen
gehen mit Unternehmen fruchtbringende Kooperationen ein, Netzwerke verknüpfen
gerade im Bereich der medizinischen Forschung und Entwicklung und Anwendung die
Ressourcen unserer Stadt. All das wollen wir mit diesem Jahr noch bekannter
machen. Wir wollen dieses Jahr nutzen, um als Stadt und darüber hinaus über
Wissenschaft und Forschung ins Gespräch zu kommen.
Der 109. Deutsche Ärztetag als das Parlament der Ärzteschaft
seit 1873 ist ein ganz besonderer Höhepunkt im Magdeburger Jahr der
Wissenschaft. 99 Forschungsinstitute, von der international ausgerichteten
Erforschung des Magdeburger Rechts bis zum virtuellen Trainingszentrum, bilden
die interessante Zukunftsoption unserer Elbestadt. Insgesamt 150 Partner
unterstützen dieses Jahr der Wissenschaft.
Wir haben in Magdeburg die Erfahrung gemacht, dass
Wissenschaft nicht nur Arbeitsplätze und Image, sondern auch Begeisterung
schaffen kann. Das Leibniz-Institut für Neurobiologie hat für Magdeburg einen
internationalen Spitzenplatz in der medizinischen Forschung erworben. In diesem
Jahr wurde der bundesweite Tag der Gesundheitsforschung mit dem
Schwerpunktthema Hirnforschung in Magdeburg eröffnet. Hier arbeitet der einzige
7-Tesla-Kernspintomograf Europas. Leibniz- und Fraunhofer-Institut
entwickelten gemeinsam ein Simulationsgerät für die ärztliche Aus- und
Weiterbildung, um OP-Simulationen und eventuelle Komplikationen möglichst
realistisch darzustellen.
Wir sind die Stadt der angewandten Forschung. Das liegt nicht
nur an Otto von Guericke, der diese Tradition eindrucksvoll begründete. Das
Jahr der Wissenschaft soll zeigen: Magdeburg steht in vielerlei Hinsicht für
eine gelungene Symbiose aus Alt und Neu. Die Stadt ist 1 200 Jahre alt und
doch in ihrem Wandel jung und modern zugleich. Erleben können Sie dies
insbesondere in der Innenstadt - ein dritter Grund, Magdeburg für eine
bundesweite Tagung auszuwählen. Im Schnittpunkt der Straße der Romanik,
zwischen dem gotischen Dom und dem skurrilen Hundertwasser-Haus, zwischen
denkmalgeschützten Parkanlagen und dem heftig umkämpften Elbausbau, zwischen modernen
Einkaufszentren und den stillen romanischen Kreuzgängen von Dom und
Liebfrauenkloster können Sie in Magdeburg eine Menge erleben.
Noch ein kurzes Wort zum Tagungsort hier. Die Stadthalle war
Teil eines großen Kunstareals, das 1927 zur dritten deutschen
Theaterausstellung eingeweiht wurde. Die Bauzeit für dieses Haus betrug damals
sechs Monate.
Bekannte Architekten des Werkbundes und des Bauhauses hatten im
Magdeburg der goldenen Zwanzigerjahre ein experimentelles Feld für modernen
Wohnungsbau und den neuen Gesellschafts- und Kulturbau gefunden. Bei den
nächtlichen Bombenangriffen am 16. Januar 1945 wurde die Stadthalle mit einem
großen Teil der Theaterausstellungsgebäude zerstört. Anfang der 60er-Jahre
erfolgte in nur wenigen Monaten unter großer Anteilnahme und mit Aufbaustunden
der Magdeburger der Wiederaufbau, bis auf wenige Kosten ersparende
Veränderungen originalgetreu.
Seitdem ist in der Stadthalle aber nichts Größeres an
Baumaßnahmen mehr geschehen. Das Baudenkmal harrt sozusagen seiner Sanierung.
Sie sehen: Wir sind mit den Umbrüchen noch nicht fertig, noch
ist Substanz in schwierigen Fahrwassern. Aber die Magdeburger sind kämpferische
Herzen. Wenn sie etwas retten wollen, dann können sie eine Menge bewegen. Man
sieht das auch am Schiffshebewerk im Norden unserer Stadt.
Magdeburg überrascht - so wirbt die grüne Domstadt an der
Elbe, die auch ein Klischee gerade rücken möchte. Ich würde mich freuen, wenn
Sie in den nächsten Tagen recht häufig positiv überrascht sind, wenn Sie zu
einem Besuch zurückkommen und wenn Sie Magdeburg weiterempfehlen.
Ich wünsche dem 109. Deutschen Ärztetag einen erfolgreichen
Verlauf und allen Gästen in Magdeburg einen unvergesslichen und schönen
Aufenthalt.
Ich darf Ihnen zum Abschluss sagen, dass ich im letzten Jahr
die Gelegenheit hatte, unser Gesundheitssystem in Magdeburg als Patient kennen
zu lernen. Ich war am Aufbau der Uniklinik und der Krankenhäuser der Stadt
Magdeburg ein Stück weit beteiligt. Sie befinden sich in einem wunderbar
sanierten Zustand. Die Kliniken sind fast alle neu, bis auf ganz wenige
Ausnahmen.
Als ich im November und Dezember dort war, haben die Ärzte und
Schwestern eine außerordentlich gute Arbeit geleistet, sodass ich heute wieder
vor Ihnen stehen kann.
Herzlichen Dank und viel Erfolg hier in Magdeburg.
(Beifall)
(Musikalische Umrahmung: Kurt Weill - Aus der Suite
"Die Dreigroschenoper": "Die Moritat von Mackie Messer" und "Der Kanonen-Song")
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